komisches Gefühl

37 4 0
                                    

Reiner

Gedankenverloren ging ich in der Europagalerie umher. Eigentlich war es mein Ziel gewesen ein Geschenk für meine Cousine Gabi zu finden, aber es fiel mir schwerer denn je mich auf die Realität zu konzentrieren. Grad als ich in das Geschäft, Starbuchs, gehen wollte sah ich eine alte Bundeswehr Kameradin, Hanji Zoe, die hatte ich seit meiner Rückkehr nicht mehr gesehen. Freudestrahlend winkte sie mir zu und ohne weiter darüber nachzudenken trat ich näher an sie heran bis ich eine weitere Frau sah. Die Frau saß mit dem Rücken zu mir, ihre langen dunklen roten Haare fielen glatt über ihren Rücken. Dann stand ich neben dem Tisch und plötzlich hielt ich für einen kurzen Moment meinen Atem an denn die Frau wandte langsam ihr Gesicht zu mir und ich erkannte, dass es meine Therapeutin Stella Weiß war. Um nicht gänzlich die Fassung zu verlieren wandte ich mich schnell Hanji zu. „Das stimmt. Es ist einige Zeit seitdem vergangen. Ist alles okay bei dir? Gibt es irgendwas neues?“ Hanji bewegte sich um den Tisch herum und umarmte mich, für meinen Teil brauchte ich erst eine Sekunde um die Umarmung zu erwidern. „Ach Reiner. Es freut mich so sehr. Du siehst seitdem schon ein bisschen besser aus. Die Stimmung in der Bundeswehr ist zwar noch ein bisschen gekippt, aber es geht bergauf. Ich möchte ja nicht unhöflich sein daher. Sie ist meine beste Freundin Stella.“

Dieser Moment kam mir unendlich vor, denn ich wusste nicht ob ich ihr sagen sollte das diese Frau meine Therapeutin war. Ich entschied mich dafür, dass ich diese Information für mich behielt, denn so sehr ich auch Hanji mochte, wollte ich dennoch nicht das sie alles wusste. Scheinbar galt das auch für Stella. Stella erhob sich und reichte mir ihre zärtliche blasse Hand und stellte sich nochmal selbst vor. Bei den letzten zwei Sitzungen trug sie einen eng anliegenden schwarzen Rock dazu ein weißes Hemd und ein schwarzen Blazer. An diesem Tag trug sie eine eng anliegende schwarze Jeans, ein Bandshirt von bring me to horizon und ein schwarz rotes Karo Hemd. Ehrlich gesagt hätte ich nicht auf so einen Kleidungsstil gewettet, aber man wird immer wieder überrascht. An ihrem Hals hing eine etwas längere silberne Kette mit einem Saphir dran. Da musste ich unweigerlich an die letzte Sitzung denken und so unglaubwürdig es auch klang, aber die Steine halfen. War das alles nur Einbildung gewesen oder funktionierte sowas wirklich?

„Freut mich Stella. Ich bin Reiner.“ Die Situation war etwas merkwürdig, aber ich konnte mich ihr auch nicht entziehen. Irgendwas behielt mich hier und eine der Gründe waren die braunen Augen meiner Therapeutin. „Wieso bist du eigentlich in der Galerie?“ Hanjis Stimme riss mich wieder zurück und mein Blick war wieder ihr gerichtet. „Mein eigentliches Ziel war es ein Geschenk für Gabi, meiner Cousine, zu besorgen. Sie hat demnächst Geburtstag und wird dreizehn Jahre alt, aber bisher erfolglos.“ „Da habe ich eine gute Idee mein Guter. Besorg dir ein Kaffee und gesell dich zu uns und leg eine Pause ein.“ Hanjis Angebot klang verlockend, aber vorsichtshalber riskierte ich ein Blick zu Stella, die mir ein zärtliches Lächeln mit ihren roten Lippen zurück gab. „Eine gute Idee von ihr. Man braucht immer mal eine kleine Pause.“

Erst als ich im Laden selbst war schüttelte ich den Kopf und dachte nochmal drüber nach wie ich Stella gemustert habe. Irgendwas lief da ein bisschen falsch, aber ihre braunen Augen beruhigten mich und ich konnte nicht sagen ob es daran lag weil sie meine Therapeutin war oder aus einem anderen Grund. Nervös kratzte ich mich am Nacken nachdem ich mir einen großen Kaffee mit Milch bestellt habe. Von weitem sah ich wie Stella wild etwas auf ihrem Handy tippte. Mit meinem Kaffee in der Hand gesellte ich mich zu den Frauen. „Momentan sind keine Konzerte angesetzt, trotz neues Album, mal sehen wann sie wieder nach Deutschland kommen. Egal, dieses Jahr gehen wir zu Rock am Ring und da kommen unfassbar viele gute Bands.“ Mit diesen Worten schloss die Rothaarige die Eventim App und blinzelte mich dann an.

„Was für Musik hörst du denn eigentlich Reiner?“ Meine Augen wurden bei der Frage etwas größer aber um gelassener zu wirken lehnte ich mich nach hinten. Es war mehr als nur komisch wenn deine Therapeutin dir eine Frage stellte die nichts mit deiner Psyche zu tun hatte. „Ich kann mich schlecht auf ein Genre fokussieren, aber beim trainieren bevorzuge ich dann doch Bands wie Slipknot, Korn, Limp Bizkit und viele andere.“ „Es sollte mich eigentlich nicht schocken, denn ich wusste die Antwort, aber es überrascht mich dennoch.“ Mit hochgezogenen Augenbrauen betrachtete ich meine ehemalige Kameradin, die darauf in lachen ausbrach. „Verzeih mir Reiner, aber du siehst echt nicht danach aus als würdest du sowas hören.“ „Wie sieht man denn aus, wenn man sowas hört?“ Stella und ich stellten im selben Augenblick diese Frage.

Stella und ich führten während dem ganzen Gespräch unser Schauspiel fort bis sie sich erhob und meinte sie müsste jetzt mal aus der Galerie raus um eine zu rauchen. „Da kannst du froh sein, dass du nicht alleine gehen musst, denn Reiner ist auch Raucher außer es hat sich in den letzten paar Monaten geändert.“ „Nein das hat sich nicht geändert.“ Mit diesen Worten begleitete ich Stella raus, als wir dann draußen standen zog sie ihre rote Zigarettenbox aus ihrem schwarzen Mantel und bat mir eine an. Zögernd nahm ich eine und sie fing mit einem Gespräch an. „Ehrlich gesagt war ich ein bisschen überrascht dich privat anzutreffen. Überraschter bin ich das du rauchst.“ Lachend machte sie ihre Zigarette an und überreichte mir ihr Feuerzeug. „Das kann ich nur zurückgeben.“

Die Flucht vor den SchattenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt