Jennys Auftritt - Teil 2 (Jonas' Sicht)

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Mein Vater durfte heute bei der Probe dabei sein. Es war für mich eine kleine Erleichterung. Die Liveshows waren noch mal ein anderes Kaliber als die vorher aufgezeichneten Sendungen, wo im Nachhinein noch einmal nachretuschiert werden konnte. Da war es gut, eine vertraute Person dabei haben zu dürfen. Maël und ich holten ihn am Eingang ab und er nahm mich in den Arm. „Na, Großer. Alles gut?" Ich nickte grinsend und auch Maël begrüßte er mit einem Handschlag. Wir gingen zusammen ins Studio, wo die heiße Probe gleich stattfinden würde. Schon hinter der Bühne hörte ich das Klavier der Band einen Song spielen und ich fragte meinen Kumpel mit gerunzelter Stirn: „Sind wir zu spät dran?" Er schüttelte den Kopf und wirkte ebenso ratlos wie ich. Wir blieben am Eingang zur Bühne stehen. Wenn das wirklich schon die heiße Probe war, dann durften wir nicht weiter gehen, da wir sonst Gefahr liefen, ins Bild zu kommen. Eine Frau fing an zu singen. Ich erkannte nun ‚Never enough' aus ‚The Greatest Showman'. „Hey Jungs, ihr seid ja schon da. Hallo Achim." Nico taucht plötzlich hinter uns auf und begrüßte erst uns und dann meinen Vater. „Sag mal, haben wir etwas verpasst? Wer singt denn da?", fragte ich leise, um nichts von dem wirklich wunderschönen Gesang zu verpassen. „Nein, ihr habt nichts verpasst. Die hatten nur vorhin ein riesiges Problem mit der Technik und brauchten jemanden als Versuchskaninchen. Vielleicht guckst du selbst, wer es ist." Ich sah ihn verwundert an, doch er grinste nur. Ich setzte also einen Fuß vor den anderen, bis ich die Person erkennen konnte, die da so wundervoll sang. Sie trug schwarze Boots, eine blaue Skinny Jeans und eine helle Bluse, darüber einen schwarzen Cardigan. Auf der Stupsnase trug sie ihre runde Brille, die in ihrem feinen Gesicht so unglaublich riesig wirkte. Ihre schokobraunen Haare waren ein wenig aus dem Gesicht gebunden, fielen aber ansonsten glänzend über ihre Schultern. „Jenny", sagte ich leise und blieb stehen. In meiner Brust fing mein Herz an wie wild zu schlagen und ich wusste gar nicht, wie ich diese ganzen Eindrücke verarbeiten sollte. Sie stand da in dem Spotlight, die Augen geschlossen und fühlte jedes Wort des Songs. Ihr Gesang füllte das gesamte Studio und ich sah schon viele Leute im Dunkeln neben der Bühne stehen und andächtig zu hören. Ich bemerkte, dass Nico und Maël neben mich traten, doch ich sah nicht zu ihnen. Jenny nahm mich zu sehr gefangen. Ich ging noch ein paar Schritte weiter und setzte mich auf die Kante der Bühne. Ich könnte ihr ewig zusehen. Ich merkte, wie ich lächelte. Die letzten Wochen waren für mich im Bezug auf sie nicht einfach gewesen. Nach ihrer Abfuhr fiel es mir unfassbar schwer, mit ihr zu reden. Ich hatte bei den Sing Offs gesehen, wie sie bei Max' Auftritt geweint hatte und auch mich hatte der Auftritt sehr berührt. Ich wusste aber auch, dass sie vor den Aufzeichnungen sichtlich zerstört aus Nicos Garderobe gekommen war. Jedoch konnte ich nicht verstehen, was in ihrem Kopf vorging. Als sie mich am Abend nach den Dreharbeiten zum Tanzen aufgefordert hatte, sind in meinem Kopf die Sicherungen durchgebrannt. Ich kam mir von ihr verarscht vor und wusste beim besten Willen nicht, wie ich mit ihr umgehen sollte. Seitdem war Funkstille gewesen, wie Nico es mit ans Herz gelegt hatte, bis wir uns vor einer Woche in den Proben wiedergesehen hatten. Wir redeten ganz normal miteinander und ich fühlte dabei nichts Besonderes. Bis jetzt. Sie schaffte es mit ihrer Performance, mich komplett vom Hocker zu hauen. Obwohl ich vermutlich allen Grund hätte, sie zu hassen, konnte ich es einfach nicht. Ich war immer noch total verknallt in sie. Sie hatte mich zu sehr in ihren Bann gezogen und meine Gedanken kamen einfach nicht von ihr los. Das war auch im letzten Monat zwischen den Dreharbeiten so gewesen, obwohl ich dort versucht hatte, sie aus meinem Kopf zu verdrängen. Aber in Wirklichkeit hatte ich sie sehr vermisst. Sie brachte den Song zu seinem Höhepunkt und immer noch saß jeder einzelne Ton perfekt. Sie breitete die Arme aus und gab ihrer Stimme so noch mehr Freiraum. Ich bekam eine Gänsehaut und mir stiegen die Tränen in die Augen. Alter, war das schön. Der Song endete mit dem letzten Ton am Klavier und im Studio war es totenstill, bevor der jubelnde Applaus losbrach. Ich hatte nicht mitbekommen, wie auch die anderen Halbfinalisten und Coaches ins Studio gekommen waren und so wischte ich mir schnell mit der Hand über die Augen, bevor ich aufstand. Nico stellte sich neben mich. „Seit wann kann sie das?", fragte ich und musste mich dabei räuspern. Er lachte und klopfte mir auf die Schulter. „Schon immer, Jonas. Sie hatte es dir nur noch nicht gezeigt. Aber schön, dass sie dich immer noch so umhaut wie am ersten Tag. Ich hoffe, du kannst ihr vielleicht irgendwann verzeihen." „Ich denke, das habe ich schon."

Don't leave me, Johnny || Maël und Jonas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt