Die nächsten Tage sah Freya Sören nur kurz und sie waren nie allein. Ihren Gedanken waren verwirrender als zuvor und sie schaffte es einfach nicht diese zu ordnen.
Die Hochzeit war vorbereitet und sollte schon in wenigen Stunden stattfinden. Und Freya zermarterte sich das Hirn, wie sie aus der Nummer wieder rauskommen konnte. Eigentlich war sie jemand der sein Wort hielt. Doch sie hatte eigentlich nie vorgehabt, dieses auch zu halten.
Es war kälter geworden. Der Schnee hatte beinahe nicht mehr aufgehört zu fallen. Und die Kälte passte perfekt zu Freyas Gemüt.
Freya hörte wie Elisa zu Bett ging und drehte sich um. Sie lag schon seit einiger Zeit und schaffte es nicht einzuschlafen. Immer hatte sie sich dagegen gesträubt es zuzugeben, denn das hätte sie schwach gemacht, doch sie hatte Angst. Sie hatte Angst davor Nils zu heiraten.
Elisa hatte ihr erklärt, es sei völlig in Ordnung ein flaues Gefühl zu haben, doch Freya bezweifelte, dass Elisa das gemeint hatte.
Vor einige Stunden hatte Freya ihren Beutel gepackt und dachte immer noch daran einfach abzuhauen. Sören zu wecken und mit ihm über die Balustrade. Schon einmal hatte sie diese Hochzeit verschoben und es nicht wirklich geschafft sie abzusagen aber niemals würde sie ein zweites Mal gehen können und dann wieder kommen. Sie wollte Nils nicht verletzen. Er war ein Freund und genau das war das Problem. Er war nur ein Freund.
Freya schreckte auf als sie ein leises Klopfern an der Tür hörte. Sie griff nach dem Pelz und schlich zur Tür um sie so leise wie möglich zu öffnen.
Sören sah Freya an. Er blickte sie lange an und verdrängte den Gedanken, dass es das letzte Mal sein könnte. „Ich..." Fing er an, stoppte aber. Kurz schloss Sören die Augen und atmete tief ein. „Ich wollte mich verabschieden." Flüsterte er leise, darauf bedacht Elisa nicht zu wecken.
Freya starrte ihn an. „Warum?" Freya klang geschockt und vergaß beinahe die Stimme zu senken. „Ich gehe. Ich ziehe weiter und treffe mich mit meinen Männern in den südlichen Ebenen." Sagte er weiter und versuchte sich jedes Details ihres Gesichts einzuprägen.
„Du kannst nicht gehen." Freya klang atemlos. „Ich werde nicht zusehen." Sören hatte nicht vor gehabt darüber zu sprechen und daher erschreckte ihn diese Antwort. An Freyas fragendem Gesicht erkannte er, dass sie ihn nicht verstand. „Ich werde nicht zusehen, wie du ihn heiratest. Deshalb werde ich gehen. Jetzt." Sören bemühte sich um einen ruhigen Ton, konnte die Verbitterung aber nicht vermeiden.
Freya starrte ihn nur an. Sie begriff nicht, was er gerade gesagt hatte oder wollte es nicht. Denn noch immer dachte sie daran, dass er gehen wollte. Und er war nicht hier, um sie zu holen.
Sören ließ sie allein obwohl er ihr doch versprochen hatte ihr zu Folgen. Egal wohin sie ging. Doch sie erinnerte sich. Er hatte es nicht versprochen, er hatte es ihr gedroht. Jetzt wäre sie über diese Drohung froh.
Warum hatte sich nur alles verändert? Was sollte das? Warum hatte sie nicht die Flucht ergriffen, als sie die Balustrade sah.
Sören sah sie an. Er musste es tun, musste sie ein letztes Mal Berühren. Sanft legte er seine Hand auf ihre Wange. Doch mit einem Ruck riss er sie an sich und presste seine Lippen auf die ihren. Dieser Kuss hatte nichts von dem, den er von Freya bekommen hatte. Dieser war wilder und er wurde erwidert. Freya griff nach dem Fell, das um seine Schultern lag und zog ihn an sich. Sie passten perfekt aneinander.
Seine Lippen waren fordernd und hart. Doch gleichzeitig konnte sie nicht begreifen wie sanft er war.
Plötzlich riss er sich los, blickte sie ein letztes Mal an und verschwand in der Dunkelheit. Panisch stand sie in der geöffneten Tür. Überfordert und alleingelassen.
Sie konnte nicht an ihndenken und nicht daran das er ging, denn das tat zu sehr weh. So stark war siedann doch nicht, das war ihr nun klar. Aber er? Er war es. Er war es immergewesen. Er hatte alles überlebt.
Den Tod seines Vaters, barbarischabgeschlachtet von den Stämmen des Südens. Den Tod seines Bruders, gemeucheltvon Räubern des Ostens. Jeden Schmerz den er jemals gefühlt hatte erbeseitigen können. Er brauchte nur Ablenkung und Abstand. Den würde er kriegen.Er ging. Ohne einen Blick zurück. Ging er. Er wollte und konnte das nichtsehen. Es würde seine Seele zersplittern. Also lief er. Raus aus dem Dorf reinin den Wald.
Der Schneefall wurde immer dichter und die Sicht wurde weniger.Doch er lief weiter. Dazu musste er sich nicht zwingen. Er wollte das beinaheso sehr, wie er sie wollte. Er wusste nicht wie lange er gelaufen war. Erkannte sich hier kaum aus und trotzdem schluckte er, als er kurz darauf dieHöhle sah.
Hier war er das erste Mal darauf gekommen, dass er sie wollte. Dochjetzt wusste er auch dass er sie nicht nur wollte, sondern auch Liebte. Er warverrückt nach ihr. Sie machte ihn Wahnsinnig. Sie war so unverständlich fürihn. Sie war einfach so unglaublich. Er konnte nicht verstehen, wieso sie sowar, wie sie nun mal war. Aber er liebte sie.
Er lehnte sich mit den Händengegen den kalten Stein. Schweratmend lehnte er auch noch seinen Kopf dagegen.Er schloss die Augen. Doch da sah er sie. Wild und wunderschön. Er riss sieauf. „Oh Gott hilf mir." Flüsterte er in die Dunkelheit.
Doch der schienihn nicht zu hören. Hier in den immergrünen Ebenen, den dunklen Ebenen so nah, konnte keiner seiner Götter ihn hören.
Sören wusste nicht was er tun konnte. Am liebsten würde ergleich Morgen zurück nach Hause reisen. Obwohl ihn nichts reiztezurückzukehren. Doch was konnte er schon tun? Er war alleine und unmotiviert.Mit voller Wucht schlug er auf den Stein. Knackend riss er seine Faust zurück.Er schien vergessen zu haben, dass er zwar stark war aber nicht stärker als dermassive Felsen vor ihm war.
Er griff mit der anderen nach seiner Hand und rieb sie. Doch der Schmerz war nur ein schwacher Abklatsch dessen, was in seinem inneren gerade abging. Blutend stand er da.
„Was hast du getan?" Schoss es aus ihrem Mund.Geschockt rannte Freya auf ihn zu. Sie griff nach seiner Hand und konnte nichtfassen, dass er so dumm gewesen war und seinen Schutz aufgab.
Ohne seine Händewürde er sich nicht verteidigen können. Er starrte sie an. Er roch ihren Duft,spürte ihre Hände. Sie war hier. Zärtlich berührte er siemit seiner Freien Hand. Strich über ihren Rücken. Berührte ihre Haare. Erwollte sie. Daran hatte sich nichts geändert. Doch wollte er dass sie ihn auchwollte. Das hier musste ein Traum sein.
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FREYA - Im Auge des Sturms (Band 1)
Fantasy(Überarbeitete Version von Sturmgestöber.) Freya hatte keinen Plan gehabt. Meistens wollte sie nur genau das Gegenteil von allen sein. Sie wollte keine Frau sein, die kochte und Körbe flechten. Sie war eine Kriegerin. Wie ihr Vater. Doch das Land w...