Ein weiterer Plan!

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Tag 32

Als ich das nächste Mal aufwachte, war ich alleine.
Die Vorhänge waren zurückgezogen und die Abendsonne warf ihr warmes Licht herein.
Jetzt da ich Zeit hatte, untersuchte ich meinen Körper ausführlich auf Verletzungen.
Schrammen zierten meinen Beine, Arme und Gesicht. Doch die grünliche Paste, die unter dem Wollverband hervorschien, wirkte Wunder.
Was mir Sorgen bereitete, war das dumpfe Gefühl in meinen Brustkorb.
Die Erinnerung, wie der schwarze Wolf - Hu-Ahn - mich gegen den Baum geschleudert hatte, tauchte kurz wieder auf.
Mein Atem ging schwer und etwas schmerzhaft.
Komisch, als Alvae da gewesen war, hatte ich nichts gespürt.
Auch der brennende Schmerz in meinen rechten Arm, kam mir jetzt wesentlich intensiver vor.
Ich wagte nur einen kurzen Blick auf ihn. Glücklicherweise, war auch er verbunden, sodass ich die gräßliche Wunde, die sich dort befand, nicht sehen musste.

Trotz meinens angschlagenen Körpers, befanden sich meine Gedanken auf Hochtour.
Und alle drehten sich um die zentrale Frage: Was jetzt?
Blöderweise kam mir keine göttliche Eingabe.
Und so saß ich lange Zeit nur da, starrte aus dem Fenster und dachte nach.
Als das laute Läuten einer Glocke erklang, beschloss ich einfach zu handeln.
Nicht denken. Nur tun.

Ich stand auf und ging die Wendeltreppe nach unten.
Niemand war da, um mich aufzuhalten.
Ich versicherte mich, dass noch immer ein bisschen Klingenkraut in meiner Rocktasche war, bevor ich die Tür öffnete und nach draußen trat.

Wie immer herrschte reger Betrieb auf den Straßen Morigas.
Ich schloss mich diesen an.
Da ich nicht wusste, wo ich war, würde ich wohl solang herum irren müssen, bis ich eines der Stadttore fand.
Lange streute ich herum.
Meine Gedanken trieben mich derweil in den Wahnsinn.
Würde ich jetzt zurück in meine Welt kommen können?
Würde Alvae meinen Menschengeruch entdecken?
Was musste ich als Mate des Betas machen?
Würde ich den Sonnenhof wieder sehen?
Besonders die letzte Frage, brennte sich quälend in meinen Kopf ein.
Ich wollte mich wenigsten anständig von ihnen allen verabschieden.

"Amalia! Schön dich wieder zu sehen", eine laue Stimme riß mich aus meinen Gedanken.
Überrascht hob ich den Kopf.
Tom.
Tom der Schmied.
Ich winkte ihn freudig zu.
"Wie siehst du denn aus?", er runzelte die Stirn, als er neben mir zum Halt kam.
Erschöpft schüttelte ich den Kopf.
"Frag lieber nicht. War eine lange Nacht", sagte ich, "bis du auf dem Weg Nachhause?"
"Ja, komme gerade vom Markt", er hob eine schöne Kette hoch, in dessen goldener Fassung, ein blauer Stein eingelassen war, "meine Tochter hatte heute ihre erste Verwandlung."
Ich schloss mich ihm an.
Toms Haus lag gleich neben Vangus Turm. Vielleicht konnte mir der alte Heiler weiterhelfen.
"Glückwunsch", sagte ich.
"Erst fünfzehn und schon ihre erste Verwandlung, ich bin so stolz auf-", Tom verstummte als er merkte mit wem er sprach.
Einen kranken, neunzehn Jährigen Werwolf, der immer noch nicht seine Verwandlung hinter sich hatte.
Doch ich winkte nur ab.

Schon bald konnte ich Vangus Turm erkennen, der da so fehl am Platz zwischen den anderen Häusern hervorragte.
"Richte deiner Tochter alles gute aus", verabschiedete ich mich von Tom.
Dieser grinste nur stolz.

Ich verschwendete meine Zeit nicht mit Anklopfen.
"Vangus", rief ich die Treppen hoch, "bist du da?"
Keine Antwort.
Hastig stieg ich die Stufen nach oben.
Im ersten Stock, in dem ich schon öfters schäußlichen Tee getrunken hatte, war niemand.
Auch im zweiten Stock, in welchen Vangus seine Kräuter, Verbände und Gerätschaften lagerte, herrschte Stille.
Im dritten Stock fand ich Vangus dann.
In seiner eigenen kleinen Werkstatt, stand er zwischen den seltsamsten Konstruktionen.
Und nicht nur er.
Er schaute mich genauso überrascht an, wie ich ihn.
Er musste wohl meinen Ruf gehört haben.
Lynn.

Angart - Land der WölfeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt