15 | Klare Entscheidungen

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| Emma |

„Hier, deine Pläne für nächsten Monat", murmelte George nach Ladenschluss, als die Gäste bereits aus dem Maélys verschwunden waren. Er saß wieder einmal über diverse Papiere gebeugt und streckte mir eines davon entgegen, ohne Aufzusehen.

Die Schicht war unheimlich schnell vergangen und alles, was zuvor passiert war, fühlte sich inzwischen wieder unsagbar weit weg an.
Jedes Mal, wenn ich diesen Laden betrat, fühlte sich all das mit Harry völlig irreal an. Hier war ich wieder ganz die Alte, mit den gewohnten Zielen starren Plänen, die fokussiert verfolgt werden sollten.

Ich hatte schon zuvor gedacht, ich würde zwischen den Welten wandeln, indem ich jeden Tag in diese Gesellschaft im Maélys eintauchte. Doch Harrys Welt war noch einmal eine völlig andere. Seitdem er aufgetaucht war, wandelte ich zwischen ganzen Universen.

Dass ich vor wenigen Stunden noch bei Harry in einer noblen Suite gesessen hatte und mir ein Weltstar sein Herz ausgeschüttet hatte, würde mir hier wohl niemand glauben - außer Eric.

Der war mir heute bereits einen Schritt voraus und kam in seinem legerem Hoodie und der Jacke in seiner Hand zu mir.
„Kommst du heute noch, Emma? Wir kriegen hier keine Überstunden bezahlt!"

Schmunzelnd sah George nun doch auf. „Da hat er recht, ihr solltet längst verschwunden sein."

Stattdessen blieb ich allerdings vor George stehen und suchte nach den richtigen Worten. Ich konnte hier nicht länger arbeiten. Zwar hatte ich meine Stunden hier ohnehin schon reduziert, doch ich musste diesem Job ganz den Rücken kehren. Ich wollte diesen neuen Weg mit Harry einschlagen. Nach allem, was ich seit unserer Begegnung erlebt hatte, fühlte es sich richtig an - insbesondere nach seinen Worten von diesem Vormittag.

„Ich muss dir noch etwas beichten, George", seufzte ich. „Ich muss kündigen. Ich werde die schriftliche Kündigung morgen abgeben."

Ich wusste nicht, wer mich gerade entgeisterter anstarrte - George, weil er Personalmangel fürchtete oder Eric, weil ich ihn nicht vorgewarnt hatte.

„Nein!", kam es prompt leidend von Eric. „Du kannst mich hier doch nicht alleine lassen."

„Ich muss", seufzte ich. Die Gäste und die Arbeit würde ich gewiss nicht vermissen, sehr wohl aber das Team. „Es ist so weit, ich muss mich auf etwas anderes konzentrieren."

Bedauernd stöhnte George ebenfalls.
„Das ist wirklich schade, Emma. Aber wir wussten ja, dass du uns nicht auf ewig erhalten bleibst. Das wäre wohl auch vergeudetes Potenzial. Du kannst noch eine Menge schaffen."

Dankbar lächelte ich ihn an.
„Ein paar Wochen hast du mich ja noch", wies ich ihn auf die Kündigungsfrist hin. „Dann bring ich deine Pläne immerhin nicht ganz durcheinander."

„Ach, das lass mal meine Sorge sein", winkte er freundlich ab. „Und jetzt ab nach Hause mit euch."

Das wollte ich mir nicht zwei Mal sagen lassen. Doch kaum wandte ich mich von George ab, sah ich wieder Eric. Und in seinem Blick stand, dass er noch Einiges zu sagen hatte.

„Ich komm gleich", ließ ich ihn wissen, ehe ich zu meinem Spint eilte, um mich umzuziehen und meine Sachen zu holen.


Ungeduldig erwartete mich Eric bereits am Personalausgang. Ich konnte noch nicht einmal einschätzen, ob er mehr verärgert oder doch in erster Linie neugierig war.

„Warum?", war die erste Frage, die er mir stellte, doch vermutlich deckte sie auch alles ab, was ihn umtrieb. „Worauf musst du dich denn plötzlich konzentrieren? Hast du deine Kohle schon beisammen und kannst endlich studieren?"

Big Tip || h.s. ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt