Kapitel 23

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Akaashi saß auf dem Rand von Kuroos Bett und starrte ohne Fokus aus dem Fenster. Kuroo sprach zu ihm und Akaashi würde ihm öfters antworten. Aber die meiste Zeit saß er einfach nur da und beobachtete nichts.

Kuroo währe besorgt gewesen, hätte er nicht erfahren, was früher am Tag passiert war. Er tat beinahe dasselbe wie Akaashi, saß auf derselben Seite des Bettes wie Akaashi, recht viel Platz zwischen ihnen. Seine gelben Augen würden des Öfteren zum Boden, zur Decke, durchs Zimmer und dann wieder zum Boden huschen, aber er sah nie Akaashi an.

Er befürchtete, dass wenn er es tat, er seine Emotionen nicht mehr unter Kontrolle halten könnte.

„Wie sah er aus?" fragte Kuroo mit gesenkter Stimme.

Es brauchte eine Weile bis Akaashi antwortete.

„Als ich aufgewacht bin?"

„Ja..." Kuroo sah runter.

Akaashi stieß ein halbherziges Schnaufen aus und blickte weiterhin gerade aus.

„Blass. Krank. Tot."

„Wie hast du herausgefunden, dass er nicht mehr... da war?"

„Sein ganzer Körper war entspannt. Sein Kopf ruhte auf meiner Schulter mit dem Gewicht von jemandem, der nicht bei Bewusstsein ist."

Dieses Mal war Kuroo derjenige der schnaufte, das Geräusch von den Tiefen seiner Brust kommend. Er wartete ein wenig, bis er wieder etwas fragte.

„Gehst du zu seiner Beerdigung?"

„Nein."

Die Antwort kam sehr viel schneller als Kuroo erwartet hatte. Es schockierte ihn als Akaashi fortfuhr.

„Ich weigere mich zu gehen. Meine letzte Erinnerung an Bokuto wird nicht er in einem Anzug gekleidet, blass, steif und in einen Sarg gestopft und von unzähligen Leuten die sich nicht um ihn sorgten bis sie von seinem Tod erfahren hatten, sein. Meine letzte Erinnerung mit Koutarou ist schon bei mir und sie wird mit mir sterben."

Akaashis Stimme war monoton, aber Kuroo scheiterte nicht daran, das Gift, welches er mit jedem Wort, bis auf den letzten Satz, ausspuckte, zu bemerken. Er verstand Akaashis Standpunkt und dachte nicht daran, ihm seinen kalten Ton vorzuwerfen. Kuroo war einfach verbittert. Er hatte auch nicht vor, zu irgendeiner Beerdigung zu gehen. Er war wütend auf jeden dort und er wusste, dass in Akaashi derselbe Schmerz brannte.

Kuroo lehnte sich nach vorne und faltete seine Hände zusammen. Er starrte an die Wand und ließ sein Bein auf und abschnellen, während seine Emotionen immer mehr Besitz von ihm ergriffen.

„Weißt du... äh..." Er sah auf den Boden und rieb sich den Nacken, rote Streifen zurücklassend. „Bokuto, er ... mochte – uh – du warst ihm wichtig... Er sprach die ganze Zeit über dich, als er dich das erste Mal getr-"

„Nicht."

Kuroo fror ein. Mit seinen Fingern um den Nacken sah er langsam auf und bemerkte Akaashi, wie er ihn direkt mit hohlen Augen anstarrte, leer, von jeglicher Emotion.

„Nicht, Kuroo. Einfach... tu's nicht."

Er schluckte schwer und drehte seinen Kopf wieder zum Fenster. Akaashi wob seine Finger zusammen und krallte seine Nägel in die Handrücken. Er leitete den Schmerz um.

„Entschuldigung." War das letzte Wort, dass er murmelte, bevor er weiter vor sich hinstarrte, ohne noch etwas zum Sagen zu haben.

Sie verweilten leise in ihrer Gegenwart für etwas, dass sich wie fünf Minuten anfühlte, und in dieser Zeit blickte Akaashi kein einziges Mal zu Kuroo auf. Erst als Kuroos Gestalt sich in seinem Augenwinkel verdoppelte, spähte er in seine Richtung, und als er es tat, saß da ein leise schluchzender Kuroo, sein Gesicht in den Händen vergraben. Und obwohl es etwas verspätet kam, bewegte sich Akaashi instinktiv näher zu ihm hin. Er legte eine Hand auf den breiten Rücken und rieb ihn leicht, hoffend, dass es ihn trösten und zu dem Stärkeren der beiden machen würde. Aber als die Sekunden vergingen spürte AKaashi, wie sein eigener Schmerz immer mehr wuchs. Er wünschte, dass er ihn bekämpfen könnte, aber er wusste, es gab für ihn keine Möglichkeit das zu tun.

Es war nicht lange nachdem Akaashi seinen Kopf gegenKuroos Schulter lehnte, als auch er der Trauer, die ihn bei lebendigem Leibeverschlang, zum Opfer fiel.

In Another Life (deutsche Übersetzung)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt