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Wir fuhren zu der selben Stelle, die ich ihm gezeigt hatte, als wir eine Aussicht auf Madrid genossen hatten. Nur diesmal glaubte ich, dass er mich vermutlich irgendwo erschießen und dann begraben wollte, denn das war ein ziemlich unbelebter Ort und es war gerade stockdunkel.

Der perfekte Ort, um seinen dreckigen Geschäften nachzugehen. Das Herz schlug mir bis zum Hals und ich hoffte inständig, dass ich einfach nur paranoid geworden bin. 

Riccardo schien aufgebracht zu sein. Er bremste abrupt vor dem Hügel, stieg aus, lief um den Wagen und riss meine Tür auf.

"Steig aus."

"Riccardo, was soll -"

"Ich sagte steig aus!", giftete er mich an und als ich immer noch nicht reagierte, packte er nach meinem Ärmel und zog mich eigenständig aus dem Wagen.

"Okay, ist ja gut!", antwortete ich eingeschüchtert.

Ich habe verloren.

Sowas von verloren.

Im Dunkeln erkannte ich nur schwer, wie er mir mit einer Handgeste zu verstehen gab, dass ich vorlaufen sollte. Und so bestiegen wir den riesigen Felsen, wie wir es einst taten. Nur diesmal mit ganz anderen Gedanken. Ich hatte Angst davor, was mich erwartete. Ich hatte eine scheiß Angst. Auch, dass er meine Waffe entdeckte, deswegen war ich mehr als dankbar, dass es dunkel war.

Das Gras raschelte unter unseren Füßen und eigentlich war es ein entspannter Marsch, wenn meine Gedanken meinen Kopf nur nicht so löchern würden.

Oben angekommen war ich aus der Puste, weniger wegen der Anstrengung, mehr wegen der Panik, die ich besaß.

Auch diesmal standen wir neben dem Restaurant, draußen waren keine Tische gedeckt, die meisten der Stühle wurden umgedreht auf den Tischen platziert. Riccardo lief dorthin, zog einen der Stühle aus und setzte sich auf einen Stuhl, der eins zwei Meter gegenüber dem Stuhl stand.

Er lehnte sich zurück, spreizte die Beine und legte einen Arm um die Lehne. Dann nickte er dem Stuhl zu, den er aufgestellt hatte, während er mich ansah: "Setz dich."

Mit kalten Fingern lief ich dahin und ließ mich nur langsam auf den Stuhl sinken. Dabei stoß mein Rücken gegen den Stuhl und ich spürte die Pistole in meinem Hosenbund.

Und als ich hoffte, dass er anfing zu sprechen, dachte vermutlich er, dass ich mit der Wahrheit rausrücken würde.

Nur welche Wahrheit?

Das Resultat war, dass wir uns einige Sekunden anstarrten und es war mir mehr als unangenehm. Er konnte sehen, welche Angst ich vor ihm hatte. Ich hasste ihn und ich hasste mich für diesen Moment.

Dann fiel es mir ein.

Julian.

Julian, dieser verdammte Mistkerl.

Es war kein Wunder, dass Riccardo wissen wollte, wieso ich so wunderbar mit der Waffe hantieren konnte, als er den Anschlag auf das Bankunternehmen ausübte. Jetzt war die Katze aus dem Sack und ich hatte mich zu rechtfertigen. 

Ich bringe diesen verfluchten Julian um.

Ob er mir auch glauben würde, wenn ich ihm erzählte, dass es bei der Benutzung von Waffen in meiner Vergangenheit nur um das Überleben auf der Straße ging?

Ich leckte mir bestimmend über die Lippen, um los zu legen. Unauffällig strich ich mir meine Handinnenflächen an meinen Schenkeln trocken. 

"Also-"

"Was denkst du, wie ich für dich empfinde?"

"W-was?", fragte ich verunsichert und blinzelte ihn an.

R O M E R O {Riccardo Mancini} [ABGESCHLOSSEN] Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt