Kapitel 23

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Emma

Irgendwie war die Stimmung an diesem Abschlusskonzert besonders. Wincent war den ganzen Tag schon so hibbelig und aufgeregter als sonst, und damit steckte er mich unbewusst total an. Mein Puls lief die komplette Zeit auf 180, da ich neben meiner persönlichen Gefühle auch noch einen Job zu machen hatte. Erst bei der Hälfte des Konzerts stand Amelie neben mir und das zeigte mir, dass wir uns nun entspannen konnten. Es lief alles und für die After-Show-Party war auch alles geregelt. Sie nahm mir mein Klemmbrett aus der Hand und schmiss beide hinter uns. „So und jetzt genießen wir", lächelte sie und legte einen Arm um mich. Wincent sang gerade ‚auf halbem Weg' und irgendwie erinnerte mich das ein bisschen an unseren letzten Sommer, bevor alles so ein großes Chaos wurde. Aber das hatten wir hinter uns gelassen! Wincent wirkte glücklich, nein er war glücklich, und er steckte jeden mit seiner Euphorie an. Das Gekreische wurde immer lauter, wenn er durch die Menge ging, aber er genoss das. Diese Fannähe war schon immer etwas, was ihm viel bedeutete. Ich verlor ihn irgendwann aus den Augen, aber ich wusste, dass Amelie und Tom ihn immer im Blick hatten. Langsam aber sicher neigte sich der Abend dem Ende entgegen und ich freute mich so sehr auf meinen Song. Der würde irgendwie den Sommer beenden und unser gemeinsames Leben ohne Tour starten. Ich war emotional hin- und hergerissen, weil ich nicht wusste wie es Zuhause werden würde. Ich liebte das Tourleben- aber irgendwie war das auch so schnelllebig, dass uns wohl ein bisschen Ruhe nicht schaden könnte. 

Ich machte mich bereit für ‚hier mit dir', aber Wincent machte nicht den Anschein, als würde er gleich damit anfangen wollen. Er machte es sich am Bühnenrand bequem und schnackte etwas mit den Fans in der ersten Reihe. „Ihr kennt den nächsten Song alle, aber heute Abend muss ich mal ein bisschen weiter ausholen", fing er an und je mehr er sagte, desto ruhiger wurde es vor ihm. Gespannt blickte ich nach vorne zu Wincent.

„Ihr wisst für wen der Song ist, da hab ich nie ein Geheimnis draus gemacht...aber ganz so einfach, wie es da vielleicht rüberkommt, war es im letzten Jahr nicht". Ich wusste nicht, was genau er sagen wird, wie viel er erzählen wird, und das nahm mir nicht unbedingt die Anspannung. „Wir hatten es schwer. Wir standen uns oftmals selbst im Weg und ich war manches Mal ein Vollidiot, das muss ich jetzt mal so sagen". Wincent drehte sich kurz mal zu mir um und grinste mich an. „Aber wir habens geschafft und das macht mich umso glücklicher jetzt. Ich weiß, ich hab hundert Mal betont, dass sie nur meine beste Freundin ist, aber da hab ich mir wohl selbst was vorgemacht...". Er hielt sich kurz die Hand vor die Augen. Ich musste nur noch mehr grinsen. In den Reihen vor ihm herrschte Stille und das war das erste Mal bei diesem Song. Sonst wurde immer irgendwann gepfiffen und gelacht, wenn er irgendwas erzählte, aber diesmal nicht. 

„Ihr wisst, dass es mir besser geht, und dass es dafür wohl einen Grund gibt. Manche von euch sind schließlich besser drauf als das FBI", witzelte er und jetzt ging auch kurzes Gelächter durch die Menschenmenge. „Ich sags jetzt einfach kurz und schmerzlos, so wies ist. Sie ist meine beste Freundin, sie ist meine Seelenverwandte, mein Anker und meine Heimat. Sie ist alles, was ich immer wollte und noch mehr. Sie ist meine Freundin und ja, ich liebe sie", sagte er und senkte sein Mikrofon. Jubel brach aus, vor der Bühne und auch neben mir und ich musste lachen, während die Tränen über meine Wange liefen. Was ich ja jetzt schon seit ein paar Wochen wusste, war offiziell. Ich gehörte offiziell zu ihm!

Wincent verbeugte sich, besonders lange heute, wahrscheinlich um kurz durchzuatmen. Er lachte und bedankte sich zig mal bei seinen Fans. „So jetzt ist es raus", murmelte er und steckte sich die In-Ears wieder in die Ohren. „Und jetzt singen wir zusammen das erste mal ‚hier mit dir' für meine Freundin- wuhu, wie das klingt... Es tut mir leid, Schatz. Ich liebe dich", murmelte er und drehte sich nochmal kurz zu mir um. Selbst wenn es mal kurz wieder stiller in der Menge wurde, wurde das Gejubel ab diesem Moment lauter als den ganzen Abend zuvor. Obwohl er sonst immer bei diesem Song durch die Menge ging, ließ er es dieses Mal bleiben, was auch wahrscheinlich keine schlechte Idee war. „Oh-oh, hier mit dir, das ist die beste Zeit der Welt", sang Wincent die letzten Worte und drehte sich dabei direkt zu mir um. Ich zeichnete mit meinen Fingern ein Herz in die Luft, bevor ich mich nach dem letzten Ton den Shots widmete. Ich schenkte gerade das letzte Glas mit Wodka voll, als mir Amelie die Flasche aus der Hand riss. 

„Spinnst du? Du kannst ihm doch keinen Schnaps geben...der vorm Gig hat schon gereicht", schrie sie mich an. Ich war perplex. Was war denn jetzt los? Und das stand mir wohl offen ins Gesicht geschrieben. „Die Sauferei? Die Pillen?", fragte sie mich, als müsste ich mich genau erinnern. Scheinbar machte sich Amelie echt Sorgen, sodass ich sie zu beruhigen versuchte. „Er hat sich im Griff, das hat er mir hoch und heilig versprochen. Und keine Angst, ich zieh die Reißleine, wenns zu wild wird", sagte ich und nahm die Flasche wieder an mich. Ich würde schon auf Wincent aufpassen! Ob mir Amelie glaubte? Keine Ahnung. Ihr blieb nichts anderes übrig, als mich machen zu lassen.

Niemals würde sich Wincent den After-Concert-Shot mit seiner Crew entgehen lassen- niemals! Und so war es auch. Kaum war er von der Bühne nahm er mir das Tablett aus der Hand und teilte jedem ein Glas aus, er war wie immer noch völlig berauscht. Erst nachdem wir getrunken hatten, schaute er zu mir runter und küsste mich. „Danke. Das war super süß, was du da gesagt hast", flüsterte ich und er grinste nur. „War halt die Wahrheit", erwiderte er und küsste mich nochmal. Sofort kribbelte alles in mir und ich fädelte meine Finger in seine Haare. „Kommst du mit mir duschen?", nuschelte er an meine Lippen und als ich meine Augen aufschlug grinste er mich schelmisch an. Ich antwortete nichts, nahm nur seine Hand und zog ihn hinter mir her. 

„Ich dachte dein Groupie-Dasein wär jetzt vorbei, Emma?", hörte ich noch Manni uns nachrufen, aber auf so blöde Sprüche gaben wir noch nie was. Weder früher noch heute. Wincent drückte mich an die Tür zu den Umkleiden und grinste mich an. „Ob das jemals aufhören wird?", fragte er. Ich schüttelte mit dem Kopf. „Wahrscheinlich nicht. Wir haben ihnen immer zu viel Futter gegeben", antwortete ich. „Und ich werd nie aufhören dein Groupie zu sein...nicht solange du solche Konzerte spielst", schob ich noch nach, bevor ich ihn an mich drückte. 

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