XXI. Abschließen (POV: Tooru Oikawa)

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„Hast du denn gar keine Idee, was du ihr schenken willst?" Iwa-Chan sah mich genervt an.

Nachdem ich ihn in das fünfte Geschäft gezerrt hatte, fand seine Geduld langsam ein Ende. Schulterzuckend besah ich mir die Namen der Läden um uns herum.

„Ich hab' echt keine Ahnung." Für diese Aussage kassierte ich einen Schlag auf den Hinterkopf. „Aua! Iwa-Chan!"

„Das ist deine Mutter! Du solltest eine Ahnung haben", knurrte er und raufte sich die Haare.

Von unserer Linken schallte laute Musik. Im Vorübergehen warf ich einen Blick in die gedimmte Halle. Lichtflecken pulsierten auf den merkwürdigen Gestellen, bunte Reflexionen einer Discokugel tanzten an den Wänden.

Eine bekannte hyänenartige Lache ließ mich zusammenzucken. Unvermittelt blieb ich stehen und erntete dafür einen weiteren genervten Blick meines besten Freundes.

„Was?"

„Der Kapitän der Nekoma ist hier."

Iwaizumi hob seine Augenbrauen. „Ja, und? Willst du Hallo sagen?"

Ich spielte tatsächlich mit dem Gedanken, aber als ich Sie in der kleinen Menge zwischen den Jungs ausmachen konnte, hielt ich inne. Misaki. Scharf zog ich die Luft zwischen den Zähnen ein, bei dem Schmerz, welcher meine Brust zu durchbohren schien.

Wie oft ich an sie hatte denken müssen – und jetzt – wo ich sie beinahe verdrängt hatte, stand sie hier.

Wenn ich an Schicksal glauben würde, hätte ich gesagt, es wäre mir Übel gesonnen. Erst der Besuch von Bakayama vor ein paar Tagen und jetzt die Konfrontation mit ihr.

Wie in einer Parallelwelt gefangen, beobachtete ich, wie sie von den bunten Platten stieg. Ein Mittelblocker der Karasuno an ihrer Seite. Sie lachte, fuhr sich mit einer Hand durch die roten Strähnen ihres Haares.

Die Erinnerung an den Duft ihres Parfums, welcher bei dieser kleinen, unschuldigen Bewegung verströmt wurde, drängte sich mir auf.

In der Szene war ich ein stiller Zeuge, der von außerhalb zusah. Ich konnte mir ein Bild davon machen, wie glücklich sie zu sein schien. Es tat weh, sie so zu sehen – ohne mich.

Erinnerungsfetzen an Tage in ihrem Zimmer durchfluteten mich. Sie mit mir im Bett, meine Hand auf ihrer nackten Haut, ihre Lippen auf meinen.

Ich war derjenige gewesen, der sie zum Lachen gebracht hatte, auch wenn ihr nicht danach war.

Ich hatte bei ihr gelegen, nachdem ihre Oma gestorben war. Ich hatte sie getröstet.

Zusammen hatten wir versucht, den Schmerz mit Tränen und Flüchen zu vertreiben, als wir der Tatsache ihres Umzugs gegenübergestellt wurden.

Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Mit Gewalt versuchte ich den Kloß herunterzuschlucken, als ich mit ansehen musste, wie sie auf meinen größten Rivalen zuschritt und sich an ihn schmiegte.

Aber... Sie lächelte. Verliebt. Wie damals.

Mit jedem Herzschlag spürte ich das Gewicht auf meinen Schultern leichter werden. Irgendwie. Natürlich hätte ich der Mann sein wollen, der sie glücklich macht – und ich hätte es geschafft – da war ich mir sicher, aber es hatte nicht sein sollen. Sie hatte mich ziehen lassen, mir zuliebe, und umgekehrt hatte ich es ebenso machen müssen.

Nun war Kageyama an meiner Stelle und machte sie glücklich. Bittersüßer Schmerz. Aber... Es ging ihr gut. Tief in meinem Inneren spürte ich den letzten Zweifel weichen, schaffte Platz für die ersehnte Erleichterung. Mir wurde Gewissheit zuteil, nach der ich mich gesehnt hatte. Die Frage, welche ich mir immer und immer wieder gestellt hatte – War sie glücklich? – wurde endlich mit einem klaren „Ja" beantwortet.

„Hör auf zu starren!" Iwaizumis Schelle traf mich unvermittelt.

Ich war zu verblüfft, um mich zu beschweren, aber bevor ich etwas sagen konnte, legte er beschwichtigend seine Hand auf meine Schulter, irgendwie tröstlich.

Über die Ironie lächelnd wand ich meiner Vergangenheitden Rücken zu.

Nicht genug (Kageyama x OC) | Haikyuu Fanfiction | AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt