Kapitel achtzehn: Das Gesetz der Stärke

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MEROWEN

Ich erwachte von kühlen Händen, die mir sanft über die Stirn fuhren. Als ich die Augen aufschlug, sah ich Evaline, die mit einem kalten Tuch über mich gebeugt mit behutsamen Bewegungen mein Gesicht säuberte.

"Sie ist wach!", hörte ich Nestas begeisterten Ausruf von meiner rechten Seite.

Sie schlang ihre Arme um mich und erdrückte mich fast in einer Umarmung. "Ich schwöre, ich bringe diesen kranken Typ um.", flüsterte sie. Wider Willen musste ich lachen. Die Vorstellung von Nesta, die sich auf den High Lord stürzte und ihn vom Thron riss, war einfach zu amüsant.

Entschieden drängte Evaline die Fae beiseite und zwang mich, einige Schlucke Kräutertee zu trinken. Wohltuend rann die warme Flüssigkeit meine Kehle hinab.

"Du hast Cassian knapp verpasst, er ist vor einigen Minuten gegangen.", bemerkte Evaline dann beiläufig.

Cassian war hier gewesen?

Ich konnte nichts gegen die verräterische Röte machen, die mir langsam den Hals hinaufkroch.

"Warum sollte mich das interessieren?", fragte ich und bemühte mich um einen neutralen Gesichtsausdruck. Doch ich spürte seine Wärme noch deutlich auf den Decken; er musste an meinem Bett eingeschlafen sein.

Er hat mir schon wieder geholfen.

Ich schüttelte energisch den Kopf und vertrieb die aufsteigenden Bilder von einem schlafenden Cassian aus meinen Gedanken. Dafür war später noch Zeit.





Nachdem ich mich eine Weile mit Evaline und Nesta über das Geschehen der letzten zwei Tage, die ich schlafend verbracht hatte, unterhalten hatte, klopfte es an der Tür. Die zwei Fae tauschten schnelle Blicke aus und erhoben sich gleichzeitig, während Eris und Ahillea den Raum betraten. Mit einem kurzen Winken verabschiedeten sich Nesta und Evaline und ließen mich mit meiner Mutter und Eris alleine.

Ahillea eilte an mein Bett und strich mir vorsichtig über mein Haar. Sie wirkte unglaublich erleichtert, mich bereits wach und in guter Verfassung vorzufinden.

"Kind, ich bin so froh, dass es dir gut geht."

Ich drückte sanft ihre Hand. "Danke."

Auch wenn die Vergangenheit immer noch wie eine unsichtbare Wand zwischen uns stand, hegte ich keinen Groll gegen sie. Ich würde auch ohne die Hilfe der Lady des Herbsthofes herausfinden, warum ich damals verstoßen worden war. Bevor ich nicht die ganze Geschichte kannte, wollte ich sie jedoch nicht verurteilen. Oft genug waren es nicht nur Menschen, die in verzweifelten Situationen ebenso verzweifelte Entscheidungen trafen.


Ich wandte mich Eris zu. Den Sohn von Beron hatte ich am allerwenigsten hier erwartet. 

Beron. 

Vor meinem inneren Geist manifestierte sich erneut der grauenhafte Anblick: seine fast schon vor Wahnsinn glitzernden Augen und die erbarmungslose Hitze seines festen Griffs um meine Kehle.

Meine Hände zuckten zu meinem Hals und ertasteten kühlende Salbe und einen leichten Verband. Evaline verstand ihr Handwerk; ich verspürte kaum Schmerzen.


Eris gab einen Laut der Verärgerung von sich. Erstaunt sah ich auf. 

"Diesmal ist Vater zu weit gegangen.", stieß der Fae wütend hervor und musterte meinen Hals mit schmalen Augen.

Tales of Wings and Fire (ACOTAR fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt