Ihr letztes Konzert hatte sie noch Ende Februar in ihrer Heimatstadt gespielt. Insgeheim hasste sie es hier. Manchmal fühlt es sich für sie so an, als werde sie von den kahlen, grauen Hauswänden der Hochhäuser verachtend angestarrt.
Die Straßen hier waren selten sauber, sie blieb dennoch. Was sie nämlich noch mehr hasste, als ihre Stadt, war ein Zustand der Veränderung, oder gar des Umbruchs. Besonders dann, wenn nichts gewiss und sicher zu sein schien. In dieser grauen Welt war die Musik schon immer ihr Anker. Als kleines Kind, da konnte Mary gerade einmal ein paar dreiwort-Sätze sprechen, summte sie den ganzen Tag die Titelmelodie ihres liebsten Kinderfilmes nach. Als es dann, da war Mary eine junge Frau, (vielleicht siebzehn oder achtzehn war sie damals, so gut konnte sie sich gar nicht mehr an diese Zeit erinnern) nach einem Schicksalsschlag dunkel um sie wurde, sie also in schwere Depressionen fiel, fing sie an, ihrer eigenen Songs zu schreiben. Sie blieb dran. Das Schreiben half ihr schon immer.
heute, am 18. März 2020, ist Mary fast dreißig Jahre alt und man könnte sagen sie lebt ihren Traum, weil sie inzwischen von der Musik leben konnte.Nebenbei kellnerte sie im Café ihrer besten Freundin Lina, Das ist ihrer Meinung nach der einzigste schöne Ort in dieser Stadt voll mit grauen Fassaden. Jetzt aber, steht Mary aufeinmal vor dem nichts. Aus. Aufgrund der Corona Pandemie und des Lockdowns in Deutschland hatte sie nun beide Jobs zeitgleich verloren. Auf der Bühne stehen geht nichtmehr. Feiern, Festivals und andere Großveranstaltungen waren das erste was verboten worden war, danach folgte die Zwangsschließung der Gastronomie. Lina blieb also nichts anderes übrig, als ihr Café zu schließen.
So sitzt Mary jetzt also alleine, in ihrer kleinen, 30 Quadratmeter großen Dachgeschosswohnung. Ohne Job oder Perspektive.
Leerer Kopf, leerer Kühlschrank.
Als sie beginnt in ihr Tagebuch zu schreiben, ertönt auf der Mailbox die ängstlich-aggressiv klingende Stimme von Lina. Sie mache sich Sorgen, Mary sollte sich doch endlich bei ihr melden, oder wenigstens an ihr Handy gehen. Seit Ende April haben sich die beiden schon nicht mehr gesehen, mittlerweile ist es Ende August. Normalerweise sehen sie sich mindestens einmal in der Woche, wenn Mary bei Lina arbeitet. Normalerweise. Lina sagte außerdem noch, sie habe furchtbare Angst um Mary. ob es ihr gut geht, fragte sie sich. Linas letzter Satz, ein zaghaftes ,,Pass auf dich auf" wurde schnell von einem Piepsen übertönt. Sie hatte es sich längst angewöhnt, es zu ignorieren.,, Liebes Tagebuch,
Wohin geht man, wenn man sich selbst nicht mehr ertragen kann? Wann hat das alles hier ein Ende? Endet es überhaupt irgendwann?
Es ist wieder dunkel um mich geworden, ich hab es nicht einmal selbst bemerkt. Tage oder Wochen war ich nichtmehr draußen, ih weiß es gar nicht mehr so genau. Ich hasse es, ich hasse es, wenn ich es nicht mehr kontrollieren kann und das kann ich nunmal nicht.
Nichtmal mehr Musik machen oder schreiben kann ich. mein Kopf ist leer, da geht gar nichts mehr, alles schwarz und so voller Mauern.
Ich habe Angst, Angst vor dem was noch passiert, oder auch nicht passiert?
Könnte ich doch nur wieder auf die Bühne gehen und singen, das tun, was ich liebe, vom Geld mal ganz zu schweigen.
Ich hab Angst. Bitte lass mich uns diesem Albtraum aufwachen.
Wohin geh ich, wenn ich mich selbst nicht mehr ertragen kann?"Entschlossen steht sie auf.
Die schwere Holztür hinter ihr, fällt ins Schloß.
Ihr Tagebuch liegt noch offen auf ihrem Bett.
,,Wohin geht man, wenn man sich selbst nichtmehr ertragen kann?"
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Als es wieder dunkel um meine Seele wurde
Short StoryWell, Imagine a well written Klappentext.. Diese Kurzgeschichte musste ich für den Deutschunterricht schreiben, ich hatte keine andere Verwendung dafür, so Here we go. Inhaltlich geht es um Mary, die aufgrund der Corona Pandemie ihre Jobs verliert u...