Chapter 8

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Eine Stunde ist es nun her, das ich das Gelände vom Waisenhaus verlassen hatte. Kleine Schneeflocken haben sich in meinen Haaren verfangen und ließen meine Haare in der Abenddämmerung glitzern. Dank der Kälte konnte ich mein Atem in Form von kleinen weißen Wölkchen sehen. Eigentlich sollte mir kalt sein, aber komischer weise war mir richtig schön warm und ich hatte einfach das Gefühl von Freiheit in mir. Vielleicht war es das, was mich wärmte, so doof es sich auch anhört, aber nicht mehr in dem Waisenhaus eingesperrt sein zu müssen ist einfach ein unbeschreibliches Gefühl. Da ich außer Sofia, meinen kleinen Engel, niemanden im Waisenhaus hatte fällt es mir auch nicht wirklich schwer einfach zu gehen.

Der Schnee lag schon etwas höher und es war schon ein bisschen anstrengender voran zu kommen. Mein Weg führte mich in Richtung Stadt. Natürlich lag unser Waisenhaus eher am Rande der Stadt  und somit fuhr hier auch kaum jemand lang, der mich hätte mitnehmen können. Okay seien wir ehrlich, ich wäre nie zu einem Fremden in das Auto gestiegen, aber es wäre trotzdem noch besser als die restlichen 3,6km zu laufen.

Nach weiteren 30 Minuten kam ich endlich in der Stadt an. Je näher ich der Stadt kam umso mehr Autos fuhren mir entgegen und ein Lächeln schlich sich in mein Gesicht. Selten war ich mal in der Stadt und wenn dann nur um kurz ein paar Stücke Kleidung zu kaufen, allerdings wurde man dann aber von einem Betreuer überwacht. Die dachten wohl, man würde einfach abhauen oder so, aber so wie man sich da fühlt ist es natürlich auch kein Wunder.

Die Lichter der Stadt brannten sich in meine Netzhaut ein. Überall hörte man das Hupen der Autos, die Lichter der Reklamen und Schaufenster waren ein einziges Durcheinander und hier und da hörte man einen Hund bellen oder man sah eine Katze vorbei huschen. Alles in allem erinnerte es einen an diese typischen Filme, wo die Hauptperson abends durch die Straßen läuft und hinterher von irgendwem überfallen wird. Ich hoff bloß inständig, dass mich niemand überfällt, weil ich sonst nicht mehr weit kommen werde. Vielleicht noch bis zum Leichenschauhaus, je nachdem ob mich der Täter mit einem Messer erwischt.

Schnell schüttelte dich die Gedanken ab. Einfach auf einer gut befahrenen Straße bleiben, dann wird mir schon nichts schlimmes passieren. Ich atmete noch einmal tief durch und setzte mich dann in Bewegung. Die Menschen liefen an mir vorbei. Einige liefen schnellen Schrittes und mit ihren Handys in der Hand oder am Ohr und andere wiederum schlichen über den Gehweg und blieben an einigen Schaufenstern stehen um sich die Ware dahinter an zu sehen. 

Rechts von mir befand sich die Straße und ohne Unterbrechung rasten die Auto eben diese entlang. Es war ein komisches Gefühl hier zu sein. Unter so vielen Menschen und auch noch ohne jemanden, der auf einen aufpasst. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich keine Angst hätte. Ich habe eine Heidenangst, aber die Neugier in mir ist größer.

Einige Zeit lang lief ich vollkommen orientierungslos durch die Gegend. Das Gefühl der Hilflosigkeit war mein ständiger Begleiter. Hilflos aus dem Grund, weil ich nicht wusste, was ich jetzt tun soll. Irgendwie ging mein Plan nur so weit, dass ich aus dem Waisenheim und in die Stadt komme. Wie soll es denn jetzt nur weiter gehen? Klar, ich weiß, dass ich irgendwie nach Sacarmonto kommen muss, aber wie stell ich das am besten an? Mit einem Taxi? Nein, zu weit. Mit dem Bus? Nein, dafür muss ich wahrscheinlich tausend mal umsteigen. Mit dem Flugzeug? Auch eher unwahrscheinlich, denn der nächste Flughafen liegt meilenweit entfernt. Die einzige Möglichkeit, die ich noch habe währe der Zug. 

Ja, Zug klingt gut. Vielleicht gibt es ja eine Direktverbindung nach Sacarmonto und ich muss nicht so oft umsteigen. Optimistisch gehe ich weiter und suche einen Stadtplan, um zu sehen wo ich mich gerade befinde und wo der nächste Bahnhof ist. Es dauert nicht all zu lange und ich finde ein Kasten mit einer Stadtkarte drin, die auch anzeigt, wo genau ich mich gerade befinde. Kurz verschaffe ich mir einen Überblick und suche die Beschriftung des Bahnhofes.

Genervt stöhne ich auf. Der Bahnhof war noch ein paar Häuserblöcke weiter was bedeutet, dass ich noch einen ganz schön langen Weg vor mir hatte. Schnell versuchte ich mir den Weg ein zu prägen, ehe ich mich von der Stadtkarte ab wand und meine Füße sich in Bewegung setzten. 

In einem gemäßigten Tempo lief ich die Straßen entlang. Ab und zu musste ich abbiegen und durch Straßen laufen, wo nicht so viele Menschen waren. Letzten Endes schaffte ich es aber am Bahnhof an zu kommen. Ich hatte mich nur ein einziges Mal verlaufen und da stand ich dann in einer dunklen Gasse, wo ich nicht wirklich das Bedürfnis hatte weiter zu laufen. Aus diesem Grund hab ich mich auf den selben Weg zurück gemacht bis zu der Straße wo ich her kam und hab fest gestellt, das ich eine Straße zu früh ab gebogen war. Zum Glück jedoch stand ich nun vor dem Eingang des Bahnhofs. 

Ein letztes Mal atmete ich tief durch und schritt dann durch die Eingangstür. Warme Luft schlug mir entgegen und strich über mein eiskaltes Gesicht. Ich weiß nicht, was ich erwartet hatte, aber ich hatte mir den Bahnhof nicht so groß vorgestellt. Die Decke war recht hoch und es hingen große altmodische Lampen von ihr hinab, welche für genügend Licht sorgten. Die Wände waren in hellen Pastelltönen gestrichen und der Boden bestand aus grauen Fliesen. Rechts vom Eingang gab es einen Informationsschalter und links vom Eingang befanden sich einige Geschäfte, wo man sich zum Beispiel Bücher oder Essen kaufen konnte. Direkt wenn man weiter gerade aus ging, nachdem man die Eingangstür passiert hatte, lief man zu den Gleisen. Insgesamt gab es 10 Gleise.

Da ich nicht wusste wo ich hin musste ging ich zögernd auf den Schalter zu. Die Frau dahinter hatte ihre blonden Haare in einen strengen Zopf gebunden und trug eine marineblaue Bluse. Ihre Augen musterten mich kurz, ehe sie mir ein freundliches Lächeln zu warf. Zaghaft lächelte ich zurück und blieb dann vor dem Tresen stehen. ,,Guten Abend. Wie kann ich Ihnen helfen?" Ihre Stimme hatte einen hellen und sanften Klang, der dafür sorgte, dass sie mir direkt sympatisch war. ,,Ehm, guten Abend. Ich würde gerne nach Sacarmonto reisen. Können Sie mir vielleicht sagen, welche Verbindung ich nehmen muss?" Nervös strich ich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich hatte die Hoffnung, dass ich eine Direktverbindung hatte und nicht irgendwie einen komplizierten Weg, aber meine Hoffnung wurde zu nichte gemacht, nachdem sie einen Blick auf ihren Computer geworfen hatte. 

Um nach Sacarmonto zu gelangen werde ich drei Mal umsteigen müssen und dann noch etwas mit dem Bus fahren, da Sacarmonto keinen Bahnhof besaß. Damit ich genau wusste wo ich wann umsteigen sollte bat ich sie mir doch bitte die Informationen auf zu schreiben, was sie dann Gott sei Dank auch tat und zusammen mit meiner Fahrkarte ausdruckte. Mit einen kleinen Lächeln auf den Lippen bedankte ich mich bei der Frau, nahm meinen Informationszettel und meine Fahrkarte, welches mir beides die Frau überreicht hatte, an mich und begab mich zu meinen Gleis. 

Zeit konnte ich mir nicht lassen, da der Zug schon bereit war zum abfahren und so suchte ich mir schnell einen Sitzplatz, ehe sich auch schon die Türen schlossen und der Zug sich in Bewegung setzte. Müde lehnte ich mein Kopf gegen die Fensterscheibe und sah dabei zu, wie die Winterlandschaft an mir vorbei raste. Irgendwann schlossen sich meine Augen und ich dämmerte weg. 

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