15.

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Das Gesicht der alten Frau wurde für ein paar Sekunden von Schock überzogen, was für Jimin ein klares Zeichen war, das er hier richtig war, um Yoongis Trauma zu finden. Oder wie Doktor Lin ihm vor neun Monaten gesagt hat und jetzt wahrscheinlich sagen würde; Traumen.

"Es sieht so aus, als würden Sie sich an ihn erinnern." Meinte Jimin.

Die alte Frau nickte. "Yoongi.. Ich kann mich erinnern, als wäre es gestern, dass ich ihn im Arm hatte." Sie lächelte schwach. "Kennen Sie Yoongi?"

"Offensichtlich. Ich bin hier, um über ihn zu reden."

"Wie geht es ihm? Ich habe seit Jahren nichts mehr von ihm mitbekommen."

"Nun ja.." Jimin dachte gar nicht nach, sondern redete einfach. "Er sitzt in einer Psychiatrie, weil er fünf Leute umgebracht hat. Leider ist er ein Soziopath und bereut es deshalb nicht. Ich bin hier, um herauszufinden, was ihm zum Soziopathen gemacht hat."

"Er... Was?" Die Frau bekam Tränen. "Er hat fünf Leute.." Sie schüttelte ihren Kopf. "Wer sind Sie?"

"Ich bin sein-" Ex- "-Verlobter. Ich will einfach, das er geheilt wird." Eine kleine Lüge wird schon nicht schaden.

"Oh!" Sie lächelte sanft. "Ich bin froh, das sie sich so um ihn kümmern. Yoongi war schon immer etwas... schwierig."

Jimin wollte lachen. Als ob er das nicht weiß.

"Was ist mit ihm passiert? Ich habe mir die Bilder angeschaut. Er sieht mit jedem Jahr schlimmer aus." Jimin sah die Frau ernst an.

Sie mied Jimins Blick. "Früher... früher haben wir die Familien, die der Kinder adoptieren wollten, nicht so gut überprüft wie heute.. Leider ist Yoongi wirklich oft zu Familien gekommen, die... die ihn misshandelt haben." Sie seufzte traurig aus.

Jimin hatte sich schon sowas in der Richtung gedacht, doch es bestätigt zu bekommen... ist noch mal was anderes.

"Nach ein paar Familien wollte er natürlich zu keiner neuen mehr, aber.. Ich habe ihn dazu gebracht sich weitere Familien anzuschauen.. Großer Fehler." Sie schluchzte auf. "Er war noch so jung.. Als ich einmal vorbeigeschaut habe, sah alles gut aus.. Ich hätte merken sollen, das Yoongi Angst hatte. Habe ich aber nicht."

"Was ist passiert?"

Sie schüttelte ihren Kopf und wischte sich Tränen weg. "Er hat so viel ausgehalten... Und es ist immer wieder passiert!" Sie schluchzte auf.

"Frau Kim, was ist passiert?" Wiederholte Jimin sich strenger.

"Der kleine Yoongi... Er wurde so oft von Menschen misshandelt und diese eine Familie.. War schlimm. Sadistisch. Sie haben ihn sexuell missbraucht, als er elf Jahre alt war.. Bei dieser Familie war er sogar am längsten... Wenn ich nur etwas davon mitbekommen hätte."

Jimin schloss seine Augen und versuchte nicht emotional zu werden.
"Wie hat es aufgehört?"

"Er wurde eines Tages von der Polizei aufgesammelt. Er war voller blauen Flecken und Blut.. Er wurde von ihnen fast tot geprügelt. Anscheinend haben sie gedacht, er würde sterben und haben ihn deswegen einfach in einen Müllcontainer geworfen. Er wäre auch gestorben, wenn er nicht rechtzeitig gefunden worden wäre."

Ach du scheiße.

Yoongi... wäre beinahe gestorben.

"Auf den Bildern sah er schon früh schlecht aus. Wann war er bei der ersten schlimmen Familie?"

"Die erste Familie, die er besucht hat, war schon misshandelnd. Aus irgendeinem Grund zog Yoongi so schlechte Menschen förmlich an, wie ein Magnet."

Jimin biss sich auf seine Lippe, um den Schmerz im inneren Verstummen zu lassen.

Wie, als wären Mauern gefallen, sah er Bilder aus seiner Vergangenheit vor sich. Er sah Yoongi.
Yoongi, der sich Mal wieder nicht in der Sport umkleide nicht umziehen wollte und deshalb gemobbt wurde.
Yoongi, der von Jimin auf den Boden geschubst wurde, weil er ihn einfach aufgeregt hat.
Yoongi, der einen Eimer Wasser über geschüttelt bekam, weil es der Rest der Klasse so lustig fand.
Yoongi, der eine kurze Hose trug, weil es Sommer war. Man konnte leichte blaue Flecken erkennen.. Jeder hat gedacht, es waren Mitschüler...

Wie zur Hölle hat Yoongi sich selbst noch nicht umgebracht, dachte Jimin erschrocken. Wenn ich sein Leben hätte, wäre ich schon längst nicht mehr auf der Welt. Ist... ist er depressiv? Weil ganz ehrlich, wie kann jemand ohne Depressionen so etwas aushalten- Oh, wahrscheinlich hat sich die Soziopathie als Schutz gebildet...

Jimin merkte, wie mein Herz brach.

Yoongi hat das nicht verdient.

Keiner hat das verdient.

Hinter Jimin ging die Tür des Büros auf. "Frau Kim, ich habe- Oh, störe ich?"

Schnell stand Jimin auf. Es war zu viel auf einmal gewesen. "Nein. Ich wollte jetzt gehen." Er sah zu Frau Kim. "Danke für die Informationen."

"Kein Problem. Ich hoffe, das hilft Yoongi bei seiner Genesung."

"Min Yoongi?" Jimin sah zu dem älteren Mann und nickte. Jimin erkannte ihn, er war der Mann, der auf einem Bild bei Yoongi steht. "Ich erinnere mich an den kleinen! Toller Junge.. Ich muss dann Mal." Somit war er schnell weg.

Hmm, komisch.

Jimin schüttelte seinen Kopf und sah zu Frau Kim. "Bis dann." Verabschiedete er sich und ging aus dem Büro hinaus.

In Gedanken lief er durch das Haus, auf Suche nach dem Ausgang, welchen er aber nicht fand, weil er sich auf die Informationen konzentrierte, die er eben erfahren habe.

Wie konnte ich das alles nie wissen? Fragte er sich selbst.
Immerhin hätte ich Yoongi schon geheiratet, hätte er meine Freunde nicht umgebracht.

Traurig seufzte er aus und konzentrierte sich nicht mehr auf seine Gedanken, da er nach Hause wollte.

"Oh." Machte Jimin, als er merkte, dass er keine Ahnung hatte, wo er ist. Jimin hörte eine Stimme hinter einer Tür, die einen Spalt geöffnet war, vorkommen.

Bestimmt kann mir derjenige, der da redet, helfen, dachte er sich.

Er hatte schon fast die Tür aufgemacht, da hörte er die Stimme "Yoongi" sagen.

Er zog verwirrt seine Augenbrauen zusammen.

"Ja, Min Yoongi! Wie oft denn noch?! Ich glaube, die Polizei hat etwas herausgefunden."

Schnell nahm Jimin sein Handy heraus und fing ein Audio an.
Das, was der Mann da gesagt hat, hörte sich nämlich nicht wirklich legal an.

In der Tat hörte es sich sogar sehr verdächtig an.

𝐏𝐬𝐲𝐜𝐡𝐨 | ʸᵒᵒⁿᵐⁱⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt