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pov Chan

"Chan-hyung, kannst du mir bitte mein Wasser geben? Das, wo das Etikett schon fast abfällt." rief Jisung durch das gesamte Zimmer. Es hallte sehr in dem Proberaum, in dem wir zu acht saßen, was er sich zu nutzen machte. Ich hatte nämlich gerade meine Kopfhörer in den Ohren und hätte ihn somit vielleicht gar nicht gehört. Mein Kopf drehte sich zu ihm, schaute ihn genervt an, aber trotzdem brachte ich ihm seine Flasche. Natürlich, ich war einfach zu nett. "Danke chaniiieee" sagte Jisung und betonte natürlich das i ganz besonders. Ich konnte nicht anders als zu schmunzeln. Unsere Truppe lag mir echt am Herzen. Auf meinem Weg zurück an meinen ursprünglichen Platz striff mein Blick aber den Grund, warum ich regelmäßig sehr angespannt war: Felix. Ich nahm mein Handy aus meiner hinteren Hosentasche und tat so, als würde ich meine Nachrichten checken. Oh man, da war sie schon wieder. Meine social awkwardness wenn es um Felix geht. Ich hasste mich dafür, aber es war wie ein natürlicher Reflex, den ich nur sehr schwer unterdrücken konnte. Wieder bei meinem Platz angekommen hörte ich von links nur den Kommentar "du machst das so offensichtlich, was ein Wunder, das niemand das merkt" "shut up" zischte ich Changbin nur zu. Die einzige Person, der ich von meinen Problemen erzählte.

Zurück in unserem Apartment gingen alle auf ihre Zimmer, da das Training echt anstrengend  gewesen war. Während ich duschte hingen meine Gedanken noch beim Training. Beim Tanz, den wir gerade probten, aber natürlich vorallem bei Felix. Als wir uns kennenlernten haben wir uns so gut verstanden, nicht nur unser oberflächliches Aussie Band, auch tiefergehender verstanden wir uns so gut. Doch irgendwann gab es da diese unsichtbare Barriere, ob sie nur einseitig war kann ich nicht ganz beurteilen, aber sie war irgendwann da. Mir wurde es immer unangenehmer ihn zu sehen, an ihm auch nur vorbei zu laufen. Dabei sehnte ich mich doch so nach seiner Nähe. Nur wenn wir zusammen arbeiten müssen, beim Tanzen oder Songs aufnehmen, hält sich mein Unbehagen in Grenzen, aber davon abgesehen fühle ich mich nicht wohl in seiner Gegenwart. Und ich habe keine Ahnung was ich tun soll.
Während ich in Gedanken war merkte ich wie Tränen meine Wangen herunter liefen. Daran hatte ich mich langsam gewöhnt. Seit ungefähr einem Jahr hatte ich diese Gefühle nun und kurz danach fing ich an täglich zu weinen. Dass, obwohl ich ein sehr fröhlicher und positiver Mensch war. Aber ich schätze es ist nicht möglich rund um die Uhr fröhlich zu sein.
Ich wischte mir also die Tränen weg, beendete meine Dusche und betrachtete mich im Spiegel. Ich sah ganz gut aus heute, meine Haut war so rein wie lange nicht mehr, meine Haare hatten genau die richtige Länge zur Zeit und das Training machte sich auch bezahlt. Meine Haare föhnte und stylte ich, da wir heute Abend noch einen Livestream machen wollten. Darauf freute ich mich. Mit mir, Changbin, Minho und Hyunjin würde es bestimmt nicht langweilig für die Zuschauer.

Der Stream hatte echt Spaß gemacht, ich vergesse manchmal wie unglaublich lustig Hyunjin ist, und vorallem hat es mich von meinen Problemen abgelenkt. Ich lief mit Minho durch unseren Flur in Richtung der Zimmer, als uns Felix entgegen kam. Natürlich Felix. Aber er beachtete uns nicht, da er mit seinem Handy beschäftigt war. Genau der Moment, wenn wir an einander vorbeilaufen, wie jetzt gerade, kribbelt es überall in mir. Aber ein unangenehmes Kribbeln. Als würde ich gleich umkippen. Direkt danach ist es wieder weg, aber ich hasse dieses Gefühl so sehr. Ich verabschiedete mich schnell von Minho und verschwand in mein Zimmer. Jeder Tag lief so ab. Ich mied Felix' Gegenwart, aber gerade so, dass es noch unauffällig ist. Changbin findet das zwar nicht, aber solang die anderen nichts sagen, dürfte alles gut sein. Schnell wechselte ich meine Klamotten und legte mich schlafen. Diese immergleichen Tage machten mich müde.

Wieder einmal hatten wir Tanztraining. Unsere jetzige Choreo war ziemlich komplex. Als wir fertig waren, hielten wir uns noch ungefähr eine halbe Stunde im Übungsraum auf um entweder zu entspannen oder noch ein bisschen allein zu üben. Changbin war nach dieser halben Stunde so genervt von meinem Verhalten. Ich hatte die ganze Zeit damit verbracht, immer wieder Felix, der mir den Rücken zudrehte und sich irgendein Tanzvideo ansah, kurze Blicke zuzuwerfen, aber ja nicht zu lang. Changbin ist ziemlich extrovertiert und ein Menschenfreund, deswegen versteht er mein Verhalten nicht, aber ich mach das doch auch nicht freiwillig.
"Ok, Felix und Chan, ihr seid dran mit aufräumen!" rief Changbin während wir zusammen packten. Ich warf ihm einen genervten Blick zu, da ich wusste das wir eigentlich nicht dran sind, aber widersprechen würde wohl auch nichts bringen. Die anderen verließen also den Raum und ich war mit Felix alleine. Als wir gerade anfangen wollten, hörten wir ein kurzes Geräusch und konnten unseren Ohren nicht trauen. Wir rannten zur Tür, aber diese war tatsächlich zugesperrt. Ich nahm mein Handy zur Hand und öffnete, natürlich, den Chat mit Changbin.
"mach was draus du Feigling" laß ich nur. Ich hasste ihn so sehr.
"Tut mir leid, ist wohl ein sehr schlechter Joke von Changbin" sagte ich beschwichtigend zu Felix. Meine unbenennbaren Gefühle konnte ich bis jetzt immer gut verstecken, mir wurde schon von klein auf gesagt ich hätte Talent zum Schauspielen.
"Passt schon. Solang er uns raus lässt bevor meine Serie anfängt, ist doch alles cool. Zumindest haben wir hier gutes Netz." sagte er und lächelte mich an. Oh Gott, er ist so unglaublich süß, wie kann ein einziges Lächeln so viel in einem Menschen auslösen. Ich nickte nur lächelnd und fing an aufzuräumen. Als wir fertig waren setzten wir uns nebeneinander an eine Wand und redeten ein bisschen. Langsam lockerte sich meine innere Anspannung, aber komplett verschwinden wollte sie nicht. Felix schien mir aber auch nicht ganz relaxed zu sein, ab und zu sah ich, das seine Hand unglaublich zitterte. Könnte auch Einbildung sein, aber ich beobachte Felix so oft, ich weiß das es keine ist. Das klingt gruselig und nicht ganz gesund, ich weiß, aber er ist so faszinierend.
Felix hielt gerade einen Monolog über Instagram, ich hörte ihm gespannt zu und schaute ihn durchgehend an. Jedes Detail an ihm war wunderschön. Ab und zu nickte ich. Langsam, so langsam das ich selbst es garnicht bemerkte, näherte sich mein Körper dem von Felix. Besonders mein Kopf schien magnetisch angezogen von dem seinen.
"Chan-hyung?" riß er mich aus meinen Gedanken. "ja?" sagte ich und guckte ihm direkt in die Augen, die nur ein paar Zentimeter vor meinen waren. Scheiße, was habe ich da nur für eine Situation geschaffen, nur weil ich Felix so nah sein will wie möglich. Aber mein Körper war zu star um sich wieder von ihm zu entfernen. Er wird mich hassen. Ich wollte das alles hier gar nicht. Doch zu meinem Verwundern fixierte Felix mit seinen Augen meine Lippen an und näherte sich mir auch langsam. Warte, was? Könnte es vielleicht sein, das...?
Ich konnte nicht zu Ende denken, denn vorher landeten Felix' Lippen auf meinen und mein Kopf war wie leer gepustet.
wow.
Sofort löste sich meine Starre, ich schloss die Augen und legte meine Hände um seinen Hals. Mein normales Denken schaltete aus und ich ließ mich von meinen Begierden leiten. Felix' Lippen waren, wie zu erwarten, unglaublich weich und ich genoß jede Sekunde, in denen sie meine berührten. Nach einer unschätzbar langen Zeit lösten wir uns voneinander. Kein Wort sagten wir. Ich sah ihm direkt in seine Augen, die schönsten die ich je gesehen habe, und genoss den Moment. Unerwarteter weise löste er sich aus meinem Griff und stand auf, nur um kurz danach wieder weinend zusammen zu brechen. Ich war kurz überfordert mit der Situation, dann setzte mein normaler Verstand wieder ein und ich nahm ihn in den Arm.
"Hey, alles gut? Tut mir leid, ich wollte dir nicht zu nah kommen." sagte ich so ehrlich wie es mit meiner inneren Barriere ging. Er schluchzte und zog mich ganz nah an sich. Seine Hände, die gerade noch auf meinem vom Tshirt bedeckten Rücken lagen rutschten unter mein Oberteil und ich hätte fast das selbe getan, einfach nur um mehr von seiner weichen Haut zu spüren, aber ich glaube nicht, dass dies gerade angebracht wäre. Also wartete ich, bis er sich beruhigt hatte und wiederholte meine Frage nochmal. Er antwortete mir mit einem erneuten Kuss. Danach sagte er: "Es tut mir so leid, wirklich. Alles ist meine Schuld." Ich wischte ihm die Tränen aus dem Gesicht und erwiederte dann "Was genau meinst du? Der Kuss gerade war doch irgendwie meine Schuld." Bei dem Wort 'Kuss' musste ich alle Kraft aufbringen um es ohne Unsicherheit auszusprechen. "Nein, das meine ich nicht. Das es so lang gedauert hat. Ich mag dich schon so lange, aber..." wieder unterbrechen seine Tränen ihn.
"Das stimmt doch nicht. Ich bin viel mehr Schuld. Du weißt gar nicht, wie sehr ich mich von dir fern gehalten habe, weil ich meine Gefühle nicht einordnen konnte. Mir tut es so leid." und schon war es bei mir auch soweit. Tränen liefen meine Wangen herunter, so viele wie noch nie zuvor. Was eine armselige Szene das ganze gerade abgeben muss. Ich legte meine Hände wieder an seinen Hals und küsste ihn erneut. Ich spürte die Tränen auf seinen Lippen.
Langsam vernebelte der Kuss mir wieder den Kopf und ich strich mit meiner Hand über sein Tshirt, bis ich sie darunter verschwinden ließ. Ich tastete sein leichtes Sixpack ab und es fühlte sich so gut an. Wieder lösten wir unseren Kuss und ich nahm Felix, den meiner Meinung nach wunderschönsten Mann im Universum, auch mit verheulten Augen, in den Arm. Mein Kopf platzierte ich auf seiner Schulter und er tat das selbe. Nie wieder wollte ich mich von ihm lösen. Doch natürlich wurden wir unterbrochen. Erst ein Geräusch, dann ein leichter Lichtstrahl deuteten auf Changbins Wiederkehr hin. Ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und sah ihn peinlich berührt an. Er lächelte nur. So sehr ich ihn auch für diese Aktion hasse, er hat echt was gut bei mir.

{social awkward} Chanlix ff oneshotWo Geschichten leben. Entdecke jetzt