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Der Schlaf klebte ihr noch in den Augen. Nach den letzten zwei Wochen spürte Freya die Routine die ihr morgendliches Treiben ausmachte. Sie stand auf und machte sich fertig. Sie verließ die Hütte und machte sich auf den Weg zu den Frauen des Dorfes dort fielen ihr dann Aufgaben zu, wie beispielsweise die Herstellung von Trinkschläuchen. Sie verabscheute diese Routine. Sie hatte diese schon gehasst da war sie keine zwölf Jahre alt.
Früher war sie mit ihrem Vater lieber auf Jagd gegangen. Aber lieber tat sie das als auf Jagd zu gehen mit Nils. Das konnte sie nicht. Oder sie wollte es nicht. Er hatte es ihr mehrmals angeboten in den Jagdtrupp zu kommen, doch sie hatte es nie gewollt. Nils war es schon aufgefallen, doch er machte sich nichts daraus.
Sein Vater hatte die Hochzeit verschoben, bis auf weiteres und Freya hatte es kaum bemerkt. Die letzten Wochen waren wie ein Film an ihr vorbeigezogen. Es war wie früher. Es war nicht das, was sie wollte. Beim letzten Mal war sie gegangen. Doch sie konnte nicht gehen. Nicht schon wieder.
Nils kam auf sie zu. Sie hob den Kopf und sah ihn an. „Guten Morgen." Sagte er etwas verunsichert. „Ich soll dir nur sagen dass meine Schwester dich erwartet. Wegen des Kleides." Brachte er vorsichtig hervor. Doch auch er konnte sein Lächeln nicht überzeugend verkaufen. Er war genauso unglücklich wie sie. Freya wusste, dass er sie liebte, doch er wusste, dass Freya ihn nicht lieben konnte. Freya nickte.
Sie klopfte ihre Hände ab und lief an ihm vorbei. Früher einmal waren sie die besten Freunde gewesen. Doch das waren sie nicht mehr. Sie waren Fremde. Fremde mit einer Vergangenheit. Mehr nicht. Denn sie würde ihn heiraten. Den Mann vor dem sie geflüchtet war.
Freya schob das Fell beiseite, das den Eingang der Hütte bedeckte und trat hinein. „Freya. Endlich bist du da. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Das weißt du doch."
Mechanisch nickte sie. Elisa fing an herum zu laufen und kramte. Dann stand sie vor Freya. „Na los zieh dich aus." Freya gehorchte.
Sie zog sich das Kleid aus und ließ sich von Elisa in ein anderes zwängen. Es war schön, das fand Freya. Doch das Kleid passte nicht zu ihr. Ein Hochzeitskleid. Das war nichts für sie. „Du bist wirklich wunderschön." Sagte Elisa leise. Freya sah an sich hinunter. Sie trug das weiße Kleid. Es ging bis zum Boden. Stickereien an den Ärmeln und am Saum. An der Taille lag ein Gürtel. Er zeigte ihre Figur.
Über den Schultern lag ihr ein weißes Fell. Es war das Fell eines Alphawolfes. Das Weibchen eines Rudels. Dieses Fell ließ sie schaudern. Sie beneidete Wölfe immer und sie verabscheute es diese stolzen Tiere zu Häuten.
Doch ihre Gedanken wechselten schlagartig. Sie hörte die Hufen einiger Pferde. Laut trabend waren sie in das Dorf gekommen. War es ein Angriff? Das konnte nicht sein. Dazu war es zu leise. Niemand schrie. Doch trotzdem griff Freya nach ihrem Schwert und verließ die Hütte. Stotternd lief Elisa ihr nach. Sie wollte, dass Freya sich umzog. Doch sie achtete nicht auf Elisa. Freya lief auf den Hauptplatz zu. Erstarrte blieb sie stehen. Dort herrschte kein Kampf. Dort umarmten sich Menschen.
Die Absurdität dessen was sie sah wurde ihr bewusst und entsprechend musste Freya aussehen. Sie ging zu Lachlan. Ein Reflex. Er sah sie an aber beachtete ihren Aufzug nicht weiter. Plötzlich trat ein Mann zu Lachlan. Er würdigte Freya keines Blickes. Doch das war ihr auch gleich. „Lachlan. Die Heiße Ebene ist nicht zu betreten für uns. Männer in großer Zahl. Sie nehmen sie gefangen und halten sie Fest. Männer, Frauen, Kinder, selbst Alte und Kranke. Sie zwingen sie zur Arbeit. Die Männer sterben in großer Zahl."
Freya musste sich beherrschen nicht zu schnauben. Die Männer starben. Der Rest war nichts wert. Sie hasste diese, viel zu oft vorkommende Haltung. „Sie haben auch Männer aus diesem Stamm. Selbst Männer aus den Südlichsten Ebenen haben sie. Aus jeder Richtung haben sie die Sklaven." Freya lachte auf. Der Mann blickte sie an. Er erwartete dass sie ihren Blick abwenden würde. Doch Freya schenkte ihm nur einen verachtenden Blick.
„Was ist, Weib?" Spuckte der Mann aus. Freyas Laune sank. Am liebsten hätte sie, ihn mit dem Schwert die Haut entfernt. Doch das würde wahrscheinlich als äußerst feindlich angesehen werden.
„Wenn ihr die Heiße Ebene nicht betreten könnt woher wisst ihr wer dort ist? Wollt ihr damit euren Mut und eure Kunst des Schleichens beweisen?" Fragte Freya leise. Doch er antwortete nicht. Er wandte sich an Lachlan. „Wer ist das?" Freya lachte auf. Männer die hinter dem Fremden standen sahen sie an. Lachlan reagierte kaum. Ein kurzer Blick auf Freya war seine Reaktion, doch er konnte sich ein kleines Grinsen nicht verkneifen. Lachlan kannte Freya und ihr Temperament und war kaum überrascht. Freya lief an ihm vorbei. Der Fremde folgte ihr mit seinem Blick. Sie verbeugte sich vor ihm während sie sich umdrehte. „Ich, edler Krieger, bin Freya aus Borun. Die einzige Überlebende meines Dorfes." Sagte sie. Sie stieß ihr Schwert in den Boden und sah den Fremden an. Der Fremde reagiert nicht. Doch Freya erkannte ein wenig Missmut in seinen Zügen. Freya spornte es noch mehr an, dass er sie lästig fand. Doch nach etlichen Sekunden stellte sich der Fremde vor.
„Mein Name ist Nicklaus aus Wron." Seine Überheblichkeit ließ Freya schlecht werden. Er war der Sohn des Mannes der das Bündnis der Dörfer schloss. Er hatte nicht viel von seinem Vater. Sie hatte ihn kennengelernt und er war nicht so überheblich gewesen.
Vielleicht aber wollte Freya das auch nur glauben. „Nun Nicklaus aus Wron, was schlagt ihr vor, das wir tun?" Nun war Nicklaus daran zu lachen. „Wir? Wen meint ihr? Euch? Ich denke nicht das ihr etwas tun könnt." Sein Blick fuhr an Freya hinunter. Dann wandte er sich Lachlan zu.
„Wir werden versuchen so viele Menschen zu holen wie wir können. Stellt ihr uns Krieger zur Verfügung?" Es war keine richtige Frage denn Lachlan hatte kaum eine Wahl. Er nickte. Als wäre es selbstverständlich.
„Wir reiten morgen früh." Damit lösten sich die Gruppen auf. Doch Lachlan rief noch einmal nach Nicklaus. „ Ihr solltet die besten Krieger bekommen. Deswegen, werde ich dafür sorgen das alle mitgehen." Sobald er geendet hatte drehte er sich um und ging. Als er an Freya vorbeiging lächelte er ihr zu. Freya griff nach ihrem Schwert und rannte zu Elisa.
Sie musste diesen Fetzen loswerden. Als Elisa stehen blieb, sah sie sich um und erkannte Nils, der nur wenige Meter von ihr entfernt stand und sie anstarrte. Sofort blickte sie an sich herunter. Nur wenige Minuten hatte sie ihre Kleider gewechselt. Elisa machte einen aufstand, doch Freya ignorierte es. Hastig zog sie sich um. Sie trug die Kleider die sie bei der Ankunft in Rorun trug. Zwei Dolche, zwei Schwerter. So war sie immer gelaufen. Sie lief zielstrebig in das Zelt der Wachen. Frauen waren dort eigentlich nicht erlaubt. Doch Freya war das egal. Genauso egal wie es ihr war, dass sie von allen angestarrt wurde. Vor allem Nicklaus aus Wron. Sie hasste es wie er sie ansah.
Sie ging auf Nils zu. „Freya was tust du hier?" Flüsterte er in ihr Haar. Sie lachte leise. „Du kennst mich gut genug." Er nickte. Er verstand sie. Auch wenn sie in den letzten Tagen gedacht hatte, dass Nils sie nicht mehr kannte und dass sie nichts mehr gemeinsam hatten, lächelte sie darüber.
„Ich kann das nicht entscheiden." Sie nickte und küsste ihn auf die Wange. Er freute sich über diese kleine Zärtlichkeit. Dann ging sie zu dem Mann den sie wirklich nicht mochte. Sie setzte sich neben ihn und griff nach seinem Met. Sie trank einen Schluck. Es brannte in ihrem Hals, doch sie hatte diesen Geschmack vermisst.
„Also Nicklaus aus Wron. Ich denke ihr wisst warum ich hier bin. Natürlich könnt ihr Nein sagen." Er wollte etwas sagen doch Freya hob die Hand um ihn davon abzuhalten. „Doch werde ich euch folgen. So müsst ihr mich wohl oder übel ertragen." Sie lächelte ihn an und stand auf.
Mit einem Lächeln verließ sie die Hütte. Sie hoffte nur er würde nicht so starrköpfig sein. Freya war müde und wollte für den Morgigen Tag bereit sein und so legte sie sich hin und versuchte zu schlafen. Der Schlaf kam auch schnell und zog sie in eine undurchdringbare Dunkelheit. Endlich würde sie etwas tun. Draußen. In der Welt die viel eher ihr zu Hause war als Rorun es je war. 

FREYA - Im Auge des Sturms (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt