Kapitel 10

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Du kannst lügen, aber du kannst die Wahrheit nicht ändern.

Rose

Dylan schließt seine Eingangstür auf und bittet mich mit meinem Ladys First hinein, woraufhin ich leicht Schmunzeln muss.
Die ganze Autofahrt über, schwiegen wir. Mir war einfach nicht danach zu reden und er wirkte auf mich, als würde es ihm genauso gehen. Keine Ahnung was in ihm vorgeht, um ehrlich zu sein, will ich das auch gar nicht wissen. Oder?
„Na sieh mal einer an." Liam kommt mit einem Weinglas in der Hand aus der Küche und sieht mich durchdringend an.
„Schön dich wieder zu sehen." sagt er und die Ironie in seiner Stimme, ist kaum zu überhören.
„Gleichfalls" sage ich und setze ein extra großes falsches Lächeln auf. Keine Ahnung was er gegen mich hat.
„Dylan, wir müssen reden." Er nimmt gelassen einen Schluck aus seinem Glaß und sieht mich dann wieder an.
„Ohne sie."
„Ich komm gleich, fühl dich wie zuhause." Dylan sieht mich nicht mal an, sondern geht einfach an mir vorbei um Liam hinterher zu gehen. Ganz toll.
Langsam fange ich an mich hier umzusehen.
Letztes Mal hatte ich schließlich nur einen Teil-wenn überhaupt- dieses Hauses gesehen gehabt.
Ich betrete einen großen Raum, welcher aufgrund der schwarzen Leder Couch und dem wirklich großen Fernseher, das Wohnzimmer sein muss. Ziemlich düster meiner Meinung nach.
Als ich direkt um die Ecke des Wohnzimmers blicke, stockt mir der Atem. Ein Raum, prall gefüllt mit Büchern. Man könnte meinen, man sei in einer Bücherei gelandet und nicht bei irgendwelchen Typen bei denen der eine -oder sogar beide- einen selbst nicht einmal richtig leiden können.
Wie aus Reflex greife ich sofort nach einem Buch, welches ich selbst schon unglaublich oft gelesen hatte.
Stolz und Vorurteil von Jane Austen.
Ein Buch, welches mich so sehr fasziniert hat, das ich es selbst nach dem 10. mal lesen, nicht aufhören konnte es zu lieben.
Danach greife ich nach einem anderen, von dem ich wirklich schon fast geschockt bin, dass es hier in diesen Regalen steht. Ich meine, als ob sie das alles lesen?
Entführt bis du mich liebst von Mila Olsen. Dieses Buch war das alles erste Buch -bzw. die erste Buch Reihe- , durch die ich die Welt der Bücher genauer kennenlernen wollte.
Ich war damals 15 Jahre alt und wenn ich etwas gehasst hatte, dann lesen. Doch dann sah ich dieses Buch und wollte es sofort haben. Ab diesem Moment an, entdeckte ich, dass mein Herz für Bücher schlug. Und jetzt seht mich an, ich arbeite mich als junge Autorin nach oben. Wer hätte jemals gedacht, dass ich einmal selbst Bücher schreiben werde?
"Ich hab mir schon gedacht, das es dir gefallen würde." Dylan taucht hinter mir auf. Ruckartig drehe ich mich zu ihm. Das Buch immer noch in meiner Hand haltend.
"Das ist einfach wunderschön!" sage ich und in seinen Augen erleuchtet ein funkeln. Wie sehr ich seine grünen Augen liebe.
"Ich wusste gar nicht das du liest." Woher denn auch?
"Was soll das denn heißen?" gespielt beleidigt sieht er mich an woraufhin ich leicht lache.
"Naja du kannst mir nicht sagen, dass du findest, dass du aussiehst als würdest du Bücher lesen. Du siehst mehr wie ein Schwerverbrechen aus." Scherze ich obwohl es ja eigentlich wahr ist.
"Na wenn das so ist, warum bist du dann hier?" er setzt ein finsternes Grinsen auf.
"Was hatte ich für eine Wahl?" spiele ich ihn auf.
"Also wenn du willst, kann ich dich gerne wieder nachhause bringen."
"Hab ich mir gedacht." sagt er nach einiger Zeit, da ich nicht wusste, was ich darauf antworten sollte. Schließlich kann ich nicht nachhause.
"Komm mit, ich zeig dir dein Zimmer." Er läuft los und kurz überlege ich, ob ich das Buch welches ich noch in der Hand halte zurücklegen oder mitnehmen soll, doch ich entscheide mich schlussendlich dafür, es mit zu nehmen.
"Wir haben noch viel zu bereden." sagt er und ich nicke, obwohl er es nicht sieht.
„Hier." er öffnet die Tür zu dem Zimmer, in welchem ich schon damals war, jedoch sieht es jetzt fast wie ausgewechselt aus. An den Wänden hängen plötzlich Bilder und auf der Fensterbank stehen Blumen. Auf dem Tisch liegen Notizblöcke mit Kugelschreibern und das Bett ist mit einer weißen Decke neu bezogen worden. Im vollen und ganzen wirkt das Zimmer plötzlich lebendig.
„Hast du das gemacht?" frage ich erstaunt und betrete es.
„Hmm"
„Woher.."
„Woher ich wusste das du wieder kommst?" Beendet er meine Frage und ich nicke.
„Gar nicht." er zuckt mit den Achseln. Seine Angewohnheit.
„Setz dich." er deutet auf das Bett, setzt sich aber selbst auf den Stuhl. Komm bitte zu mir!
„Was ist im Wald passiert, oder besser, was hast du dort gemacht?" fängt er sofort an mich auszufragen und ich bekomme das Gefühl, dass ich mich in einem verhör befinde.
„Ich wollte zu den Welpen."
„Zu den Welpen?" er lächelt.
Also eigentlich hatte ich ja gehofft das ich ihn dort treffe aber ihm sagen werde ich das unter keinen Umständen.
„Ich hab sie halt vermisst." Lüge ich obwohl es ja nicht ganz gelogen ist. Ich wollte sie wirklich sehen.
„Und wie hast du den Weg dahin gefunden?" interessiert an meiner folgenden Antwort, sieht er mich an.
„War schwer aber ich hab's wohl irgendwie geschafft."
„Und woher kennst du Brian?"
Damit hatte ich gerechnet.
„Lange Geschichte." weiche ich der Frage aus.
„Wir haben Zeit." Seine Augen durchbohren mich und obwohl zwischen uns ein Abstand von nur  zwei Metern besteht, fühlt es sich so an, als wäre er zehn Meter weiter weg.
„Ich kenne ihn von früher." sage ich in der Hoffnung ihm reicht das als Antwort.
„Was will er von dir?"
„Einen Neuanfang."
„Dann ist ja was zwischen euch vorgefallen?"
„Nein."
„Rose..." seine Stimme wirkt bedrohlicher doch macht noch einen freundlich Anschein.
„Wir waren jung.." fange ich an.
„Sind wir immer noch."
„...und beste Freunde aber irgendwann..." Ich stoppe und versuche nicht in Tränen auszubrechen.
„...da wollte ich mehr und er nicht..."
„Und was daran ist so dramatisch schlimm?" er hebt verwirrt eine Augenbraue. Er wird mich nicht verstehen.
„...ich bin einfach gegangen und nie wieder zurück gekommen. Sobald ich 18. wurde, bin ich mit Rebecca hier her gezogen." eine Träne verlässt mein Auge.
„Weiter?" Fordernd sieht er mich an.
„Seine Mutter, die für mich wie meine eigene war..." fahre ich fort doch ich bekomme es nicht über meine Lippen. Als ich aber plötzlich eine warme Hand um meine spüre, fällt es mir wieder etwas leichter.
„...sie hatte Krebs und ist gestorben. Er hat mich mehrmals kontaktiert, er hat seine beste Freundin gebraucht! Aber was hab ich gemacht? Ihn blockiert und nur an mich selbst gedacht. Ich war nicht mal bei der Beerdigung." Dylan griff um meine Hand wird stärker aber hat trotzdem noch etwas sanftes an sich.
„Weißt du was noch schlimmer ist?" Meine Stimme zittert.
„Was?"
„Er wurde von seinem Vater geschlagen. Ich hatte ihm versprochen gehabt, dass sobald ich 18 werden würde, wir von dort verschwinden würden." schluchze ich.
„Es ist nicht deine Schuld." versucht er mich zu beruhigen.
„Ich weiß, dass er nicht genug Geld hatte um sich etwas eigenes zu holen. Ich allein trage die Verantwortung für all seine Last!" Meine Gefühle überkommen mich wie ein Tornado. Alles in mir wird zum Chaos und Desaster.
„Schhh, es ist alles gut! Du kannst nichts dafür! Hör auf dir die Schuld dafür zu geben!" besorgt aber auch wütend sieht er mich an.
„Nur weil ich pubertierender Teenager nicht damit leben wollte, dass er jemand anderen liebt! Was weiß ich schon von Liebe!"
„Rose! Lass den scheiß! Du kannst nichts dafür, du kennst ihn nicht einmal!" er erhebt sich und stampft von Zorn erfüllt zum Fenster.
„Aber du schon oder was?" schreie ich zurück und stehe auch auf.
„Ja und glaub mir, er ist nicht für den du ihn hältst!"
„Was redest du da?" mit schnellen Schritten nähere ich mich ihm doch er schaut weiterhin aus dem Fenster.
„Rede mit mir!" Meine Tränen sind kaum aufzuhalten. Vorsichtig lege ich meine zittrige Hand auf seine Schulter und sofort wendet er sich mir zu.
„Hör auf zu weinen." Er legt seine Hand auf meine reche Backe und wischt mir mit seinem Daumen meine Tränen weg.
„Sag mir was du..." fange ich an doch auf einmal spüre ich sein warmen Lippen auf meinen. Sofort durchgeht mich ein warmes Gefühl und es ist als würde mein ganzer Körper unter Strom stehen. Noch nie hatte ich mich so lebendig gefühlt wie in diesem Moment.
Aus dem eben noch sanften Kuss, wird schnell ein stürmischer und unberechenbar Kuss. Seine Hände wandern an meiner Taille auf und ab und ich vergrabe meine Hände in seinen Haaren. Automatisch drücke ich mich an ihn ran und sofort spüre ich seine harte Erektion an meinem Schritt.
„Ich glaube ich muss dir noch einiges erzählen." hört er plötzlich auf und ich löse mich von ihm.
„Versprich mir, nicht in Panik zu geraten."
Versprechen liegen mir nicht.
Ich nicke und er greift nach meine Hand.
Können wir bitte da weiter machen, wo wir aufgehört haben?

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