Kapitel dreizehn: Eris Vanserra

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MEROWEN

"W...wo ist der See hin?", brachte ich mit zitternder Stimme hervor. Die Karte war falsch. Sie musste einfach falsch sein.

"Verdampft.", erklärte Byron ungerührt und beobachtete dabei interessiert meine Reaktion.

Ich schluckte. Wollte er etwa andeuten..

"Und wie soll das Eurer Meinung nach möglich sein?", ich bemühte mich, meiner Stimme einen festen Klang zu geben. 

"Laut einiger Anwesenden..", hierbei warf der High Lord Cassian und Nesta einen kurzen Blick zu "..geschah dies durch eine High-Fae, die ihre Magie benutzte." Er richtete seinen starren Blick wieder auf mich.

"Und da du zu eben diesem Zeitpunkt als Einzige im Wasser warst.. bin ich ziemlich sicher, dass du diese Magie gewirkt hast." Seine Lippen kräuselten sich spöttisch. "Auch wenn kein vollwertiger High-Fae so dumm wäre, seine Magie in einer solchen Explosion freizugeben."

Er zog das Wort vollwertig unangenehm in die Länge; um mir klar zu machen, dass ich in seinen Augen genau dies nicht war. Ich schaffte es, weiterzureden, auch wenn jede Faser meines Körpers danach schrie, wegzulaufen. Weg von diesem Ort und weg von diesem Mann, der mir jede Minute, die ich mit ihm verbrachte, mehr Angst einflößte.

"Selbst wenn wir annehmen, dass ich.." ich schluckte den Kloß in meinem Hals herunter und zwang mich, weiterzusprechen "..Magie angewendet habe. Wie soll ich sie alleine unter Kontrolle bekommen?" 

Bitte, lass nicht ihn mein Lehrer sein.

Byron verengte die Augen. Dann wedelte er mit der Hand.

"Komm herein!"

Die große Doppeltüre am Ende des Saals öffnete sich ein Weiteres Mal und gab den Blick auf einen Fae mit roten Haaren frei, der deutlich jünger als Byron war. Er besaß die gleiche kalte Schönheit wie sein Vater, doch fehlte der grausame Zug um seine Mundwinkel.

"Das ist Eris, mein ältester Sohn.", stellte der High Lord den Mann vor.

"Er wird dir beibringen, mit deiner Magie umzugehen."

Eris verbeugte sich knapp vor seinem Vater und wandte sich dann mir zu.

"Es ist mir eine Freude." Seine Worte klangen freundlich, doch sein Lächeln wirkte gezwungen und erreichte kaum seine bernsteinfarbenen Augen.

Ich nickte, brachte jedoch kein Wort mehr hervor. Zu sehr erdrückte mich Byrons Präsenz.

"Ihr seid entlassen.", mit einem gereizten Wedeln seiner Hand bedeutete der High mir und den anderen, zu gehen.


Während Byron selbst den Saal mit Eris verließ und dabei bereits über Einzelheiten meines Trainings zu diskutieren begann, blieb ich wie erstarrt stehen. Mir schwirrte der Kopf.


Ich hatte durch Evaline zwar bereits erfahren, dass ich zur Hälfte eine High-Fae sein musste, jedoch hatte ich mir nie wirklich bewusst gemacht, was das für mich bedeuten könnte. Die High-Fae waren - anders als die gewöhnlichen Fae - in der Lage, mächtige Magie zu wirken und ließen sich deshalb meistens einem der sieben Höfe in Pythian zuordnen. Nach Lord Byrons Schilderungen musste ich die Magie des Feuers beherrschen, was bedeutete, dass ich die Gabe von seiner Frau geerbt hatte. Es war allgemein bekannt, dass die Frau des High Lords des Herbsthofes eine stärkere Magie als ihr Ehemann besaß, aber dass sie so stark war... zudem bedeutete das, dass ich nicht Byrons leibliches Kind war. 

Und das war definitiv ein Grund, der mich in seinen Augen hassenswert machte und mich früher oder später in Schwierigkeiten bringen konnte. Ich hatte die Geschichten über Lucien Vanserra gehört. Als Byron herausgefunden hatte, dass seine Frau ihn mit Helion betrogen und ein Kind von ihm empfangen hatte, ließ er die Lady des Herbsthofes dafür büßen. Es ging sogar einige Zeit lang das Gerücht herum, dass er sie gefoltert habe; Beweise wurden dafür jedoch nie gefunden. Ich dachte an seine kalten Augen zurück und erschauerte. Zuzutrauen war es ihm zweifelsohne. 

Tales of Wings and Fire (ACOTAR fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt