Der Schritt in ein neues Leben - Teil 1

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Mein Navi sagte mir, dass ich mein Ziel bald erreichen würde. Ich war aufgeregt und hatte gleichzeitig ein unangenehmes Gefühl im Bauch. Es gab jetzt kein Zurück mehr. Obwohl, ich könnte immer noch umkehren und zurück nach Limburg zu meinen Eltern fahren. Ich zuckte zusammen, als plötzlich Max' Cover von „Monster" aus meinen Boxen dröhnte. Ich sah auf mein Handy, das in der Halterung über dem Radio hing und einen Videoanruf von ihm anzeigte. Ich nahm ab und begrüßte ihn mit: „Hey Max. Frohe Weihnachten." „Die wünsche ich dir auch, Jen. Sag mal, bist du im Auto unterwegs?" Ich nickte und bog dabei in meine Zielstraße ein. Ich parkte am Straßenrand und stellte den Motor aus. „Jap. Jetzt bin ich aber da." „Hast du denn an Heiligabend nichts Besseres zu tun, als durch die Gegend zu fahren?", fragte mich mein Kumpel und sah mich dabei skeptisch an. Ich zuckte mit den Schultern und sagte: „Ja doch, eigentlich schon, aber du weißt doch, wo ich gerade bin. Ich hatte schon mit meinen Eltern darüber gesprochen, dass ich heute Abend hierher fahre. Aber jetzt gerade kommt mir die ganze Aktion total bescheuert vor. Was, wenn das alles total schief geht und ich hier nicht erwünscht bin oder er zu sauer ist, weil ich ihm vorher nicht erzählt habe?" Ich fing an Panik zu schieben. Max hob eine Augenbraue und meinte: „Du weißt schon, dass du totalen Schwachsinn redest, oder? Warum solltest gerade du nicht willkommen sein? Vor allem bei der Nachricht, die du mitbringst." „Und wenn's doch schief geht?" „Jenny!" „'Tschuldigung. Ich bin nur so nervös", gab ich zu. Max' Blick wurde weich und er erwiderte: „Kann ich verstehen. Aber glaub mir, du hast keinen Grund dafür. Er wird sich freuen, da bin ich ganz sicher." Er sah über seine Kamera hinweg und nickte einmal, dann wandte es sich wieder mir zu. „Ich muss jetzt leider wieder zu meiner Familie. Wenn irgendetwas schief gelaufen ist, kannst du doch aber bei mir melden, okay?" Ich nickte dankbar, er verabschiedete sich und legte auf. Ich war wieder allein mit meiner Aufregung. Ich seufzte und tippte ratlos mit den Fingern auf dem Lenkrad herum. Schließlich nahm ich meinen Mut zusammen und griff nach meinem Handy. Ich konnte schließlich nicht Ewigkeiten in meinem Auto sitzen. Das wäre meinen Eltern gegenüber, die extra wegen mir das Essen und die Bescherung vorverlegt hatten, nicht ganz fair. Ich suchte in meinen Kontakten nach Johnnys Nummer und drückte auf den Button für „Videocall", wobei ich nervös an meinen Fingernägeln kaute. Er nahm nach dreimaligem Tuten ab. „Hey Jenny, das ist ja schön, dass du anrufst. Frohe Weihnachten." „Jonas, wir müssen dringen reden", kam ich gleich zur Sache und sein Lachen wurde ernst. „Okay, und worüber?", fragte er verwundert. „Ich hab dich angelogen", sagte ich zögernd. „Warte kurz, ich geh mal eben aus dem Wohnzimmer raus." Er verließ den Raum und setzte sich scheinbar auf die Treppe im Flur. Dann fragte er mit gerunzelter Stirn: „Was meinst du mit ‚Ich hab dich angelogen?'" Ich holte tief Luft. Ab jetzt gab es kein Zurück mehr. „Naja, weißt du, momentan passieren bei mir so unfassbar viele Dinge, von denen ich dir nicht erzählen konnte und wollte, weil ich nicht wusste, wie du darauf reagieren würdest. Du hattest schon so viel mit The Voice zu tun, dass ich dich nicht noch mehr belasten wollte." Ich konnte seine Mimik nicht deuten. Er starrte mich durch den Bildschirm nur wortlos an. Ich wurde unsicher. „Das Ding ist, Johnny, ich habe jemanden kennen gelernt, der gerade meine Hilfe mega gut gebrauchen könnte, weil er gerade im Musikbusiness Fuß fassen will." „Und da braucht die Person deine Hilfe als Managerin", schlussfolgerte er und ich nickte. „Und aus dem Grund muss ich demnächst umziehen." Er schwieg und sah nach unten. „Tut mir leid, dass ich dir das nicht früher gesagt habe", sagte ich zu ihm und er murmelte: „Nein, ist schon okay. Du hattest sicherlich deine Gründe." Er tat mir leid, wie er da so auf der Treppe saß. Ich griff nach dem Griff für die Autotür, wobei ich sagte: „Dann ist da noch eine Sache. Ich war dir gegenüber auch bei anderen Dingen nicht ganz ehrlich." Ich stieg aus meinem Auto und ging auf das orange Haus zu. „Ich weiß, wir haben oft darüber gesprochen, wie es mit uns weiter gehen soll, aber wenn ich ehrlich bin, glaube ich nicht, dass eine Fernbeziehung lange funktionieren würde", meinte ich mit ernster Miene, während ich durch das Gartentor trat. Jonas sah wieder in die Kamera seines Handys und sein Blick wandelte sich von überrascht zu wütend. „Lass mich raten. Als nächsten kommt ganz klischeemäßig der Satz ‚Deshalb ist es wohl besser, wenn wir getrennte Wegen gehen'." Er war wütend, aber vermutlich hätte ich genauso reagiert, wenn er mich so überfallen würde. „Johnny, ich..." Er ließ mich nicht ausreden, sondern meinte stattdessen nur trocken: „Na, vielen Dank, dass du mir das gerade heute Abend erzählt hast." Mit diesen Worten legte er auf. Ich war so verdutzt, dass ich kichern musste. Ich steckte mein Handy weg und drückte auf den Klingelknopf, vor dem ich eben stehen geblieben war.

Don't leave me, Johnny || Maël und Jonas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt