5. Kapitel

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Louis war am Anfang ein wenig nervös. Schließlich wollte er alles richtig machen. Aber seine Nervosität legte sich bald, denn am Nachmittag hatte er nicht viel zu tun. Ab und zu kam jemand und bestellte ein Bier. Aber wer ging schon Nachmittags in eine Bar? Ja, die Wenigsten. Erst als die Leute Feierabend hatten, das heißt so gegen sieben Uhr, füllte sich die Bar allmählich. Er hetzte hinter der Theke hin und her und mischte etliche alkoholische Getränke. Josh beobachtete ihn die meiste Zeit über und half ihm nur zwischendurch mal, wenn Louis nicht wusste was in einer der bestellten Drinks alles reinkommt. Doch er kannte die meisten Drinks und konnte sie daher gut mischen.

So gegen zwölf Uhr lies er sich erschöpft ins Bett fallen. Es war wirklich anstrengend und Josh sagte das sei noch gar nichts. ,,Morgen werden noch viel mehr Leute kommen" hatte er gesagt. Und er hatte wahrscheinlich auch recht, da Morgen Freitag war. Heute schloss die Bar um 23 Uhr, wie auch an den meisten anderen Abenden. Nur am Freitag und am Samstag war die Bar länger geöffnet. Anschließend musste Louis noch aufräumen und putzen. Es war anstrengend und beanspruchte viel Energie, doch dass war genau das richtige für Louis, denn so war er abgelenkt und hatte keine Zeit sich über andere Dinge den Kopf zu zerbrechen. Nach kurzer Zeit schlief er auch schon ein. Doch es blieb nicht bei einem ruhigen Schlaf, schon bald spukten wieder diese verdammten drei Worte in einem Kopf herum. Ich hasse dich. Wieso konnten sie nicht einfach verschwinden? Er wollte doch nur endlich wieder ruhig schlafen können.

Um 10 Uhr wachte er auf. Er mochte seinen neuen Beruf, dass merkte er schon jetzt. Er konnte bis spät in die Nacht in einer Bar verbringen und hatte erst um 11 Uhr Schicht beginn.

Eine Stunde später stand er frisch geduscht hinter dem Traisen und band sich eine Schürze um die Hüfte. Josh kam heute erst gegen 8 Uhr. Er hatte gesagt das Louis es bis dahin alleine schaffte. Und da hatte Josh wahrscheinlich auch recht, denn die Bar war leer. Nicht eine Person war hier. Nach einer halben Stunde war immer noch niemand gekommen. Louis fühlte sich einsam in der leeren Bar und dachte wieder an seine Familie. Er sank immer weiter in eine Depression. Da fiel im plötzlich auf das er ganz alleine in einer Bar voll mit Alkohol war. Einerseits wollte er Josh nicht enttäuschen, da er ihm wirklich dankbar war für die Arbeit und die Wohnung, andererseits brauchte er dringend eine Ablenkung und da die Bar leer war, musste der Alkohol hinhalten.

Er suchte sich eine Flasche Whisky aus, öffnete sie und setzte sie an den Mund. Doch schon nach wenigen Schlucken nahm er sie wieder weg. Er hatte vorher noch nie wirklich Alkohol getrunken. Wozu auch? Er war rundum Glücklich und der große Party Kracher war er auch nicht. Louis war also nicht auf dieses brennen im Hals vorbereitet. Erschrocken hielt er sich den Hals und schüttete ein Glas Wasser hinterher. Er wollte die Flasche gerade versorgen, doch da breitete sich so eine Angenehme Wärme in seinem Bauch aus. Er wollte mehr von diesem Gefühl und setzte so die Flasche erneut an den Mund. Er presste die Augen zusammen und schüttete die Flüssigkeit hinunter. Es brannte furchtbar, doch er hörte nicht auf bis die Flasche fast leer war. Er stellte die Flasche zurück in das Regal und setzte sich mit geschlossenen Augen hinter der Theke auf den Boden. Langsam spürte er wie sich der Alkohol in seinem Bauch verteilte und kurzdarauf verspürte er wieder diese angenehme Wärme. Aber dieses Mal noch viel stärker. Er liebte dieses Gefühl doch er hasste dieses Brennen, dass einfach nicht nachlassen wollte. Er stand also wieder auf. Oder besser er versuchte es. Er musste sich an der Theke aufziehen und mit viel Mühe hatte er es Geschafft sich erneut ein Galas Wasser ein zu schenken, welches er in seinen Rachen leerte. Das brennen lies langsam nach und er verspürte nur noch die wohlige Wärme. Er genoss diese einige Minuten, in denen er einfach mit geschlossenen Augen da stand und ein wenig vor und zurück wippte. Doch dann wurde ihm bewusst, dass er jetzt keineswegs Glücklicher war. Er war noch genau so alleine wie zuvor. Und sein Gefühl von Trauer und Einsamkeit nahm er nun noch viel intensiver wahr. Er war nicht mehr bei klarem Verstand und zugleich Wütend und traurig. Dies ist keine gute Mischung. Louis nahm ein Glas in die Hand und warf es zu Boden. Das Glas zersprang in hunderte kleine Teile. Er hatte gehofft sich so ein wenig abzuregen, war aber gescheitert. Seine Augen waren mittlerweile rot von den vielen Tränen die er vergossen hatte und er sah alles nur noch verschwommen. Weshalb er, als er sich auf den Boden setzten wollte, in eine Scherbe fasste. Erschrocken zog er seine Hand zurück und betrachtete sie. Die Scherbe war relativ groß und steckte in seiner Handfläche. Fasziniert schaute er dem Blut nach, welches sich langsam einen Weg zu seinen Fingern bannte und dort hinuntertropfte. Er war so vertieft in dieses Geschehen, dass er ganz vergaß dass das Türschild der Bar auf Offen stand. ,,Hallo? Ist Jemand da?" Erschrocken blickte Louis auf und krabbelte weiter unter den Traisen in der Hoffnung nicht gesehen zu werden.

Der fremden Junge, der die Bar betreten hatte, sah sich nun verwirrt um. Er war sich sicher dass das Schild auf Offen gedreht war, also wieso war niemand hier? Langsam lief er in Richtung Bar. Dort angekommen lehnte er sich an den Traisen und fragt erneut ,,Ist Jemand da?" Er bekam wieder keine Antwort, hörte aber definitiv einen lauten Atem. Der fremde Lockenkopf lehnte sich weiter über den Traisen und blickte direkt in zwei wässrig, geschwollene und doch wunderschöne tiefblaue Augen. Der Fremde ließ seinen Blick weiter über den Jungen unter dem Traisen gleiten. Erschrocken blieb er bei Louis' blutender Hand hängen. ,,Alles okay bei dir?" Louis wusste nicht was antworten und schüttelte daher einfach den Kopf. Eine weitere Träne rann still Louis' Wange hinunter ehe er versuchte aufzustehen. Er schwankte von rechts nach links und hielt sich mit seiner blutenden Hand fest, wobei er seine Augen vor Schmerz zusammenkniff. Ehe Louis wieder umkippen konnte, hatten sich zwei starke Arme um seine Taille geschlungen und er wurde vom Lockenkopf zu einem Stuhl geführt, wo Louis sich setzte. Der Fremde eilte zur Tür und drehte das Schild auf Geschlossen, ehe er mit Wasser und einem Abtrocktuch zu Louis zurückkehrte.

,,Ich bin Harry. Und du?" ,,Louis" sagte dieser leise und nahm das Glas Wasser an, dass Harry ihm reichte. ,,Du hast getrunken, nicht wahr?" fragte Harry wehrend er versuchte die Scherbe aus Louis' Hand zu entfernen. Louis nickte schuldbewusst. Er kam sich vor wie bei einem Verhör, wenn einem die Eltern mit 15 betrunken erwischen. Also fügte er hinzu ,, Ich bin 18. Ich darf das." Auch wenn ihm bewusst war das er sich keines Wegs wie 18 benahm. Er saß hier, schmollte vor sich hin und ließ sich eine Scherbe aus der Hand ziehen. ,,Ist ja gut. Ich wollte dich nicht beschuldigen." Grinste Harry der gerade die Scherbe auf den Tisch neben Louis gelegt hatte und nun das Tuch um seine Hand wickelte. ,,Arbeitest du hier?" Louis nickte, fügte aber hinzu ,,Wahrscheinlich nicht mehr lange." Den Blick hatte er starr auf die Scherben und den blutverschmierten Traisen gerichtet. Harry seufzte und stand auf. ,,Was tust du da?" fragte Louis verwirrt als Harry einen Besen in die Hand nahm und begann die Scherben auf zu wischen. ,,Ich helfe dir"

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