Kapitel 14 - Vivian

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Vivians PoV:
Ich ging auf einen aus Stein gebauten Schuppen zu und öffnete die aus Eisen gemachte Tür davor, indem ich zwei schwere Riegel zurückschob. Ich stieß die Tür auf und betrat den Schuppen. In einer Ecke liegt ein Mädchen auf ein paar Säcken und schläft offensichtlich.
Ich schnaubte belustigt und murmelte mit tiefer Stimme: „Da wurde sie entführt und macht es sich einfach hier bequem."
Doch es waren nicht meine Worte, die aus meinem Mund kamen. Es war die Stimme eines erwachsenen Mannes, doch ich bin doch ein 14 Jahre altes Mädchen und hatte nie jemanden entführt meines Wissens nach.
Plötzlich traf mich die Erkenntnis, nur nicht so heftig wie das letzte mal, weshalb ich auch nicht sagen könnte, dass sie mich wie ein Schlag getroffen hatte.
Ich träume das alles hier nur und dieses mal wieder aus einer anderen Perspektive. Ich träume aus der Perspektive des Mannes, der das Mädchen K.O. geschlagen und in dem Van gemeinsam mit seiner Frau entführt hatte. Genau so musste es sein, denn ich konnte mir nicht vorstellen, welcher andere Mann es sein könnte. Ekel überfuhr mich. Ich wollte nicht dieser Mann sein. Ich wollte nicht eine Person sein, die jemanden mit nur einem Schlag K.O. Schlagen kann und dies auch tut. Ich wollte nicht jemand sein, der jemanden gegen seinen Willen gefangen hält. Ich wollte mich wehren, raus aus diesem Körper, einfach nicht diese Person sein, doch ich war gefangen in diesem Körper. In dem Körper eines schrecklichen Menschen.

Der Mann, in dessen Körper ich gefangen war, ging auf das Mädchen zu und trat sie mit einem zufrieden Grunzen in die Seite.
„Nein, ich will das nicht tun!", schrie ich. Leider konnte ich dies nur in Gedanken schreien, da die Worte nicht aus meinem Mund rauskommen wollten. Besser gesagt aus dem Mund dieses Mannes. Statt meinem Ausruf rief ich, bzw der Mann: „Wach auf Mädchen!"

Während das Mädchen langsam die Augen aufschlug und realisierte, wo es noch einmal war, ging der Mann und daher auch ich zu der massiven Tür und schloss sie. Nun war es stockdunkel im Schuppen.
„Wir wollen ja nicht, dass du uns noch abhaust, nicht war?", sagte der Mann und lachte höhnisch.
Er ging im dunkeln auf etwas zu und griff nach einem Gegenstand, der irgendwo auf einer Anhöhe gestanden haben musste. Der Gegenstand war schwer und fühlte sich wie kaltes Metall an. Angst überkam mich. Es war doch hoffentlich nichts womit er sie erschlagen wollte.
Meine grausame Vermutung konnte er schnell widerlegen, in dem er einen kleine Knopf an dem Gegenstand drückte und der Raum plötzlich von einem kleinen Lichtkegel üppig beleuchtet wurde. Wen ich gekonnt hätte, hätte ich an diesem Punk erleichtert aufgeatmet, denn es war Gott sei dank nur eine Taschenlampe, die in diesem finsteren Raum mehr als nötig war, um etwas zu sehen. Nun konnte ich auch erkennen, dass der Mann die Taschenlampe von der obersten Ebene eines Regals genommen hatte. Leider hielt meine Erleichterung nicht lange an, denn mir wurde bewusst, dass auch wenn diese Taschenlampe offensichtlich wohl erst einmal nur für das nötige Licht sorgen sollte, man damit aber auch perfekt jemanden erneut K.O schlagen könne, wenn man nur wollte.

„Pech, dass du zu klein bist um da oben ran zu kommen", sagte die Stimme des Mannes aus meinem Mund mit gespielten Bedauern.
Das Mädchen, welches immer noch in ihrer Ecke auf den Säcken saß zuckte mit den Schultern und antwortete frech: „Meine Augen haben sich schon genug an die Dunkelheit gewöhnt, daher hätte ich die Lampe gar nicht gebraucht.
„Nicht so frech Mädchen!", fuhr der Man sie forsch an.
„Ich rede mit dir wie ich will! Du hast mir gar nichts zu sagen und bald werde ich hier frei kommen, denn die ganzen Behörden suchen bestimmt schon längst nach mir", erwiderte sie nun noch frecher.
„Pass auf wie du mit mir redest freches Gör! Wenn du wüsstest wer ich bin, würdest du nicht mehr so mit mir reden!"
Das Mädchen reckte auffordert das Kinn nach oben und verschränkte die Arme vor der Brust. „Dann sag mir doch einfach wer du bist! Wir werden ja sehen, ob ich dann anders mit dir rede."
Meine Hand, die Hand des Mannes, schloss sich fester um den Griff der Taschenlampe und die andere ballte sich zu einer festen Faust. Ich konnte nur hoffen, dass der Mann nicht vor hatte das Mädchen zu schlagen.

Sie ließ sich von dem Mann ganz und gar nicht beirren und sagte stattdessen selbstzufrieden: „Da habe ich dir wohl die Sprache verschlagen, mit meiner Intelligenz. Na ja, obwohl das nicht umbedingt ein Zeichen von Intelligenz war, da dies eigentlich jeder checken müsste. Es ist eher ein Zeichen von purer Dummheit deinerseits."
Der Mann biss die Zähne fest zusammen. So fest, dass es schon weh tat. Ich probierte dieZähne auseinander zu pressen, aber es gelang mir nicht, denn ich hatte nicht die Macht über den Körper.

Die Frage dich mir nun stellte war in dem Fall dann aber: Warum hatte ich in meinem letzten Traum die Macht über den Körper des Mädchens und dem was sie sagt?
Die Frage konnte ich mir nicht beantworten, aber ich träumte in letzter Zeit sowieso aus sehr unterschiedlichen Perspektiven und dies hier war wohl die Gefangen-in-einem-Körper-ohne-einen-Einfluss-darauf-zu-haben-was-gesagt-oder-getan-wird-Perspektive.

Das Mädchen stand auf und stellte sich so nahe vor den Mann, dass ich auf sie hinunterblicken musste, um sie sehen zu können.
„Sag mir wer du bist und dann höre ich vielleicht auf mit dir so zu reden", sagte sie provokant.„Alles zu seiner Zeit", raunte der Mann und stieß sie dann kräftig weg, sodass sie rückwärts zurück in ihre Ecke taumelte.
„Okay, aber warum bist du überhaupt hier zu mir gekommen?", fragte sie, nun aber nicht mehr ganz so selbstsicher wie vorher.
„Eigentlich wollte ich dir nur dein Essen bringen und ein wenig Wasser." Er zog eine kleine blaue Plastik Brotdose aus seiner einen Jackentasche und aus einer andern eine kleine Wasserfalsche, die ebenfalls aus Plastik bestand und in die unmöglich mehr als 300 ml Wasser reinpassen konnten. „Das genügt für heute und morgen früh gibt es dann ein wenig mehr. Allerdings werde ich dir ein wenig abziehen müssen, für dein Verhalten." Nach diese Ansage wirft ihr die Beiden Sachen hin und trifft sie mit der Brotdose dabei an der Schulter. Vielleicht mir Absicht, vielleicht aber aus versehen, doch davon gehe ich eher weniger aus.

„Da du nun weißt, wo sich die Taschenlampe befunden hat und bevor du noch einen Weg findest sie dir zu holen, nehme ich da gute Stück lieber mal mit", sagte der Mann mit einem fiesen Lächeln und streichelt demonstrativ über den Griff der Taschenlampe. Danach geht er zur Tür stößt diese auf und verlässt den Schuppen, den er daraufhin mit zwei Riegeln verschlißt.

The Girl in my headWo Geschichten leben. Entdecke jetzt