2| Leseprobe

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Ausschnitt aus Seite 247 f.

Sie war verzweifelt. Sie hoffte inständig es wäre ein Traum und kniff die Augen fest zusammen. Er würde bald enden. Ganz sicher. Doch er nahm kein Ende. Ihre Hände begannen zu zittern und Frost fuhr durch ihren Körper. Sie wusste nicht mehr wie ihr geschah, bis es verstummte.

Vivian horchte auf und nahm langsam die Hand weg. Kein Laut. Es war leise. Bedrohlich leise, sodass sie ihren eigenen Atem hörte; sonst nichts.

Sie machte erst das eine Auge auf und dann das Zweite. Alles was sie sah war weiß. Wo sie auch hinsah. Weiß. Die Farbe wollte nicht verschwinden. Sie befand sich in einem leeren Nichts. Sie blickte an sich hinunter. Das Einzige was Farbe in diesen Raum brachte, waren ihre braun blau getönten Kleidungsstücke.

Sie stand langsam auf und glaubte zu fallen, doch die Phantasie spielte ihre nur einen Streich. Der Boden - es gab tatsächlich einen - fing ihr Gewicht federleicht auf. Vivian war verblüfft und sah auf ihren Fuß, der in diesem weißen Nebelschwaden leicht verschwand und trotzdem stabil auftrat. Wie war das möglich? War es möglich das sie verrückt war und jetzt glaubte im Himmel zu sein?
Wohl ja. Das kam am Wahrscheinlichsten in Frage. Was sollte es sonst sein?

So sehr sie sich auch anstrengte, ihre Umgebung blieb gleich. Nichts veränderte sich. Sie glaubte bald würde sie paranoid werden, wenn sie noch länger das weiße Nichts sah. Sie begann einen Fuß vorzusetzen und schritt voran. Sie ging und ging, doch es fühlte sich an, als sei sie sei auf einem Laufband, das immer nur an derselben Stelle stand und nur das Band in Bewegung blieb. Vivian blieb verzweifelt stehen. Sie schloss die Augen und spürte wie sie eine Wut überkam, ein starkes brodelndes Gefühl in ihrem Inneren. Sie schlug die Augen auf und sah sehr gereizt aus.

,,Das ist nicht witzig!", rief sie in die Leere hinein und ihr Gesicht wurde vor Anspannung dabei rot.

,,Lass mich gehen!" Ein lauter Hall ihres Gebrüll antwortete ihr, bis es verstummte und es wieder leise war. Lange passierte nichts.

Plötzlich begann der Boden zu beben und Vivian schwankte unsicher auf ihren Beinen hin und her. Der Nebelschwaden löste sich langsam auf und gab den Blick auf einen tiefen Riss im Boden frei, der immer breiter wurde und eine tiefe Finsternis zeigte. Sie wich unwirklich zurück, doch konnte nicht. Etwas zog sie dorthin.

So sehr sie sich auch wehrte, es half nichts. Die Finsternis breitete sich unter ihr aus und verschluckte sie. Sie spürte wie sie fiel und kniff die Augen zusammen und rechnete jeden Moment mit einem harten Aufprall, doch nichts dergleichen geschah. Sie machte langsam ihre Augen auf. Schwarz. Überall um sie herum. Sie stöhnte auf und hörte leicht den Wind an ihrem Ohr vorbeiziehen. Fiel sie etwa langsam? Oder hatte dieses Nichts kein Ende? Würde sie für immer hier fest bleiben?

Tausende von Fragen schwirrten in ihrem Kopf herum. Plötzlich blendete sie etwas. Ein Blinken. Sie strengte ihre Augen an und sah, wie durch eine unsichtbare Hand Buchstaben geschrieben wurden, in einem strahlenden Weiß mit Gold vermischt. Sie verfolgte jeden einzelnen Strich und runzelte am Ende die Stirn.

,,Finde den rechten Weg", murmelte sie vor sich hin. Was sollte das denn jetzt bedeuten?

Doch ehe sie sich weitere Gedanken darüber machen konnte, verschwanden die Buchstaben und das Schwarz um sie herum löste sich auf. Sie schloss die Augen und betete.

Die Kette des Glücks ✔ #Wattys2019Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt