Lawinengefahr (Teil 3)

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Letzter Teil :-)

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Es war kalt. Eiskalt.

Ich hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, aber nach dem zu urteilen, wie der Lichtschein, der durch die schmale Lücke im Schnee zu uns hinunterdrang, immer schwächer wurde, neigte sich der Tag wohl allmählich dem Ende zu.

Und ich fror. Ich fror so erbärmlich.

Die Kälte hatte sich mittlerweile auch durch die letzte Schicht meiner Skikleidung gefressen, vertrieb den letzten Rest der verbliebenen Körperwärme von meiner Haut und machte jeden ohnehin schon stechenden Atemzug zusätzlich zu einer Tortur. Lediglich meine eng um meinen Körper geschlungenen Arme vermochten das Zittern zu verbergen, das mich unerbittlich heimsuchte. Mein Atem bildete unablässig weiße Dampfwölkchen vor meinem Mund, die nach und nach himmelwärts durch die Felsspalte entschwanden, sobald sie in die Freiheit entlassen worden waren.

Sehnsüchtig blickte ich ihnen hinterher. Wie gern hätte ich nun die Fähigkeit zu fliegen besessen. Wenn ich doch wenigstens klettern könnte. Aber nein, ich war zu absoluter Untätigkeit verdammt.

Zayn und ich hatten die Zeit in unangenehmem Schweigen verbracht. Immer wieder hatte ich ihm verstohlene Blicke zugeworfen, um zu definieren, ob ihm sein Knöchel zu schaffen machte, und angesichts dessen, wie er sich dabei immer schnell wegdrehte, wusste ich, dass er bei mir dasselbe tat. Keiner von uns hatte seine Position verändert und verharrten noch immer sitzend an den gegenüberliegenden Wänden der Felsspalte. Die Atmosphäre zwischen uns war so dick, dass man sie mit dem Messer hätte schneiden können.

Zayn hatte sein gesundes Bein wie ich schützend an seine Brust herangezogen, verzog jedoch immer wieder das Gesicht, wenn er dasselbe mit dem anderen Fuß zu tun versuchte. Seine Wangen waren blass, seine Lippen bereits leicht bläulich verfärbt und sein gesamtes Erscheinungsbild war zum Steinerweichen, doch ich bezweifelte, dass ich selbst recht viel besser aussah.

Wieso gehörten wir denn nicht zu den Leuten, die zu jedem noch so kleinen Skiausflug einen Rucksack mit Snacks, Tee und einem Erste-Hilfe-Koffer mit sich herumschleppten? Natürlich hätte eine dünne Rettungsdecke jetzt auch keinen großen Unterschied mehr gemacht, aber für heißen Tee hätte ich im Moment wohl meinen kleinen Finger geopfert.

Aus den Augenwinkeln nahm ich wahr, wie Zayn erneut seine Sitzposition veränderte und schmerzerfüllt ächzte, als er seinen lädierten Fuß so weit wie möglich anwinkelte. Ob es wohl eine gute oder eine schlechte Sache war, dass er noch immer seinen steifen, klobigen Skistiefel trug? Einerseits stellte der zwar ein schweres zusätzliches Gewicht dar, andererseits wirkte er aber vielleicht sogar schienend.

Gott, ich war wirklich ahnungslos.

Einige Augenblicke lang beobachtete ich ihn dabei, wie er verbissen an dem entsprechenden Fuß herumzerrte, bis schließlich mein Helferinstinkt siegte. Ich musste mich mehrmals räuspern, bevor ich meinen wunden Stimmbändern traute. „Brauchst du Hilfe?" Meine Stimme klang so rau und angeschlagen, dass es mir fast selbst in den Ohren wehtat.

Zayn hielt inne, um mir einen argwöhnischen Blick zuzuwerfen. Dann schien er jedoch zu beschließen, dass ich ihn wohl nicht veräppelte, denn er seufzte. „Ich will den Knöchel ansehen. Aber ... alleine komme ich wohl nicht aus dem verdammten Stiefel raus."

Ungläubig starrte ich ihn an, machte mich jedoch langsam daran, meine steifen Gliedmaßen zu aktivieren. „Bist du sicher? Dir werden danach vermutlich die Zehen abfrieren."

Freudloses Lachen erreichte mich, das fast sofort in einen trockenen, pfeifenden Hustenanfall überging. „Meine Zehen sind sowieso schon gefühllos. Außerdem drückt die mittlere Schnalle genau auf die Stelle, die am meisten wehtut. Ich halte es nicht mehr aus." Der nächste Blick in meine Richtung war nahezu flehentlich. „Bitte?"

One Shots (Larry, Ziall, Niam, Narry)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt