When we met

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,,Hey, Freak!", riss mich Luke aus meinem Deutschkurs aus meinen Gedanken, ,,Was hockst du hier so rum, wie eine Besessene?" ,,Ich hab nur über was nachgedacht", nuschelte ich eine Antwort. ,,Hab ich gesagt, Mülltonne öffne dich oder warum redest du mit mir?", entgegnete Luke schnippisch, ,,Ich wollte nur erreichen, dass du deinen Arsch von der Couch weg bewegst." ,,Tut mir leid", stammelte ich eine kurze Entschuldigung und verzog mich sofort von der Couch, um aus der Hotellobby in meine Suite zu verschwinden. 

Die anderen auf dieser Abschlussfahrt hatten einfache Zimmer im ersten Stock, aber mein Vater hatte darauf bestanden, mir eine der luxuriöseren Suiten zu buchen.

Als Chirurg verdiente er nicht gerade schlecht.

Aber leider brachte mir das auch nicht mehr Beliebtheit ein. 

Meine Augen standen dem im Weg. Sie waren so hell eisblau und mit schwarz umrandet, dass mich alle deswegen als Freak bezeichneten, womit sie Recht hatten. Ich war nunmal ein verschissener Freak.

Auf dem Flur vor meiner Suite stieß ich fast mit meiner Spanischlehrerin zusammen.

,,Natalie!", stieß sie überrascht aus, ,,Willst du nicht mit den anderen in der Lobby abhängen?" ,,Nein, ich würde mich lieber ein bisschen in meine Suite verziehen", antwortete ich darauf und versuchte, sie loszuwerden. ,,Natalie, ich hoffe das du weißt, dass du immer mit mir reden kannst, wenn es Probleme gibt", musste sie natürlich wieder anbringen, ,,Auch wenn es Stress mit den anderen gibt." ,,Wirklich Mrs Corez, es ist alles in Ordnung", schoss ich sofort zurück und stürmte an ihr vorbei in meine Suite, wo ich erstmal die Tür abschloss.

Gott, wie ich diese Lehrerin hasste.

Fast noch mehr, als die ganzen Arschgeigen aus meiner Stufe.

Mrs Corez war zwar nett, aber ich verdiente diese Nettigkeit nicht, ich wollte und brauchte keine Hilfe, dass würde mich nur als schwach da stehen lassen und wenn ich schon ein Freak war, dann wollte ich wenigstens nicht als schwach gelten.

Wieder mal fragte ich mich, was mein Leben eigentlich für einen Sinn hatte, wenn ich doch sowieso nur für alle ein Freak war?

Klar, für alle anderen war ich ein emotionaler Boxsack, aber was hatte ich davon?

Was hatte ich von den gerade über London aufgegangenen Sternen?

Das waren ja auch nur Gaskugeln irgendwo im Weltraum.

Mein Vater hatte mir mal wieder geschrieben, aber ich ignorierte seine Nachricht, wie die anderen über den Tag hinweg. War doch sowieso immer nur das gleiche, er schrieb mir immer ein kurzes Hab dich lieb oder so, wenn er mal Pause hatte. Aber die meiste Zeit verbrachte er im OP.

Die Herz-Torax-Chirurgie war niemals arbeitslos.

Das Fernsehprogramm lieferte nur Nachrichten und irgendeine schnulzige Romkom, die ich schon gesehen hatte, weshalb ich den Fernseher wieder ausschaltete und auf meinen Balkon flüchtete, von dem aus ich die Themse und Big Ben sehen konnte. Vielleicht wäre ein Spaziergang unterhaltsamer, als das lausige Fernsehprogramm.

Mit einer Jeansjacke bewaffnet schlich ich mich aus dem Hotel, ohne das es irgendjemand mitbekam.

Es achtete nie jemand auf mich, nur wenn ich irgendwem im Weg war.

Draußen war es angenehm warm, ein lauer Frühlingsabend nach einem sonnigen Tag in London. Mein Deutschkurs und mein Spanischkurs waren zusammen auf dieser Kursfahrt und wir hatten einen Abstecher ins Madame Tusseauds gemacht. Da hatten meine Mitschüler dann so getan, als ob ich eine Wachsfigur wäre, der man den Finger in den Arm piksen kann. Nicht sehr angenehm.

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