„Guten Morgen, John!“ rief ein fröhlicher Sherlock Holmes im Morgenmantel, als er ins gemeinsame Wohnzimmer trat, während John Watson in der Küche Tee kochte. Normalerweise war Sherlock ziemlich zerknittert vor dem ersten Tee, nur eben heute nicht. John grinste, denn er wusste, weshalb Sherlock so gut gelaunt war. Es war der 6. Januar, Sherlocks Geburtstag. John hatte mit ihren Freunden eine Überraschungsparty für den Abend vorbereitet, also musste er es schaffen, Sherlock den ganzen Tag ruhig zu halten, ihm nichts zu verraten und so zu tun, als hätte er es vergessen. Sherlock, der nichts von Johns Gedanken mitbekommen hatte, fragte: „Was machen wir heute?“ „Ich weiß nicht. Soweit ich weiß, haben wir für heute keine Pläne. Warum denn?“ antwortete John, setzte eine neugierige Miene auf und drückte seinem Freund die Teetasse in die Hand. Ein kurzer Schimmer von Enttäuschung huschte über Sherlock´s Gesicht, bevor er sagte: „Nur so. Bist du sicher, dass da nichts steht?“ Gespielt genervt sagte John: „Ich denke nicht, nein. Jetzt trink deinen Tee, deck den Frühstückstisch und beruhige dich. Du führst dich auf wie ein Kind an Weihnachten, kurz vor der Bescherung. “ Dann verschwand er aus dem Wohnzimmer und ging zu seinem Kleiderschrank, um sich Sachen herauszusuchen. Währenddessen dachte er darüber nach, was Sherlock gerade machte. Er würde auf keinen Fall den Tisch decken, das machte er nie. Er würde sich vermutlich Johns Handy nehmen, das dieser „aus Versehen“ dort liegen gelassen hatte, und im Kalender schauen, ob John ihn nur ärgern wollte. Da John ihn aber gutkannte, hatte er den Termin gelöscht, sodass es aussah, als wäre es wirklich ein normaler Tag. John ging zurück, schlich fast, und als er durch die Tür lugte, stellte er zufrieden fest, dass er Recht gehabt hatte. Er ging nochmal zwei Schritte zurück und rief: „Sherlock, ich komme jetzt runter. Bist du fertig mit dem Tisch?“. Er hatte weder eine Antwort bekommen, noch erwartet. Sherlock sprang von seinem Sessel auf und lief in die Küche, wo er schnell zwei Teller auf den Tisch knallte, zwei verschiedene Messer daneben legte und dann das Brot hinlegte und Marmelade heraussuchte. John lief entspannt in die Küche und betrachtete mit hochgezogener Augenbraue den Consulting Detective und sein Werk. Er lehnte an der Arbeitsplatte und starrte in seine Tasse. Langsam legte John das Besteck richtig hin, stellte Butter dazu und schnitt ein paar Scheiben Brot ab, anschließend setzte er sich. Als Sherlock es ihm nicht gleichtat und störrisch stehen blieb, fragte John: „Was ist? Willst du heute nicht essen?“, woraufhin der Detektiv sich mürrisch hinsetzte und ein Brot bestrich. Sie aßen schweigend. Nach dem Essen ging Sherlock in sein Zimmer und ließ John alleine in der Küche zurück. Er war eindeutig beleidigt und ein wenig tat er John auch leid. In Gedanken versunken räumte er den Tisch ab und überlegte, was sie den Tag über machen könnten, damit Sherlock trotzdem Spaß hatte. Besagter kam gerade wieder ins Wohnzimmer, wo er sich auf den Sessel fallen ließ und mit gefalteten Händen den Schädel auf dem Kamin anstarrte, als hätte dieser ihn zu einem Starr-Wettbewerb herausgefordert. Als ihm das zu langweilig wurde, nahm er sein eigenes Handy und schaute nach, ob überhaupt ein einziger Mensch an ihn gedacht hatte. Nichts. Keine Nachricht. Johns Stimme riss ihn aus seinen trüben Gedanken: „Hey, Sherlock, ich muss heute noch kurz zumindest in die Klinik. Molly hat angefragt, ob du vielleicht Lust hättest, mit ihr in eine Kunstgalerie zu gehen. Ruf sie kurz an, ja? Ich bin nachher wieder da.“. Dann verließ John das Haus und ließ Sherlock alleine. Dieser nahm das Telefon und rief bei Molly an, um abzusagen, jedoch während es noch klingelte, entschied er sich um und sagte zu. Dann wäre er erstens nicht alleine und vielleicht erinnerte sie sich an seinen Geburtstag. Auf dem Weg zur Galerie fragte er sich, woran das wohl liegen mochte, dass jeder ihn vergessen hatte. Er hatte doch ganz deutlich bei jeder Gelegenheit erwähnt, dass er bald Geburtstag hatte! Nicht einmal Mrs. Hudson hatte ihm einen Kuchen gemacht oder Kekse oder etwas Ähnliches.
Nach dem Besuch der langweiligen Kunstgalerie trafen Molly und er auf dem Platz John, der mit ihnen eine Stadttour machen wollte. Widerwillig ging Sherlock mit. Er hatte heute extra das dunkle lilane Hemd angezogen, das John so mochte, und er bemerkte es einfach nicht! Was Sherlock jedoch nicht auffiel, war, dass John sich umgezogen hatte. Er trug nun ein hellblaues Hemd und eine dunkle Jeans, ein Outfit, das Sherlock sehr gerne mochte. Nach der vermeintlichen „Stadttour“ standen sie vor Mycrofts Haus, auf dessen Eingang John und Molly zusteuerten. Sherlock protestierte: „John, wo gehen wir hin! Ich will nicht zu meinem Bruder! Der Tag war schon mies genug, jetzt will ich nicht auch noch nervige Familie um mich herum haben. John, bleib stehen! John! Stop! Na gut, wie du willst. Ich werde nicht durch diese Tür treten. Ich bleibe hier auf dieser Stufe stehen und ich werde keinen Schritt weitergehen!“. Sein Protest war immer störrischer geworden, je mehr John und Molly ihn ignorierten. Molly klingelte und nur wenige Sekunden später öffnete Mycroft die Tür. Natürlich hatte er sie schon erwartet, nur wusste Sherlock nichts davon. John rief ihm zu: „Komm, jetzt haben wir schon geklingelt und die Tür ist offen, jetzt können wir nicht mehr weggehen. Molly und ich werden jetzt reingehen, du kannst gerne draußen stehen bleiben, wie du willst.“. Sherlock warf ihm einen zornigen Blick zu, dann kam er näher und trat durch die Tür, während er auch seinem Bruder giftige Blicke entgegen schleuderte. Leicht spöttisch fragte dieser: „Was hat dich denn jetzt plötzlich in Bewegung gebracht, Bruderherz?“ „Ich hatte Sorge, du könntest sie kidnappen und nicht mehr rauslassen!“ murrte der Detektiv zurück. Molly und John folgten ihm und schlossen die Tür. Als sie sich die Jacken ausgezogen hatten, führten sie Sherlock in Richtung Wohnzimmer, vor dem Sherlock warten musste, bis jemand ihn reinholte. Langsam ahnte er etwas und war einverstanden. Als Mycroft die Tür öffnete, standen Mrs. Hudson, Greg Lestrade, Molly und John „Happy Birthday“ singend vor ihm. Sogar Mycroft sang zumindest leise mit und lächelte. Sherlock begann zu grinsen und als das Lied zu Ende war, bedankte er sich bei allen (bei Mycroft weniger) herzlich, pustete die Kerzen von Mrs. Hudsons Kuchen aus und ging zu John. Er baute sich vor ihm auf und schaute ihn böse an, dann sagte er: „Doctor John Watson, du kleiner Bastard!“, lachte dann aber und wuschelte ihm durch die Haare. John zog ihn in eine Umarmung und sagte: „Herzlichen Glückwunsch, Sherlock Holmes, du Kleinkind im Erwachsenenkörper!“. Kurz danach übergaben alle ihre Geschenke dem Geburtstagskind. Sherlock gefielen alle, jedoch fand er das von John am Besten. Der hatte ihm ein Science-Fiction-Buch geschenkt, das er mal lesen sollte (Johns Meinung nach), da es John sehr gefallen hat. Als er es aufschlug, stand dort: „Für Sherlock, meinen besten Freund. Alles Gute zum Geburtstag!“. Zwischen den Seiten steckte ein gefalteter Zettel, auf dem eine kleine Geschichte stand, denn John hatte sich am Schreiben probiert für Sherlock. Er begründete es damit, dass Sherlock so genial ist und dann auch noch wundervoll Geige spielen kann und John schließlich auch irgendwas besonders gut können muss. Das Schreiben war es wohl nicht, denn die Geschichte war Johns Meinung nach nicht besonders gut, doch Sherlock fand sie gut, allein weil sie von John war und nur für ihn.
Liebe Lisa,
ich wünsche dir alles Gute zu deinem Geburtstag! Viel Freude, Glück und Vergnügen sollst du haben!
Du dachtest doch nicht, ich hätte deinen Geburtstag vergessen, oder? :) Das könnte ich nicht! Du bist mir eine so gute Freundin, ich kann über so viel mit dir reden und du hast mir schon so viel geholfen! Ich hoffe, die Geschichte gefällt dir und ich habe dir deinen Nachmittag versüßt.
Ganz liebe Grüße und alles Gute
Vici