Kapitel 34

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Wincent

Ich weiß, wir hatten nicht darüber gesprochen, wann wir wem von unserer Verlobung erzählen wollten, aber irgendwie hatte ich nach dem Weihnachtsthema das Bedürfnis damit rauszurücken. „Wir müssen euch noch was sagen", meinte ich und alle drei Frauen sahen mich mit großen Augen an. Emma wurde knallrot- ja, vielleicht hätte ich das vorher mit ihr besprechen sollen, aber jetzt kam ich eh aus der Nummer nicht mehr raus. Ich nahm also ihre Hand und hielt sie hoch, sodass meine Mum und Shayenne den Ring sehen MUSSTEN. Mein Blick sprang zwischen den Beiden hin und her und man sah förmlich wie ihre Gehirnzellen arbeiteten. „Ne, oder", kam es als erstes aus Shayennes Mund. Ich grinste sie an. 

„Du verarscht mich doch", brabbelte meine Mum, „das ist ein ganz schlechter Scherz." Es war göttlich die Beiden anzusehen, ich konnte mich kaum mehr zusammen reißen. „Seh ich aus, als würde ich scherzen, Mama?", fragte ich sie. Wie in Zeitlupe schüttelte sie mit dem Kopf. „Ihr seid verrückt", meinte sie und ließ sich zurück in ihren Stuhl sinken. Okay, ich hatte so ziemlich alles an Reaktion erwartet, aber nicht das. Shayenne hingegen sprang auf und warf sich mir an den Hals. „Ich freu mich so, ich freu mich so", sagte sie immer wieder und drückte erst mich, und dann Emma. „Darf ich die Blumen streuen? Oder bin ich dafür zu alt? Wisst ihr schon wann und wo?", prasselten Shayennes Fragen auf uns ein, dass ich sie bremsen musste. „Mach mal halblang. Es gibt noch keine Pläne und das ist auch gerade nicht Priorität Nummer eins", gab ich zu. „Nur weil ich ‚ja' gesagt hab, heißt das nicht, dass wir im nächsten Jahr heiraten. Es heißt nur, dass wir uns sicher sind, dass wir zusammen gehören", fügte Emma an und drückte fester meine Hand. Shayenne war fast etwas enttäuscht über diese Antwort. „Aber du darfst natürlich immer Blumen streuen, egal wann es soweit sein wird", meinte Emma. 

Meine Mum hatte immer noch nicht mehr dazu gesagt und langsam kam mir das spanisch vor. Ich hätte vielleicht doch nicht so mit der Tür ins Haus fallen sollen. Ich hätte ihr das schonender beibringen sollen. Unsicher blickte ich zu Emma und die verstand mich sofort. Sie räumte den Tisch ab und schnappte sich Shayenne, sodass ich einen Moment alleine mit meiner Mum hatte. Ich wartete, ob sie von sich aus anfing zu reden, aber dem war nicht so. Natürlich, bei uns wird nicht gesprochen, nicht über sowas, nicht über Gefühle. Ich war etwas geknickt und auch enttäuscht über ihre Reaktion. Warum freute sie sich nicht? 

„Irgendwie dachte ich du würdest dich wenigstens ein bisschen für mich freuen...", meinte ich. Sie konnte mir nicht in die Augen schauen, also blickte auch ich auf meine Hände in meinem Schoß. Sie atmete ein paar Mal tief durch, bevor sie was sagte. „Ich freu mich, Wincent, wirklich, aber...", fing sie an und dann sah ich zu ihr auf. Aber? Was, aber? „Ihr habt mich so überrumpelt. Ich hätte mit allem gerechnet, wirklich mit allem, aber nicht damit...", sprach sie weiter. Ich fühlte mich alles andere als erwachsen, ich fühlte mich wie zu Schulzeiten, wenn ich irgendeinen Blödsinn verzapft hatte. „Ihr seid erst so kurz zusammen...was da alles zwischen euch war...wie du gelitten hast, als sie weg war...ich hätte dich eingewiesen, wenn ich das gekonnt hätte...und genau diese Frau, die dir all das angetan hat, willst du heiraten?", sagte sie ernst.

Wow! So dachte sie über uns? Über Emma? Ich hatte immer das Gefühl sie würde sie mögen. Mir fehlten die Worte. „Mama, sie war weg, weil ichs vergeigt hab. ICH, nicht sie. Ich hab sie ausgenutzt und sie immer wieder von mir weggestoßen, wenn sie es versuchen wollte. Ich hab es versemmelt", versuchte ich unsere Situation zu erklären ohne einen kompletten Striptease hinzulegen. Ja, meine Mum wusste viel, wenn nicht sogar alles, aber diese bescheuerte Freundschaft plus Sache wollte ich nun wirklich nicht mehr ausbreiten. „Aber trotzdem. Sie ist einfach gegangen, ohne ein Wort, und hat dir nicht mal die Möglichkeit gegeben dich zu entschuldigen", redete sie weiter auf mich ein.

Ich stand auf und ging auf und ab. „Weil sie verletzt war, Mama. Weil sie es nicht ertragen hat. Weil ich ihr scheiß Herz gebrochen hab, verdammt", fuhr ich sie an. Das alles nochmal durchzugehen, machte mich fertig. Es erinnerte mich daran, wie scheiße alles lief. „Aber Mama, das ist vorbei. Wir haben das Beide verarbeitet und wir sind einfach nur glücklich, dass wir jetzt zusammen sind. Trotz allem. Und eigentlich wusste ich immer, dass, was ich mit Emma habe, was Besonderes ist. Ich konnte oder wollte es mir letztes Jahr einfach nur nicht eingestehen. Ich dachte immer du magst sie", meinte ich abschließend und sah aus dem Fenster. So hatte ich mir dieses Gespräch eindeutig nicht vorgestellt. 

„Ich mag sie auch", hörte ich irgendwann ihre Stimme hinter mir, „trotzdem kann ich nicht vergessen, was sie mit dir gemacht hat. Und deswegen sage ich dir, dass du nichts überstürzen solltest. Schaut doch erstmal, wie das mit euch zusammen so ist", erklärte sie, aber ich hatte immer noch das Gefühl, dass sie Emma als die einzige Schuldige ansah. Und dem war nicht so. Und vor allem war das vorbei, verdammt nochmal. „Ich liebe sie, Mama, mit allem was ich habe. Ich werde sie heiraten, ob du das willst oder nicht. Und wenn du deine eigene Gefühle nicht hinter meine stellen kannst, dann tut mir das leid", sagte ich ernst und stürmte in die Küche, um Emma zu holen. „Emma, wir gehen", sagte ich nur und zerrte sie hinter mir her. 

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