Mair hielt mich mit all ihrer Kraft fest, da ich drauf und dran war, die Tür der Kutsche aufzureißen, um nach Charles zu schauen. Doch tatsächlich siegte meine Vernunft. Ich konnte nicht einfach während der Fahrt aus der Kutsche springen, das würde mir nichts bringen. Und Charles erst recht nicht.
Die Angst hatte mein Herz festgepackt und schien es nicht mehr loslassen zu wollen. Ich hatte ein ungutes Gefühl wegen Charles. Zwar hatte sich die Kutsche wieder gefangen, aber trotzdem hatte er kurzzeitig die Kontrolle über sie verloren. Ich wollte gar nicht daran denken, was das bedeutete.Ein lauter Krach riss mich aus meinen Gedanken. Ich schreckte hoch, stützte mich auf Evelyns Schulter, die mich dafür wüst beschimpfte, um aus dem Fenster schauen zu können. Wie eine ertrinkende klammerte ich mich an den Rahmen. Draußen konnte ich zunächst nichts außer Rauch erkennen. Doch je länger wir fuhren, desto mehr legte sich dieser, der offensichtlich von dem inzwischen kaputten Tor kam. Charles ist einfach mitten durch gefahren!
„Er ist einfach durch das Tor gefahren", murmelte ich fassungslos, sodass auch Mair und Evelyn darüber informiert waren.
„Er ist was?"
„Mitten durch, hat sie doch gesagt", antwortete Mair an meiner Stelle. „Also, am Anfang wusste ich ja nicht recht, ob das so klug ist, ihn mitzunehmen, aber ich muss schon sagen. Er ist taff. Und genau das können wir gut gebrauchen."
Innerlich musste ich schmunzeln. Trotzdem war es mir ein Rätsel, denn eigentlich sollte dieses Tor nicht so leicht kaputtgehen.Nach einer Ewigkeit wurde die Kutsche endlich langsamer. Mair und Evelyn hatten mir strikt verboten, das Fenster noch mal zu öffnen. Irgendwann bin ich ganz hibbelig geworden, vor Nervosität, da wir immer noch nicht wussten, wie es um Charles stand.
„Jetzt kannst du nach ihm schauen, aber ich bin mir sicher, dass es ihm gut geht. Schließlich konnte er die Kutsche noch lenken", antwortete Mair. Trotzdem konnte ich ihrer Stimme auch Sorge entnehmen.
Bevor die Kutsche stand, sprang ich nach draußen und fiel erstmal hin. Meine Knie schürften sich auf, da das Kleid hochgerutscht war. Nicht zum ersten Mal verfluchte ich die Kleider. Hosen waren so viel praktischer. Es brannte ein wenig, aber das war gerade meine geringste Sorge.Immerhin war der Boden schon leicht gefroren, sodass nicht sonderlich viel von dem Matsch an mir kleben blieb.
Ich rappelte mich auf und lief auf wackligen Beinen zur Kutsche, die ein paar Meter weiter zum Stehen gekommen war. Mair stieg gerade aus, als ich an ihr vorbeilief. Mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich sah, dass es Charles noch aufrecht saß. Aber dann entdeckte ich Blut an seiner Schulter. Mein Magen verkrampfte.Sofort stieg ich auf den Kutschbock.
„Was ist passiert?", fragte ich panisch, obwohl ich die Antwort bereits kannte. Woher sollte die Wunde sonst kommen.
„Die Wächter ... haben geschossen. Immerhin haben sie die Pferde nicht erwischt." Seine Stimme war heiser und schwach. Allgemein sah er nicht gut aus. Partikel vom Tor klebten in seinen Haaren und hatten sich auch auf seiner Kleidung festgesetzt. Von der Wunde ganz zu schweigen.
Als ich sie mir genauer anschaute, presste ich mir die Hand vor den Mund. Es sah nicht gut aus. Die Kugel steckte anscheinend noch drinnen. Mehr konnte ich aber auch nicht erkennen, da Fetzen seines Gewands den Rest verdeckten.Ich schluckte und mir schossen Tränen in die Augen. Wie sollten wir ihm helfen? Keiner von uns kannte sich damit aus. Und was, wenn sich die Wunde entzündete? Jetzt war schon so viel Dreck drinnen.
Stark zitternd strich ich ihm über den Arm. Er schluckte kurz und meinte dann: „Mach dir nicht zu viele Sorgen. Es tut auch nicht wirklich weh. Im Moment zumindest." Er schenkte mir ein kurzes, gequältes Lächeln, was mir zeigte, dass er definitiv Schmerzen hatte. „Nur wäre es vielleicht gut, die Wunde zu säubern", fügte er hinzu und lehnte seinen Kopf hinten an.
Trotz der alles andere als lustigen Situation musste ich auflachen.
„Ja, das wäre in der Tat nicht schlecht."
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Iced Fire
Fantasy"Es gibt da eine Sache, die wir dir nie erzählt haben. Als du geboren wurdest, warst du am Erfrieren. Das Feuer hat dich gerettet, doch jetzt fängt es an, dich zu töten." Saphira - dickköpfig und unabhängig - hat ihr Leben lang als Teil des Königsha...