Chapter 1

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Ein Piepen drang an mein Ohr. Ich stöhnte. Kann sie nicht einmal selber ihren Wecker ausschalten? Stille. Sag bloß. Irritiert drehte ich mich um. War wohl keine so gute Idee. Es rummste laut als ich auf meinem Hintern landete. Was zum ...? Oh... ist das etwa mein Kuscheltier? Was macht das hier aufm Boden? Mit meinem Stofflöwen in meinen Armen wollte ich gerade wieder die Augen zumachen, als ich etwas Entscheidendes bemerkte. Was mache ich aufm Boden?

Nun war ich wach. Jetzt bringt's ja eh nix mehr. Behutsam legte ich meinen Löwen auf mein Kissen und raffte dann meine 10 000 Decken wieder ins Bett zurück. Ich schnaufte entschlossen und nickte. Leb wohl, Bett. "Fertig?" Ich erschreckte mich so heftig, dass ich mir meinen Zeh am Bett anstieß. Auf einem Bein hüpfend, wirbelte ich herum. Und knallte mit meinem Knie voll gegen mein Nachtkästchen. Die Lippen zusammenpressend, versuchte ich, nicht zu schreien. Verdammte Scheiße! "Ouh, geht's?"

Erst jetzt realisierte ich, dass da ja noch jemand war. Er sah ganz normal aus. Wie jemand aus der Nachbarschaft. Er trug einen hellgrauen Hoodie und eine schwarze Jeans. Seine dunklen Haare hingen ihm tief ins Gesicht, so dass er sie immer wieder zur Seite schieben musste, um mich richtig ansehen zu können. Eigentlich richtig attraktiv. Seine Haut war hell und soweit ich das von hier erkennen konnte, hatte er braune Augen. Er lächelte zerknirscht. "Tut mir leid." Seine Hände steckten in seinen Hosentaschen, worin ich auch die Umrisse eines Handys ausmachen konnte. Daher also das Piepen. Er zuckte die Schultern und legte seinen Kopf schief.

Ihn nicht aus den Augen lassend, tastete ich auf meinem Nachtkästchen panisch nach einer brauchbaren Waffe. Da ist ein Fremder in meinem Zimmer. Ich fühlte das kalte Metall eines Schlüssels unter meinen Fingern. Blitzschnell warf ich ihn mit der Spitze in die Richtung des Einbrechers. Zumindest dachte ich das. Er segelte vorbei in meinen offenstehenden Kleiderschrank. Shit. Der Junge grinste belustigt. "Wie ist das Bergsteigen so? Macht es Spaß?"

Da stand er. Der fremde junge Mann. Mitten in meinem Zimmer und fragte allen Ernstes, ob ich es mag, auf einen Berg zu steigen. Moment... In meinen Erinnerungen regte sich etwas. Thea. Der Sturz. Schmerzen. Entsetzliche. Blut, so viel Blut. Tränen. Schwarz. Meine Augen weiteten sich geschockt. Der Junge brachte ein schiefes Lächeln zustande. Sein Blick traf meinen. Es lag so viel Mitgefühl in seinen Augen. Bin ich ...? Bin ich etwa ...? Braune Augen schauten tief in meine Seele. Nein. Ich schüttelte den Kopf. Das kann nicht sein. Sowas ist unmöglich. Mein Blick scannte meinen Körper auf Verletzungen ab. Nichts. Nicht mal ein Kratzer. Ich stürmte zur Tür und riss sie auf. Leere. Endlos weites Nichts. Nur Schwarz. Mehr war da nicht. Kein Mensch, kein Haus, kein Tier. Niemand. Niemand, außer dem Mann in meinem Raum. Wo sind sie hin? 

"Muuum? Daaaad? Theeeeaaaa?" Sie waren doch gerade eben noch da. Verzweifelt rief ich weiter ihre Namen und lehnte mich noch weiter aus dem Türrahmen. Aber Fehlanzeige. Keiner kam. Ich merkte wie Tränen sich ihren Weg nach draußen auf meine Wangen anbahnten. Das Kribbeln in der Nase verriet es mir. Und die Tropfen die gleich darauf auf mein T-Shirt fielen. Wo bin ich? Mein Blick fiel auf den Dunkelhaarigen und ich verbesserte mich. Wo sind wir? Er hob den Kopf, der davor hochkonzentriert auf den Handybildschirm gestarrt hatte. Kann er etwa meine Gedanken lesen? Erstaunt zog er die Augenbrauen hoch. "Nein, kann ich nicht, das kann keiner." Meine Augen verformten sich zu der Größe von Tennisbällen. Irritiert und mit schiefgelegtem Kopf schaute er mich an.

Bis es ihm wie Schuppen von den Augen fiel. Er klatschte sich gegen die Stirn. "Mist! Wie blöd bin ich eigentlich?" Ich gab immer noch keinen Ton von mir. Okay, ganz ruhig Seraphina. Alles wird gut. Du träumst gerade nur. Der Typ kann keine Gedanken lesen. Das ist unmöglich, hat er selber gesagt. Mein Hirn machte eine kurze Pause. Nachdem du gedacht hast, dass er es könnte. Ich holte tief Luft. Entspann dich. Und stieß sie wieder aus. Der Braunhaarige sah mir zu. Und nochmal. Einatmen. Ausatmen. Fassen wir mal zusammen: Ich, das 19-jährige Mädchen aus der Nachbarschaft, stehe hier, mit einem Einbrecher, in meinem Zimmer, das im Nichts steht. Meine Familie ist weg und der Junge mir gegenüber kann angeblich Gedanken lesen. Wow. Das klingt wie die Inhaltsangabe eines total verrückten Buches, aber nicht wie die Inhaltsangabe meines Lebens. Das sollte nämlich nur Geburt, Tod und das, was dazwischen ist, beinhalten.

Dead DaysWo Geschichten leben. Entdecke jetzt