| Emma |
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, wagte ich es kaum die Augen zu öffnen. Am Liebsten wäre ich direkt wieder eingeschlafen, um mich all dem, was mich erwartete, nicht stellen zu müssen.
Lieber wäre ich nackt neben Harry aufgewacht und hätte einen Filmriss gehabt, als das, was am vergangenen Abend passiert ist. Ich wusste sehr wohl, was ich getan, oder viel mehr gesagt hatte. Ich hatte jegliche Distanz verloren und Harry Dinge gesagt, die nie für seine Ohren bestimmt waren. Sie waren für niemanden bestimmt gewesen. Ich hatte sie tief in mir verborgen gehabt und nie aussprechen wollen - bis gestern.
Dafür, dass ich gestern Abend behauptet hatte, keine Emotionen zeigen zu können, hatte ich einen ziemlichen Gefühlsausbruch gehabt.
Harrys Wein und seine verfluchte Aura hatten mich dazu getrieben.Ich weiß nicht, wie lange ich schon in meinem Bett gelegen und gehofft hatte, alles geträumt zu haben, bis mich ein zögerliches Klopfen an meiner Zimmertür zusammenzucken ließ. Selbst ohne Aufzusehen, wusste ich, wer kurz darauf eintrat.
„Guten Morgen", hörte ich Harrys dunkle Stimme. Ich wollte ihn nicht ansehen, ich schämte mich viel zu sehr. „Ich wollte lieber mal nach dir sehen. Wie geht's dir?"
Es war gewiss bloß wieder lieb gemeint, doch damit machte er mein Unbehagen nur noch schlimmer. Nun rappelte ich mich doch hoch und stützte mich auf meine Unterarme.
„Ich hab' mich gestern nicht volllaufen lassen, Harry", seufzte ich. „Ich hab' keinen Kater."„Das nicht", erwiderte er verstehend. „Aber dir ging's gestern trotzdem nicht gut."
„Mach dir darüber mal keine Sorgen", winkte ich ab.
Ich wollte diesen Abend einfach nur vergessen. Dazu musste Harry aber mitziehen.
Sein ernster Gesichtsausdruck ließ mich allerdings daran zweifeln.„Ich mach mir keine Sorgen. Dafür hab ich mir aber Gedanken gemacht", redete er weiter und machte nicht den Eindruck, das Thema fallenlassen zu wollen. „Willst du sie hören?"
Ich wusste selbst nicht, was meine ehrliche Antwort auf diese Frage war. Harry würde mir aber ohnehin keine Ruhe lassen, dessen war ich mir sicher.
„Bevor du noch ein Lied darüber schreibst, spuck sie lieber direkt aus", sagte ich also und seufzte müde.Er zog leicht grinsend einen Mundwinkel nach oben, als er sich auf dem verlassen wirkenden Sessel, der neben dem Bett in der Ecke stand, niederließ. Ich fühlte mich, als würde er mir einen Krankenbesuch abstatten. Ähnlich erbärmlich fühlte ich mich auch.
„Du hast doch gesagt, dass du noch nie geliebt wurdest und deshalb selbst nicht weißt, wie das gehen soll", wiederholte er meine jämmerlichen Worte des letzten Abends, was mich innerlich sofort wieder zusammenzucken ließ. Dass mir all diese Worte tatsächlich über die Lippen gekommen waren, konnte ich immer noch nicht glauben.
„Du musst nichts von gestern wiederholen", warf ich ein und klang dabei nahezu flehend. „Ich erinnere mich."
Wieder schmunzelte Harry leicht und faltete seine Hände, ehe er sie auf seinen Beinen ablegte. „Na schön, aber dennoch -", sprach er weiter, lehnte sich nach vorne und sah zu mir auf. „Ich glaube nämlich nicht an deine Theorie. Ich glaube sehr wohl, dass du lieben kannst und auch, dass du schon mal geliebt wurdest."
Stumm saß ich in meinem Bett und starrte auf die graue Bettdecke vor mir. Himmel, war mir diese Situation unangenehm. Am Liebsten wäre ich auf der Stelle im Erdoden versunken.
„Vielleicht nicht von deiner Mutter, aber Liebe kommt in so vielen verschiedenen Formen. Bestimmt siehst du sie manchmal gar nicht."
Diese gesamte Situation war eine dieser Peinlichkeiten, bei denen einem ganz heiß und kalt wurde. Es war kaum auszuhalten, so unwohl fühlte ich mich bei dieser Unterhaltung.
„Bitte, Harry", platzte es aus mir heraus. „Vergessen wir das einfach. Ich will nicht -"
DU LIEST GERADE
Big Tip || h.s. ✓
Fanfic»Mein ganzes Leben besteht aus Erwartungen! Nicht aus meinen Eigenen, ich erwarte längst nichts mehr von mir. Aber jeder Andere sieht mich an und glaubt zu wissen, was er von mir verlangen kann. Du denkst vielleicht, es wäre schlimm, dass die Leute...