Kapitel 22

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Every time you look at me, I look away.
Every time you look away, I look at you.

Rose

"Danke, ihr könnt jetzt gehen." sagt Dylan mit ruhiger Stimme an die drei Männer gerichtet. Diese nicken und verlassen Stumm unser Hotelzimmer.
"Du verdammtes Arschloch!" gehe ich mit immer noch gefesselten Händen auf ihn los.
"Was ist nur falsch mit dir?! Du kannst mich nicht einfach beschatten lassen!" schreie ich doch er sieht mich immer noch seelenruhig an.
"Komm her, ich mach dir die Fesseln ab." sagt er als wäre es das normalste der Welt. Genervt drehe ich ihm den Rücken zu, sodass er die Fessel lösen kann. Als seine Finger dabei meine Hände berühren, versuche ich gegen das Kribbeln in meiner Haut anzukämpfen.
Ein befreites Gefühl geht durch meine Handgelenke, nachdem er die Fesseln entfernt hatte und ohne darüber nachzudenken drehe ich mich wieder zu ihm um und verpasse ihm eine Ohrfeige. Eine heftige Ohrfeige.
"Hör auf mich zu behandeln wie es dir gerade passt! Du kannst mich nicht verscheuchen und dann mit Gewalt zurück zerren!" fauche ich und gehe dann auf Abstand.
"Du kleine..." Trotz des Zorns in seinen Augen, unterbreche ich ihn.
"Schlampe? Nutte? Komm, sag es!" schreie ich und er kommt mit schnellen Schritten auf mich zu. Gewaltsam packt er wieder einmal meinen Hals und drückt mich dann an die nächst gelegene Wand.
"...Miststück, aber wenn du dich als Schlampe siehst dann..." Sein Griff um meinen Hals wird immer stärker. Mit seiner anderen noch freien Hand greift er mir dann zwischen die Beine unter mein Kleid und ich könnte meinen Körper dafür verfluchen, dass er selbst in solch einer Situation, so auf ihn reagiert.
"Unglaublich das du selbst jetzt Feucht für mich bist." raunt er in mein Ohr und erst jetzt fällt mir der starke Geruch vom Alkohol welcher aus seinem Mund kommt auf. Er ist betrunken. Meine Augen weiten sich und die Erinnerungen an früher kommen zurück.
Früher, als mein Vater eines Abends betrunken nachhause kam. Mein Vater ist ein guter Mensch, da habe ich keine Zweifel. Doch diese eine Nacht, hinterließ ein jahrelanges Trauma.
Damals war ich sechs und schaute wie jeden Samstagabend einen Film mit meiner Mutter. Ich war schon kurz vorm einschlafen, doch dann kam mein Vater nachhause. Er sagte was von irgendwelchen Leuten die was von meiner Mutter brauchten. Ich als Kind verstand nicht viel. Als er dann jedoch auf meiner Mutter losging, betrunken und wütend, brach die Panik in mir aus. Er schlug mehrfach auf sie zu und nannte sie Schlampe, Nutte, Hure usw. Dann schrie er mich an, das ich wie meine Mutter werden würde. Ich schrie, weinte und sah zu, wie meine Mutter zu Boden fiel. Als ich zu ihr wollte, hob er  die Hand, doch zu meinem Glück trat in dem Moment Brians Vater auf. Er schlug auf meinen ein und sagte mir, ich solle nach draußen gehen und dort warten. Brians Vater hat mir geholfen und das würde ich ihm nie vergessen.
Seitdem hatte niemand mehr darüber gesprochen, ich weiß also auch nicht, wie Brians Vater so plötzlich auftauchen konnte. Das war das einzige mal, dass mein Vater so ausgerastet war und ich habe es ihm verziehen. Schließlich war ich ein Kind, ich hatte keine andere Wahl.
Jetzt bekomme ich grauenhafte Flashbacks, sobald mich jemand als Schlampe, Nutte usw. bezeichnet. Und diese Situation jetzt, macht mir am meisten Angst. Es ist als würde plötzlich mein Vater vor mir stehen.
"Du hast Angst." raunt er erneut in mein Ohr.
Tränen steigen mir in die Augen. Das Bild von meinem Vater und meiner Mutter geht mir nicht mehr aus dem Kopf. Das Gefühl, das die Erinnerungen immer näher kommen, verschwindet nicht. Es fühlt sich so an, als würde ich wieder dort sein.
Als hätte er auf einmal gespürt, das die Angst nicht ihm gilt, lässt er mich los und sofort ich lasse mich an der Wand entlang hinunter gleiten. Dabei überkommt mich der Schmerz meiner Wunde welche immer noch an meinem Arm ist. Fluchend halte ich meine Hand darüber.
"Was...." er kniet sich vor mich hin und versucht in mein Gesicht zu sehen.
"Geh!" unterbreche ich ihn schreiend.
"Wir müssen das wechseln." er zeigt auf das große Pflaster auf meiner Wunde und steht dann auf.
Schweigend vergrabe ich meinen Kopf in meine Hände und ziehe meine Beine an.
"Dein Arm." sagt er dann ruhig und ich strecke ihm meinen Arm hin.
"Wie viel hast du getrunken?" Meine Stimme lässt von Wort zu Wort immer mehr nach.
"Nicht viel, sonst könnte ich nicht normal mit dir reden." Ein flüchtiges lächeln geht über seine Lippen.
"Wir reisen morgen ab." sagt er nachdem er das Pflaster gewechselt hatte und ich nicke.
"Willst du denn nicht wissen wohin?" er hebt eine Augenbraue und ich schüttle den Kopf.
"Wovor hattest du vorhin...."
"Tu nicht so als würde es dich interessieren." springe ich wütend ein.
"Es Interessiert mich aber wirklich." flüstert er und legt seine Hand auf mein Knie.
"Ich werde es dir trotzdem nicht sagen." Hecktisch stehe ich auf und laufe ins Badezimmer. Dort verschließe ich die Tür und zerre mich sofort aus dem Kleid. Am liebsten würde ich es verbrennen.
"Du wirst mir nie verzeihen, oder?" höre ich ihn gegen die Tür sagen.
"Du hast dich nicht mal entschuldigt." Ich schlüpfe in eine kurze bequeme Schlafhose und in ein langes T-Shirt.
"Würdest du mir dann verzeihen?"
"Würdest du dich denn entschuldigen?"
Stille. Hab ichs mir doch gedacht.
Ich wasche mein Gesicht und binde meine Haare zu einem Dutt zusammen. Dann öffne ich die Tür und laufe an Dylan vorbei zum Bett.
"Ich schlaf auf der Couch." sagt er selbstverständlich und ich nicke während ich nach meinem Kindle greife und mich aufs Bett werfe.
"Wir fahren um 8.00Uhr." Das waren seine letzten Worte bevor er das Zimmer verlässt. Wohin er geht? Keine Ahnung, ist mir auch egal. Ich möchte einfach die Erinnerungen an meinen Vater loswerden und das geht besser, wenn Dylan weg ist.
Zwar schreit alles in mir, von ihm in den Arm genommen zu werden, doch ich werde das nicht mehr zulassen.
Er macht alles nur schlimmer Rose.
Vergiss das nicht.
Er macht alles schlimmer.

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