Kapitel 45

1.5K 36 2
                                    

Wincent

Die letzte Woche vor Tourstart war angebrochen und ich freute mich auf diese eine letzte Woche frei. Es war soviel los gewesen. Erst der Stress mit meiner Mum, dann war ich wieder weg auf Proben, Emma hing Zuhause auf Bergen von Arbeit und sah tagelang kein Land. Wir arbeiteten wieder bis spät in die Nacht und kamen kaum zu mehr als fünf Stunden Schlaf am Stück. Und das zehrte an uns. Erst hatte ich geplant nochmal ins Studio zu fahren, aber das cancelte ich relativ schnell. Ich brauchte ein paar Tage Entspannung mit meiner Freundin, schließlich würde die Tour anstrengend genug werden. Und diese freie Woche wollte ich gebührend mit einem romantischen Essen beginnen, mir war eingefallen, dass wir noch nie ein richtiges Date hatten. Also klar am Anfang, aber da ging es ja immer nur um das Eine. Emma war an diesem Samstag mit Linda zum Kaffee verabredet und so hatte ich genug Zeit Zuhause alles vorzubereiten. Der Abend sollte ja nicht mit dem Dessert im Restaurant vorbei sein. Ich suchte Emma etwas zum Anziehen raus und drapierte das Outfit mit einem kleinen Zettel auf unserem Bett, bevor ich mich auf den Weg zu Marco machte. Für mein Verständnis war das mit Linda ziemlich ernst geworden, denn es gab kaum Möglichkeiten ihn mal alleine zu treffen. Aber wenn Emma bei ihr war, war Marco logischerweise alleine. Und diesen Nachmittag musste ich nutzen. Um mal wieder mit ihm zu quatschen und um ihn zur Tour einzuladen. 

„Moin, Digga", begrüßte ich meinen besten Freund, als er mir die Tür öffnete. Etwas irritiert sah er mich an, weil ich mich nicht vorher angemeldet hatte. „Meine Frau ist bei deiner, also dachte ich du hast Zeit für mich", schmunzelte ich und drückte mich an ihm vorbei. „Sie ist nicht meine Frau", erwiderte er und folgte mir in die Küche. Ich ließ das umkommentiert, viel zu witzig fand ich das jedes Mal, wenn es um Linda ging. „Kaffee?", fragte er und ich nickte. Wir quatschten ein bisschen über die vergangenen Wochen, weil ich noch nicht mal die Zeit hatte ihm ausführlich von diesem furchtbaren Stress zwischen Emma und Mum zu erzählen. „Bei euch wird's ja auch nie langweilig, ne", war sein einziger Kommentar dazu.

Wozu auch nochmal die Geschichte aufrollen? „Ich fänds ganz schön, wenns mal langweilig wäre", murmelte ich. Aber das war Wunschdenken. „Wir gehen heute Abend Sushi essen und ich hoffe, dass mir niemand auf den Sack geht", erzählte ich. Wenigstens diese eine Woche noch wollte ich einfach nur Wincent sein; danach würde das wochenlang wieder anders aussehen. „Dann poste ne Story, dass wir uns n Männerabend in Lübeck machen, dann fahren sie alle dahin", lachte Marco. Er meinte das sicher nicht ernst, aber ich empfand das als gar keine dumme Idee. „Guck nicht so...lass es", meinte er, aber mit diesem hervorragenden Vorschlag musste er da wohl durch. Ich suchte ein Foto von uns beiden raus und postete es in meine Instastory. ‚Ich verabschiede mich in eine freie Woche. Und die startet heute mit diesem nicen Dude hier' „Ich hasse dich", lachte Marco, als er seine Markierung in seinem Profil sah, „aber was tut man nicht alles für den besten Freund". Ich legte mein Handy wieder beiseite und konzentrierte mich wieder auf das Gespräch mit Marco. Manchmal beneidete ich ihn um sein vermeintlich langweiliges Leben und seinen 9to5-Job und dass sich niemand für ihn interessierte. Wir philosophierten über Gott und die Welt und alles und jeden, dass die Stunden nur so vergingen. Emma müsste langsam mal wieder nach Hause kommen und just in dem Moment schrieb sie mir.

E: Haben wir heute Abend kein Date? 🥺

E: Hab deine Story gesehen...

W: Doch doch, das ist nur ein kleines Ablenkungsmanöver...war Marcos Idee...so sollte uns definitiv keiner in die Quere kommen 😍

E: Oh spitze, ich freu mich schon...hab eben dein Zettelchen entdeckt 🥰 Ich mach mich fertig!

Ich grinste sicher total debil in mein Handy, während ich ihre Nachrichten las. „Na, is die Holde bereit?", grinste mich Marco an. „Bald. Sie is grad erst heim gekommen, also bisschen Zeit hab ich noch", erwiderte ich und schmiss mich neben Marco auf die Couch. Erst hatte ich überlegt nochmal die Sache mit Linda anzusprechen, aber dafür hatte ich zum einen nicht genug Zeit und zum anderen zu wenig Alkohol. Stattdessen verabredeten wir uns für den nächsten Abend zum Zocken. „Die Mädels werden sich schon zu beschäftigen wissen, oder?", meinte Marco und ich sah ihn nur grinsend an. „Wenn ich Emma das erzähle, will sie wahrscheinlich mitmachen, also wenn du Ruhe willst, muss ich herkommen", erwiderte ich. „Sie zockt? Ich dachte du machst Witze oder es reicht nur für Mariokart...", lachte er und ich schüttelte mit dem Kopf. „Nope, Call of Duty...und sie ist leider gar nicht mal schlecht", sagte ich und erzählte von unserer Runde während wir eigentlich gestritten hatten. „Also manchmal frag ich mich, was mit der eigentlich nicht stimmt", lachte Marco wieder, „du scheinst echt nen Glücksgriff gemacht zu haben". Oh ja, aber sowas von. „Apropos Glücksgriff, ich muss dann mal", meinte ich, nachdem ich Emmas Nachricht gekriegt hatte. „Oh Gott", stöhnte Marco und gab nur noch unterdrückte Würggeräusche von sich. Ich verabschiedete mich von ihm und fuhr nach Hause, um Emma abzuholen.

Sie stand schon fertig angezogen im Flur und richtete ihre Haare. Ich musterte sie von oben bis unten. „Du siehst heiß aus", kommentierte ich ihren Anblick. Ich hatte ihr den Jumpsuit ausgesucht, den ich schon an Silvester vor fast zwei Jahren so wahnsinnig gut fand. Sie grinste mich an. „Und du gehst so?", fragte sie und sah mich von oben bis unten an. Ich trug wie immer schwarze Hosen, einen schwarzen Hoodie und weiße Sneaker. „Ich brauch nur n anderes Shirt, dann bin ich soweit", erwiderte ich und verschwand kurz im Schlafzimmer. Keine fünf Minuten später war ich fertig und half Emma in ihre Jacke. Ich griff in meine Hosentasche und schmiss mein Handy auf die Kommode. „Das brauch ich heute Abend nicht", erklärte ich mich und schloss die Haustür hinter uns. Emma stieg neben mir ins Auto und ich fuhr voller Vorfreude auf diesen entspannten Abend mit meiner Freundin nach Scharbeutz. Emma legte ihre Hand auf meine und sah grinsend zu mir rüber. „Ist das unser erstes richtiges Date?", fragte sie und ich musste ebenso grinsen. „Und das, obwohl wir schon verlobt sind...das ist nicht die richtige Reihenfolge, oder?", erwiderte ich. Emma lachte. „Als ob wir irgendwas in der richtigen Reihenfolge getan haben...is schon ein Wunder, dass wir uns erst geküsst haben, bevor wir im Bett gelandet sind und nicht andersrum", meinte sie. Ich parkte vor dem Lokal und half ihr aus dem Auto. „Is ja auch egal, ich freu mich auch so auf unser Date", sagte ich und küsste sie kurz. „Also wenn wir ein richtiges erstes Date draus machen wollen, musst du aufhören mich zu küssen", grinste Emma. 

Nur mit DirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt