Kapitel 8

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MELANY

»Wie hat es die High Lady geschafft, zwischen all ihren neuen Verpflichtungen sich mit einer alten Freundin zu treffen?«, fragte ich an Feyre gewandt und nippte an meinem Tee. Wir hatten uns zwischen Blumenbeten und Bäumen in die gemütlichen Loungesessel gesetzt, die sich mit ihren hellen Farben deutlich von dem Grün der Umgebung abhoben. Vor Allem die alten Kirschbäume mit ihren weißen Blüten spendeten uns Schatten. 

Feyre grinste mich an und senkte ihre eigene Teetasse. »Wenn nicht ich die Macht darüber habe, wie mein Tag aussehen soll, wer dann?«

»Ach komm«, mischte sich nun Elain ein. Sie saß versunken in ihrem Sessel und hatte eine Hand auf ihrem Bauch. »Du hast dich wieder unbemerkt aus dem Haus geschlichen.«

Ich lachte in mich hinein. Feyre funkelte ihre Schwester böse an und nahm einen großen Schluck von ihrem Tee. Irgendwas an dieser Bewegung strahlte Belustigung aus. Sie wirkte so jugendlich und voller Trotz, dass ich nicht umhin kam, leise zu kichern. Jetzt sah Feyre mich mit jenem bösen Funkeln an, sodass ich mein Lachen hinter der Tasse zu verstecken versuchte. Vergebens. Denn nun mussten auch die anderen beiden Schwestern lachen.

»Ich will nie wieder hören, dass ihr mich zu selten seht«, beschwerte sich nun Feyre und versuchte ihr Grinsen angestrengt mit einem bösen Blick zu kaschieren. »Erst beklagt ihr euch und dann macht ihr euch über mich lustig.«

»Mylady, ich würde nicht im Traum daran denken, mich über Euch lustig zu machen«, sagte ich mit einer aufgesetzten Empörung. Um meinen Worten Nachdruck zu verleihen schüttelte ich entgeistert den Kopf und legte meine flache Hand an die Brust.

»Du bist schlimmer als die beiden hier«, sagte Feyre unter einem Lachen. Sie widmete sich wieder ihrem Tee. Ich deutete nur eine überzogene Verbeugung mit dem Kopf an und zwinkerte Elain zu. Sie schenkte mir ein vergnügtes Grinsen.

»Elain der Tee ist köstlich«, sagte Nesta nach einigen Minuten und nippte wieder an ihrem Tee.

»Ich habe frische Teeblätter benutzt statt getrockneten, das gibt ihnen noch einen zusätzlichen Geschmack«, sagte sie stolz. Sie richtete sich auf, um nach ihrem Tee zu greifen. Ich kam ihr vor und reichte ihr die Tasse. Sie lächelte dankbar.

»Wie verläuft die Schwangerschaft?«, fragte ich an Elain gewandt.

Sie seufzte laut. »Bisher ganz angenehm«, sagte sie. »Aber ich hätte gerne Lucien bei mir.«

»Ist er denn nicht in Velaris?«

»Nein.« Elain nahm einen Schluck. »Er ist vor zwei Wochen zum Frühlingshof.«

Ich riskierte einen Blick in Feyres Richtung, die starr auf ihren Tee blickte. Elain nahm meinen Blick wahr, schüttelte aber beruhigend den Kopf.

»Er kommt erst in einigen Wochen wieder. Er bleibt während Calanmai dort und hilft Tamlin dann bei einigen Angelegenheiten«, fuhr Elain fort. Sie wedelte mit der Hand und zog die Augenbrauen zusammen, wie als würde sie nach den richtigen Worten suchen. »Er sagte irgendwas von... Ich weiß nicht. Politische Dinge.«

Ich nickte als Zeichen, verstanden zu haben. Ich nahm noch einen Schluck und sah mich in dem Garten um. Die Blumen blühten in den unterschiedlichsten Farben, die Bäume trugen weiße und rosafarbene Blüten. Das Gras war von einem solch schönen Grün, dass ich am liebsten barfuß darüber gelaufen wäre. Überall erkannte man, dass Elain sich auch während ihrer Schwangerschaft liebevoll um den Garten kümmerte.

Der Ruf des SchattensängersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt