Kapitel 22

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Akaashi wachte mit dem Gefühl von Sonnenstrahlen auf seinem Gesicht auf. Es fühlte sich warm an, etwas, dass er sicherlich angenehm empfunden hätte, aber als er sich etwas im Bett bewegte, war er sich sicher, dass irgendwas nicht stimmte.

Er hielt seine Augen halb geschlossen und seine Bewegungen in Grenzen, klammernd an die falsche Hoffnung, dass Bokuto sich nur nicht bewegte um ihn nicht zu wecken. Aber Akaashi wusste, dass das nicht der Fall war. Er wollte es nur nicht akzeptieren.

Einen zitternden Arm ausstreckend nahm Akaashi Bokutos Hand. Er schloss seine Augen und drückte kurz zu. Sie war kalt. Seine Hand zitterte mit jeder Sekunde stärker, als würde die Bewegung Bokuto aufwecken. Akaashi vergrub sein Gesicht in der Nackengrube. Er stupste mit seinem Nasenrücken gegen die kalte Haut. Seine Lippen streiften sein Schlüsselbein, auf der aussichtslosen Suche nach der vertrauten Wärme. Beide seiner Hände klammerten sich um Bokutos, pausenlos zitternd. Er konnte seinen Puls nicht finden.

Akaashi war sofort am Boden zerstört. Es war ein surreales Gefühl, eines, dass er niemals in einer Millionen Jahre hätte erklären können. Es zerdrückte ihn, drohte ihn von innen heraus zu zerschmettern. Der Schmerz brannte sich in seine Seele ein, er behinderte ihn, machte ihn sprachlos bis zum Punkt, an dem er nicht mehr wusste was Worte waren.

Ein Schluchzen zwang sich aus Akaashis Kehle.

Er versuchte es verzweifelt zurückzuhalten. Er versuchte so sehr, sich zusammenzureißen, doch er wusste, dass er dafür zu schwach war. Sobald ihn das zweite Schluchzen verließ fühlte er, wie er die Kontrolle über sich verlor. Es gab nichts mehr zu verstecken. Er war zerbrochen.

Sein Körper erzitterte mit jedem Schluchzen das ihm entrissen wurde, seine Figur sich eng einrollend. Er hielt sein Gesicht an den Nacken des Leichnams, all das einatmend, was noch von Bokuto übriggeblieben war.

Es gab so viele Dinge die er mit ihm machen wollte, so viele Dinge, die er ihm sagen wollte, aber alles schien ab diesem Moment verfallen zu sein. Akaashi wollte schreien, aber konnte seine Stimme nicht finden. Nicht einmal ein einziger Satz konnte ihn in seinem Leiden verlassen.

Er blieb nah an Bokuto und hielt ihn mit der wenigen Kraft die er noch hatte fest. Er stand nicht auf um die Krankenschwestern, oder Ärzte, oder irgendjemanden im Krankhaus zu alarmieren. Er wusste, dass sobald sie es herausfänden, sie ihm Bokuto wegnehmen würden.

Also blieb er dort wo er war, klammerte sich an Bokuto, das letzte Mal in seiner Gesellschaft, bevor er ihn nie mehr wiedersehen würde.

Ab dem Moment, in dem Akaashi das Krankenhaus verließ, blickte er nie wieder zurück.

Er ging an dem Tag nachhause, eine zusammengerollte Decke unterm Arm, einen weinroten Schal um den Hals geschlungen und nichts mehr aus dem Krankenhaus. Er hielt es eng an sich gedrückt, bei den minus sechs Grad wurde er öfters schräg angeschaut, aber das war ihm egal. Die Kälte war für Akaashi kein Faktor mehr. Er konnte sie nicht spüren. Sein Kopf erlaubte es ihm nicht.

Er schaffte es nachhause, wo er kaum mehr als ein hallo für seine Eltern übrighatte, die im Wohnzimmer saßen. Sie fragten ihn Sachen. Er antwortete unverfroren. Sie fragten nach der Decke und dem Schal, aber sie fragten nie nach Bokuto.

Akaashi war froh. Es war eine gute Idee gewesen, ihnen nie etwas von ihm erzählt zu haben.

Er erklomm die Stufen zu seinem Zimmer, knüllte seine – nein - Bokutos Decke zu einem Klumpen zusammen und ließ sie zusammen mit dem Schal auf sein Bett fallen. Er griff in seine Tasche um sein Handy herauszuholen und drückte den Anrufknopf bei seinem seiner Kontakte. Er hielt es gegen sein Ohr und wartete, bis der andere drangehen würde. Sobald er es tat wurde Akaashi mit einem „Hallo?" begrüßt.

Akaashi zögerte. Er schluckte schwer und sah aus dem Fenster.

„Hallo. Kuroo? Hier ist Akaashi. Bist du beschäftigt?"

Kuroos Stimme war zurückhaltend und widerstrebend.

„Nein, bin ich nicht."

„Wenn es dir nichts ausmacht, könnte ich kurz vorbeikommen?"

Kuroo war leise, am anderen Ende der Leitung. Er wusste es schon. Er atmete hörbar ein und Akaashi konnte ein Kratzgeräusch hören. Nach einem Moment redete er endlich. Seine Stimme war ernst.

„Sicher."

In Another Life (deutsche Übersetzung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt