Kapitel 55

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Emma

Obwohl ich diese Nacht im Hotel so herbeigesehnt hatte, war sie doch nicht wirklich erholsam. Ständig kreisten meine Gedanken um dieses Kinderthema, dass ich kaum zur Ruhe kam. Und als wäre das nicht genug, reagierte Wincent so anders als ich, was mich noch mehr beschäftigte. Wie konnte er sowas sagen? Wie konnte er kein bisschen Panik zeigen? Ich spürte wie er sich hinter mir bewegte und sich an meinen Rücken kuschelte. Er schlang seinen Arm um meine Mitte und schob seine Hand unter mein Shirt an meinen Bauch. Ich versuchte mich unter seinen Berührungen zu entspannen, was mir deutlich schwerer fiel als normalerweise. Ich konnte nicht ausblenden, dass er an Sex dachte, während in meinem Kopf immer noch die „Pille vergessen"-Sache kreiste. „Entspann dich", hauchte er mir ins Ohr und ließ seine Hand tiefer zwischen meine Beine wandern. Als ob das auf Knopfdruck funktionieren würde. Irgendwann gab er auf, drehte mich auf den Rücken und sah mich an. „Was muss ich dir sagen, damit du dich locker machst?", fragte er und ich zuckte nur mit den Schultern. „Die Zeit lässt sich jetzt nicht mehr zurückdrehen, es ist wies ist...oder eben nicht. Mach einfach nen Test, bevor du die neue Packung anfängst und dann sehen wir weiter. Jetzt zu diesem Zeitpunkt zu grübeln macht keinen Sinn, Emma", sprach er auf mich ein und ich musste zugeben, dass er Recht hatte. 

„Trotzdem kann ich nicht einfach so mit dir schlafen...", murmelte ich. Wincent sprang auf und verschwand im Bad, während ich an die Decke starrte. Er hatte Recht, ich musste das Thema abhaken, weil wir momentan nichts ändern konnten. Und mal ehrlich, die Wahrscheinlichkeit jetzt schwanger zu sein ging gegen null. Kurze Zeit später ging die Badtür wieder auf und Wincent schmiss sich grinsend wieder neben mich und hielt mir eine Packung Kondome vor die Nase. Verwirrt sah ich ihn an. „Will ich wirklich wissen, warum du auf Tour Kondome dabei hast?", fragte ich. „Safety first", meinte er, „ich wusste ja nicht ob du immer dabei bist oder vielleicht doch mal ne Pause brauchst". Ich griff mein Kopfkissen und zog es ihm über. „Du spinnst ja wohl!", lachte ich. Natürlich meinte er das nicht Ernst.

„Komm her", murmelte er und ich kuschelte mich wieder in seinen Arm. „Ich bin da für dich, immer", flüsterte er und küsste mich auf den Kopf. Ich wusste das und ich war ihm dankbar dafür, dass ich grad einfach nur seine Nähe brauchte und kriegte. Irgendwann wanderten seine Hände wieder unter mein Shirt und seine Küsse waren längst nicht mehr unschuldig. Automatisch musste ich grinsen. „Versuch Nummer Zwei?", stichelte ich. „Nur wenn du willst...", erwiderte er. Ich drückte ihn auf den Rücken und kletterte auf seinen Schoß. „Ich brauch mal ne Pause in meinem Kopf und das schaffst nur du so richtig gut", flüsterte ich und drückte ihm meine Lippen auf seine. Mit jedem Kleidungsstück, das wir verloren, verabschiedete sich auch ein schlechter Gedanke meinerseits. Wincent kniete über mir und verteilte Küsse an meinem Hals, auf meiner Brust und meinem Bauch, bis er zwischen meinen Beinen angekommen war. Mich durchzog ein Feuerwerk, als seine Lippen auf meine Mitte trafen und ich driftete gedanklich völlig ab. Ich ließ mich einfach nur von meinen Gefühlen leiten. Wincent trieb mich recht schnell an den Abgrund, dass ich ihm selbst zeigen musste, dass er aufhören sollte. Schwer atmend sah ich ihn an, als er sich über mich schob. „Was is?", fragte er. Ich musste schlucken und mich kurz beruhigen. „Wenn du nicht aufhörst, hast du gleich nichts davon", grinste ich. Mein Atem ging noch immer viel zu schnell. „Darum gehts grade nicht", grinste er und verschwand wieder unter der Decke.

Ich war sofort wieder auf dem gleichen Level, als ich seine Zunge spürte und das fühlte sich so gut an. Ich vergrub meine Finger in seinen Haare und presst ihm mein Becken entgegen, als er mich stöhnend zum Höhepunkt brachte. Eine lange Welle durchströmte meinen Körper und es dauerte gefühlt Minuten, bis sie abebbte. Ich drehte meinen Kopf auf die Seite und öffnete langsam die Augen. Wincent grinste mich an. „So gefällst du mir schon besser", meinte er und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. Er wusste einfach immer, was ich gerade brauchte. Ob es jetzt was Körperliches war oder was Mentales. „Danke", sagte ich. Erst nickte er lächelnd, dann schaute er schockiert. „Also entweder ich war diesmal übertrieben gut oder sonst echt schlecht...du hast dich noch nie bedankt", brabbelte er. „Du Spinner, ey", lachte ich, „nicht dafür. Für alles. Dass du bist wie du bist und mich auffängst". Jetzt lächelte er wieder und zog mich in seine Arme. „Ich liebe dich", sagte er, „und ich freu mich, dass wir heute dieses Bett nicht verlassen und uns keiner auf den Nerv geht". Oh ja, das hatten wir Beide absolut nötig; wir alle wahrscheinlich. 

Zumindest hörten wir auch von dem Rest der Crew nichts, erst als wir am nächsten Tag weiter zur nächsten Location fahren mussten. Ich sah schon als wir aus dem Aufzug ausstiegen, dass das Chaos vor dem Bus in vollem Gange war, weshalb ich Wincent kurz zurückhielt. „Das gestern bleibt unter uns, oder? Bis wir das Ergebnis des Tests haben, gibt es nichts zu reden...", sagte ich. Wincent nahm meine Hand und drehte mich zu sich.

„Babe, denkst du eigentlich ich rede mit denen über sowas? Wir haben ja auch irgendwo noch ein Privatleben, also ja, klar, das bleibt unter uns", erwiderte er und er klang dabei echt ein bisschen gereizt. Erst überlegte ich nochmal nachzufragen, aber andererseits hatten wir dafür weder Zeit noch genug Zweisamkeit. Also beschloss ich seine patzige Antwort zu ignorieren und mich wieder in meine Arbeit zu stürzen; dass Amelie schon mit Papierkram auf mich zu kam, war mir gerade Recht. Wincent brachte unsere Rucksäcke in unser Zimmer und ich sah ihn erst wieder, als wir in der nächsten Stadt ausstiegen. Da brummelte er noch immer vor sich hin und vergriff sich das ein oder andere Mal im Ton im Umgang mit der Crew, dass ich doch nochmal das Gespräch suchte. In einer ruhigen Minute passte ich ihn vor seiner Garderobe ab. „Hey, was is los?", fragte ich. Seufzend drehte er sich zu mir um. „Nichts, was soll sein? Du hast es selbst gesagt, bis wir keinen Test haben gibt es nichts zu reden, also...", brummte er und ließ mich stehen. Wollte er wirklich so weitermachen, bis ich in ein paar Tagen diesen scheiß Test machen konnte? Das halt ich nicht aus. „Wincent!", rief ich ihm noch nach, aber er ignorierte mich. Wütend stapfte ich erst in seine Garderobe, um meine Jacke zu holen, und dann zu Amelie ins Büro. Ich suchte meine Tasche und mein Handy und wollte gerade aus der Tür, als sie mich aufhielt. „Wo willst du denn jetzt noch hin?", fragte sie.

Sie musterte mich und sie wusste, dass irgendwas nicht stimmte. „Ich muss nochmal kurz was einkaufen", sagte ich, aber mir war klar, dass ich weiter ausholen müsste, damit sie mich gehen ließ. „Aber da stehen sicher schon Fans draußen", warf sie ein. Darauf konnte ich gerade keine Rücksicht nehmen. „Ich weiß, aber ich muss", erwiderte ich und dann ging ich. So unauffällig wie es nur ging versuchte ich das Gelände zu verlassen und hüpfte ins nächste Taxi. Ich ließ mich ins letzte Viertel der Stadt fahren und huschte dort in die Apotheke. Ich war mir sicher, da würden mich am wenigsten Menschen sehen und erkennen. Ich kaufte alibimäßig noch eine Packung Schmerztabletten und Erkältungsmittel und dann war ich auch schon wieder im Taxi auf dem Weg zurück. Es war eigentlich totaler Quatsch jetzt zu diesem Zeitpunkt schon einen Test zu machen, deshalb kaufte ich gleich mal einen Fünferpack- sicher ist sicher! Aber ich konnte Wincents Laune niemals eine ganze Woche lang ertragen. Ich hetzte wieder durch die Halle, bis ich ihn vor der Bühne auffand. „Wince! Mitkommen!", sagte ich und griff nach seiner Hand. Ich zog ihn hinter mir her zu den Toiletten und zeigte ihm den Test. „Ich pinkel jetzt darauf und dann redest du wieder normal mit mir, ist das klar?", bluffte ich ihn an und er nickte nur. Ich legte den Teststreifen aufs Waschbecken und stellte einen Timer. Wir sahen uns an und wir warteten. 

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