Vivians PoV:
„Willst du mir jetzt schon den Rest erzählen, oder wollen wir kurz eine Pause machen?", fragte ich Karo.Sie hielt kurz inne, während sie sich ihre Jacke auszog und erwiderte schließlich: „Ich würde uns beiden jeweils eine Tasse Tee kochen und dann bereden wir alles Weitere, wenn das für dich okay ist."Ich nickte und stellte meine Schuhe in unser Schuhregal.Während Karo in der Küche unseren Tee kochte, machte ich es mir auf dem Sofa bequem und suchte im Internet nach Artikeln zu der Entführung meiner Zwillingsschwester. Es gab eine Menge an Artikeln, aber keine brauchbaren Informationen, schon gar nicht zu den Tätern. Gemeinsam mit Karo war ich als wahrscheinlich die Einzige, die wusste, wie sie aussahen. Blöd nur, dass das vermutlich nicht helfen würde.
Als der Tee fertig war, setzte sich Karo neben mich und stellte die beiden Tassen vor uns auf den kleinen Tisch, auf den ich daraufhin auch mein Handy ablegte.
„Also Vivian ... Du weißt ja nun, wer das Mädchen ist."Zustimmend nickte ich und nahm einen Schluck von meinem Tee. Es war ein schön intensiv schmeckender Früchtetee.„Bei dem Termin gleich, wollte ich fragen, ob es möglich ist, dass Zwillinge so eine enge Verbindung zueinander haben können, dass sie so etwas wie Visionen von einander haben. Wenn dies der Fall ist, könnten wir eine Aussage bei der Polizei machen gehen, da du in dem Fall als Zeugin durchgehen könntest."
Das klang in meinen Ohren plausibel, aber ich hielt es auch für sehr unwahrscheinlich, dass es so eine Verbindung zwischen Zwillingen gibt, vor allem, wenn sie sich eigentlich gar nicht kennen.
„Es wäre eine Möglichkeit und einen Versuch wert", erwiderte ich.
„Gut, dann steht das schon einmal fest." Meine Schwester lächelte und nahm auch einen Schluck von ihrem Tee. „Da wir meine Plänen nun abgesprochen haben; hast du noch irgendwelche Fragen bezüglich unserer Schwester?"
Während ich nachdachte, trank ich noch einen Schluck von meinem Tee. Es gab so vieles, was ich wissen wollte.
Ich stellte meine Tasse ab und prompt sprudelte es nur förmlich so aus meinem Mund heraus. „Warum lebt sie nicht wie ich bei dir? Wie kann es eigentlich sein, dass wir Zwillinge sind, wenn wir uns nicht einmal ähneln? Weißt du, wer die Leute sind, die sie Entführt haben? Kann es was mit unseren Eltern zu tun haben? Wo würde sie ohne die Entführung jetzt leben? Weiß sie, dass sie mich als ihre Zwillingsschwester hat? Weiß sie überhaupt, dass sie eine Zwillingsschwester -"
„Nicht so schnell!", unterbrach mich Karo schmunzelnd.
„ - hat?", beendete ich meine Frage trotzdem noch.Nun mussten wir beide ein wenig lachen.
Eigentlich war es gar nicht lustig, da es ja schließlich um meine entführte Zwillingsschwester ging, aber ich denke, wir waren schlichtweg einfach erleichtert, dass dieses Geheimnis endlich raus war.
Wir beide tranken noch einen Schluck Tee, bevor Karo mir meine Fragen beantwortete.
„Also, ihr seid zweieiige Zwillinge. Wir beide kommen mehr nach unserer Mutter und Sonja, dein Zwilling, mehr nach unserem Vater. Sie lebt nicht mit uns, weil ich mir keine zwei kleinen Kinder zugetraut habe. Außerdem wart ihr noch so jung, dass es kein Problem war, euch von einander zu trennen. Die vom Jugendamt haben dies zwar nur sehr ungern getan, aber da die Plätze in den Kinderheimen begrenzt sind und eine von euch eben nicht unbedingt in eins musste, haben sie mir dann eine von euch gelassen und da du die Ruhigere von euch zweien warst, bekam ich dich. Sie und ich hielten das für am besten, da ich nie wirklich Erfahrungen vorher mit kleinen Kindern hatte."
„Das klingt logisch."
„Ja. Ich hatte mich mit denen vom Jugendamt dann auf die Geschichte mit der Freundin geeinigt, damit es für euch nicht so schmerzhaft ist, wenn ihr euch aneinander erinnert. Ihr wart schließlich in einem Alter, in dem man so ein Detail noch vergessen kann. Vor allem, da ihr eh beide in Therapie solltet, falls ihr ein Trauma habt. Bei der Verarbeitung von dem Erlebnis hat man auch darauf geachtet, dass man eure Verwandtschaft zueinander weglässt und darauf gar nicht eingeht. Dadurch konntet ihr recht gut vergessen, dass ihr da zu zweit wart. Es ist mir auch nicht leicht gefallen, das so zu entscheiden, aber eine bessere Lösung wusste ich einfach nicht."
Sie machte eine kurze Pause, in der sie noch einen Schluck Tee trank.Währenddessen nickte ich und meinte: Sie biss sich auf die Lippe und schaute mich entschuldigend an.
Ich legte meine Hand auf ihr Knie und sagte: „Karo. Es ist okay. Natürlich ist es krass, aber ich verstehe deine Beweggründe und bin dir absolut nicht böse. Ich bin nur geschockt und vielleicht ein wenig überfordert, aber definitiv nicht sauer. Erzähl mir einfach alles, was du über unsere Schwester weißt."
Karo nickte kräftig und fuhr fort: „Da ich mich mit dem Jugendamt ja auf die Geschichte geeinigt hatte, denke ich, dass sie entweder gar nichts von dir weiß, oder dich, wie du sie in Erinnerung hattest, nur als alte beste Freundin in Erinnerung hat. Mit vier kam sie in eine Pflegefamilie, von der sie dann mit fünf Jahren adoptiert wurde. Bei der müsste sie bis heute leben. Soweit ich weiß, leben die auch nur ein paar Städte weiter, aber wo genau, weiß ich nicht. Ich könnte diese Informationen jederzeit beim Jugendamt einfordern, aber für mich ist es auch einfacher, wenn ich sie in Sicherheit weiß, aber nicht weiß wo."
Während sie erneut einen Schluck Tee trank lächelte ich sie warmherzig an und sagte: „Danke. Danke, dass du mir das alles erzählst."
Karo lächelte und nickte dabei, nachdem Motto „keine Problem".Eine Frage brannte allerdings noch in mir. „Haben unsere Eltern was mit der Entführung zu tun? Du wolltest ja unbedingt, dass ich die Entführer zeichne und da die Frau braune Haar, so wie wir und der Mann dunkelblondes Haar hat, könnte das passen."
Nun schaute Karo verzweifelt. Sie biss sich auf die Lippe und nahm dann wieder ihre Tasse und nahm einen Schluck. Dabei zitterten ihre Hände so doll, dass der Tee übergeschwappt wäre, wenn die Tasse noch voll gewesen wäre.
„Ich weiß eventuell tatsächlich mehr darüber, als ich dir sage, aber ich werde es dir auch nicht sagen. Es ist so, dass ich mir da nicht sicher bei sein kann. Erst einmal müssen wir mehr über deine Träume wissen. Dann gehen wir zur Polizei und der werde ich das sagen, aber dir erst einmal nicht. Es ist gut möglich, dass ich dabei wieder Flashbacks bekomme und die würden noch schlimmer sein als die, die ich bisher vor dir hatte.
Ich nickte heftig und entschuldigte mich immer und immer wieder für meine Frage.Wir einigten uns darauf, dass ich vorerst genug weiß und wir beide uns bis zu dem Termin ein wenig für uns, uns ausruhen und nachdenken werden.
Hey Leute :)
Die Hälfte von diesem Kapitel habe ich bei Kerzenschein im dunklem Zimmer wären der Earth Hour geschrieben und das hat echt mega Spaß gemacht ^^ Probiert das beim schreiben doch auch mal aus. Wie auch immer. Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und habt alle noch eine tolle Woche <3
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The Girl in my head
AdventureDie junge Vivian muss, als plötzlich ihre Schwester Karo Geheimnisse vor ihr hat, den Mut finden, sich den Problemen aus ihrer Vergangenheit zu stellen. Denn was passiert, wenn sie erfährt das dabei auch ihre Eltern involviert sind? Aber nicht nur d...