XXIII. Zuwenden

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Ich war alleine. Genervt. In meinem Zimmer. Kiyoko würde die letzten beiden Nächte bei Akaashi schlafen, weshalb ich die gegenüberliegende Wand mit meinen Blicken zum Einsturz starrte.

Tobio war kurz angebunden gewesen. Nach dem Abendessen hatten er und Shoyo sich in die Halle zurückgezogen. Leider musste auch ich erkennen, dass die Ausrede – sie wollten den neuen Aufsteiger üben – ziemlich stichfest war. Dass sie mich jedoch nicht mal gefragt hatten, ob ich ihnen die Bälle zuspielen konnte, hatte mich gekränkt, zu sehr, als dass ich mich freiwillig angeboten hätte.

Irgendwie konnte ich nachvollziehen, dass Tobio verlegen und unsicher war, aber immerhin war ich jetzt seine Freundin. Er musste früher oder später mit mir reden. Dass es eher später als früher war, ärgerte mich.

Ein kontrollierender Blick auf mein Handydisplay.

Mittlerweile war es halb zwölf. Keine Nachricht, kein Besuch. War er mir böse? Hatte ich ihn zu sehr gereizt?

Grimmig biss ich mir auf die Unterlippe, schwang mich aus dem Bett und tauschte meinen Pyjama gegen den Trainingsanzug.

Vor den Glastüren trat ich ins Licht der Straßenlaternen. Beobachtete für einen Moment die Motten, wie sie von der Helligkeit angezogen wurden und ihre Kreise zogen. Plötzlich störte ein Räuspern die Stille.

Erschrocken fuhr ich herum, suchte nach der Quelle und blickte in goldbraune Augen.

„Spinnst du? Was machst du hier? Willst du, dass ich an einem Herzinfarkt sterbe?" Dramatisch griff ich an meine Brust, während ich Kenma musterte.

„Was machst du denn hier? Du solltest um diese Uhrzeit nicht allein herumschleichen."

Welch Ironie. Ein finsteres Lachen kam über meine Lippen. „Ich schleiche nicht, ich wollte noch eine Runde joggen."

„Um diese Uhrzeit?"

„Ich kann nicht schlafen."

Ich hatte das Gefühl, der Zuspieler analysierte den Wahrheitsgehalt meiner Aussage. Er selbst war in dem roten Jersey seines Teams gekleidet. Schulterzuckend akzeptierte er meine Antwort.

„Dann begleite ich dich."

Abwehrend hob ich beide Hände. „Mach dir keine Umstände. Ich dreh nur eine kurze Runde."

„Umso besser, dann komme ich früher ins Bett."

Entschuldige bitte? Es war ja nicht so, als ob ich ihn darum gebeten hatte.

„Wie gesagt, du brauchst mich nicht zu begleiten. Ich hab' keine Angst, nachts zu laufen und es wird auch nicht lange dauern."

„Red' keinen Unsinn. Natürlich komme ich mit." Ungeduldig tippelte er von einem Fuß auf den anderen, bereit mir zu folgen. Seufzend schüttelte ich den Kopf. Es hatte keinen Sinn, zu diskutieren.

Es fiel mir schwer, meinen Rhythmus zu finden. Diese Begleitung irritierte mich, ließ mich schneller laufen, als ich eigentlich wollte, als ob ich versuchte, vor ihm wegzulaufen. Der Nekoma-Spieler passte sich jedoch vollkommen an. Sein Atem ging gleichmäßig.

Vor einigen Treppen hielt ich inne, die Hände in die Taille gestützt. Wir waren eine halbe Stunde auf dem Gelände gelaufen, mein Kopf und meine Gedanken wollten aber einfach nicht zur Ruhe kommen. Der gewünschte Effekt blieb aus.

„Seitenstechen?"

Nickend hob ich beide Arme über den Kopf. Um zu antworten, fehlte mir die Luft. Ich bedachte den Zuspieler mit einem neidvollen Seitenblick.

„Lass uns zurückgehen."

Zustimmend folgte mir Kenma die Stufen hoch. „Wirst du jetzt schlafen können?"

Nicht genug (Kageyama x OC) | Haikyuu Fanfiction | AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt