One more drink!

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Es war später Abend als Kaeya die Taverne Engelsgabe in Mondstadt, seiner Heimat, betrat. Der Besitzer dieses recht noblen Lokals, Diluc, war zu seiner Überraschung heute Abend anwesend und bewirtete die Gäste. Offenbar hatte er Charles wohl heute frei gegeben. Der Arme Kerl rackerte sich aber auch jeden Tag ununterbrochen ab, da hatte er wohl ein paar freie Tage verdient. Vor allem, weil er die täglichen Trunkenbolde, einige Ritter des Ordo Favonius - dem er als einer der zehn Anführer, Captain Kaeya, zugehörig war - und sowohl auch einige Stadtbewohner, Abenteurer und Reisende ertragen musste. Allerdings war sein Job mit dem Einschänken von Wein, Met, anderen Spirituosen und Säften nicht getan. Nein, auch musste er in Keilereien einschreiten, Kunden, die zu viel getrunken hatten, in die Schranken weisen und gegebenenfalls - bei besonders schwierigen Fällen - vor die Tür werfen. Das war mit Nichten keine einfache Aufgabe. Kaeya war zwar ein Ritter - Captain - des Ordo Favonius und hatte somit aller Hand mit anderen schwierigen Belängen zu tun, konnte und wollte sich allerdings nicht vorstellen auch nur einen Tag als Wirt zu arbeiten. Größtenteils allerdings auch nur, weil er seinen Job liebte.
Wein, allerdings, liebte er auch. Und wie Kaeya fand, gab es nur in Mondstadt den besten Tropfen des edelsten Weines - und das hier in dieser Schenke. Und aus genau diesem Grund war Kaeya hier. Er wollte sich nach getaner Arbeit mit einem edlen Wein den Abend versüßen.
Heitere Musik, gespielt von einem Barden auf einer Leier, durchdrang das Lokal. Er stand direkt neben der Tür, durch die Kaeya so eben gekommen war.
Die Schenke war diesen Abend recht leer. Im Erdgeschoss sah Kaeya vereinzelt im hinteren Teil, verteilt in den hintersten Ecken, einsame Trinker sitzen. Nuscheln konnte er teilweise vernehmen, woraufhin Kaeya schloss, dass einer der Gäste wohl mit sich selber sprach. Oft kamen auch Menschen hier her, die Familienmitglieder oder Freunde verloren hatten. Sie versuchten ihre Einsamkeit mit dem süßlichen Gift, dem Alkohol, zu vergessen, kippten ein Krug Met nach dem anderen in sich hinein und schwelgten so eher mehr in Selbstmitleid, als sie eigentlich vergessen wollten.
Doch Kaeya war nicht gekommen, um über die Trauer und Einsamkeit Fremder zu philosophieren. Er war hier, um den köstlichen Wein des Weingutes Morgenröte zu sich zu nehmen. Während er auf die Theke zu ging, hörte er Stühlerücken aus dem Obergeschoss. Es waren also doch ein paar mehr Gäste anwesend, als auf den ersten Blick vermuten ließ. Kaeya blickte die Treppe, die aus kostbarsten Holz gebaut und sehr sorgfältig bearbeitet worden war, empor, konnte aber nicht weiter sehen, als die Treppe es zu ließ.
Auch die Stühle, Tische und die Theke waren aus dem selben kostbaren Holz gefertigt.
Die Inneneinrichtung war auch nicht spärlich gewählt. An jedem Holzbalken, der die Decke stützte, eine Gaslampe. An den Wänden hingen Zertifikate und kunstvolle Gemälde. Leere, alte Flaschen wurden zur Schau auf Bretten gestellt. Alles sah sehr gemütlich aus.
Kaeya zog einen der Barhöcker zurück und setzte sich an die Theke. Mit seinen Händen, dessen Finger er ineinander verschränkte, stützte er seinen Kopf ab und blickte - mit der Absicht Diluc zu reizen - mit belustigten Blick den Wirt in seine flammenden, roten Augen, die durch den sehr stechenden Blick abweisend wirkten. Vor allem Kaeya gegenüber.
»Du? Hier? Als Wirt?«, stocherte Kaeya und legte seinen Kopf leicht schief. Seine Stimme war ruhig, nicht bebend und so manch einer würde sie als sehr wohlig empfinden.
»Ist das so verwunderlich?«, fragte der Wirt mit hochgezogener Braue.
»Eigentlich nicht«, entgegnete Kaeya. »Nur sehr selten.«
Diluc wandte seinen Blick genervt ab. »Was willst du?« In seiner Stimme schwang Kühle und eine gewisse Strenge mit.
»Einen Death in the Afternoon«
Diluc drehte sich um. Hinter ihm stand ein hoher Schrank mit vielen Gläsern und verschiedenen Getränken. Er nahm sich eines der Gläser, schenkte einen speziellen Wein aus dem Weingut Mörgenröte ein und vermischte ihn mit drei Teilen Löwenzahnwein. Der bittere Geschmack des Löwenzahns würde durch die Mischung des speziellen Weines verschwinden. Kaeya liebte es.
Ohne etwas zu sagen schob Diluc den Death in the Afternoon zu Kaeya über den Tresen.
»Danke« Kaeya lächelte verschmitzt und zwinkerte ihm zu.
Diluc besaß langes rotes Haar, dass wie Feuer wild und leicht gewellt wuchs. Das Haar, es war dicht und dick, hatte er in einem Zopf zusammen gesteckt. Ein langer, schwarzer und eleganter Mantel säumte Dilucs Körper. Darunter trug er ein weißes Hemd. Sein Gesicht war zart und makellos. In mitten dessen saßen seine kalten, ernsten und feuerroten Augen. Diluc war ein hoch gewachsener junger Mann und um einige Zentimeter größer als Kaeya.
Aber Kaeya musste zu geben, er war Diluc nicht abgeneigt. Im Gegenteil. Er fand Diluc recht anziehend. Allerdings hatte diese Zuneigung auch etwas damit zu tun, dass er mit ihm aufgewachsen war. Früher war Diluc nie so ernst und vor allem kaltschultrig zu Kaeya gewesen. Aber das war lange her. Sehr lange. Heute zu Tage gingen sie ihre eigenen Wege. Kaeya als Captain des Ordo Favonius und Diluc als Besitzer des Weingut Morgenröte und der Taverne Engelsgabe. Und wäre die Sache damals zwischen dem Orden und Diluc nicht gewesen, an dem Tag an dem sein Vater starb, dann hätten sich ihre Wege wahrscheinlich auch niemals getrennt. Aber so war nun mal eben der Lauf der Dinge.
Kaeya hob das Glas und trank einige Schlücke seines heiß geliebten Death in the Afternoon.

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