23 - fight

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Es machte mir unheimlich Freude, Tag und Nacht die Briefe zu lesen und auf sie zu antworten. Die Briefe, die an die Angehörigen und Freunde der Kinder und Jugendlichen gingen, wurden auch schon direkt am nächsten Tag verschickt und sollten in den nächsten Tagen bei ihren Empfängern ankommen. Ich tat kaum noch etwas anderes, als mich mit den Briefen zu beschäftigen, weshalb Liam und Niall dafür sorgten, dass ich mich am Mittwoch mal wieder von meinem Schreibtisch entfernte. Nur sehr ungerne willigte ich dazu ein, denn durch die Briefe erfuhr ich so viel.

Einige Absender schilderten mir ihr Leben vor ihrem Einzug ins Internat, andere erzählten, was sie sich für die Zukunft wünschten und dann gab es noch so einige, die mir berichteten, wie sie das Leben im Internat momentan wahrnahmen und was sie vermissten. Vieles hätten sie mir wahrscheinlich niemals persönlich gesagt und zeigte nur noch einmal, dass es manchmal doch leichter war, seine Gedanken und Sorgen erst einmal für sich aufzuschreiben, bevor man sie mit anderen teilte. Auch Niall war schon auf mich zugekommen, hatte mit mir über seinen Brief an seine Eltern gesprochen und realisierte langsam, was Liam und ich damit meinten, wenn wir sagten, dass er nicht alleine Schuld daran trug, hier zu leben.

Und dadurch, dass sich einige Kinder und Jugendliche nun dazu entschlossen hatten, ihre Gedanken mit mir zu teilen, fühlte ich mich noch willkommener im Internat. Ich fühlte mich immer wohler und die Gefahr, die mein Vater gesehen hatte, dass mir hier irgendjemand etwas antun könnte, sah ich keineswegs. Schließlich lernte ich die Bewohner immer besser kennen, die Briefe trugen nur dazu bei und das ich in so kurzer Zeit für so einige eine Vertrauensperson sein durfte, bedeutete mir viel und nahm ich auch nicht auf die leichte Schulter. So hatte ich mein angestrebtes Ziel mit den Briefen auf jeden Fall erreicht. Nur Louis und Zayn beschäftigten mich immer noch auf ganz besondere Weise und ich musste mir irgendwas einfallen lassen, um wieder gutzumachen, dass ich Louis so nahe getreten war, damit ich auch Zayns Zorn besänftigen konnte.

,,Bist du dann mal soweit Harry?", fragte Niall belustigt und nahm mir schlussendlich einfach den Stift aus der Hand, mit dem ich gerade eine neue Antwort auf einen Brief verfassen wollte, schließlich wollte ich bald allen einen Brief von mir zurückgeben. ,,Was haben Liam und du denn geplant?", erwiderte ich als Gegenfrage und versuchte meinen Stift zurückzuergattern, doch erfolglos. ,,Wir wollen einfach nur etwas mit dir im Wald spazieren gehen, damit du mal wieder frische Luft kriegst", antwortete mein bester Freund nun und schob meinen Stuhl zurück, damit ich aufstand. Schmunzelnd gab ich mich schlussendlich geschlagen, schlüpfte in meine Schuhe und folgte den beiden aus dem Internatsgebäude, in den angrenzenden Wald.

Es tat wirklich gut, die frische Luft zu atmen, sie lieferte mir neue Energie, half mir dabei, all meine Gedanken zu ordnen und einzusortieren, was ich seit Montag in den Briefen gelesen hatte. Anders als bei meinem ersten Besuch hier hatte ich nun so viel mehr, was ich meinen Eltern berichten wollte, Ideen sammelten sich, wie ich dem Internat helfen konnte und es fühlte sich gut an, die Gewissheit zu haben, etwas ändern und verbessern zu können. Vor allem, da sich nun alle immer mehr an meine Anwesenheit gewöhnten, ihnen bewusst wurde, dass ich mich für sie interessierte und sich dadurch immer mehr auf mich eingelassen wurde. ,,Kann ich euch mal was fragen?", ich sah zu Liam und Niall, während wir einem kleinen Trampelpfad durch den Wald folgten. Am Himmel sah es ein wenig nach Regen aus, aber bis dahin waren wir hoffentlich wieder im Internat. ,,Natürlich, was gibt es?"

,,Mir ist irgendwie klar geworden, vor allem in Verbindung mit den Briefen, dass dem Internat etwas fehlt. Ich weiß nicht genau, wie ich das beschreiben soll, denn ich fühle mich zwar wohl, aber so ein familiäres Gefühl würde ich mir wünschen und nicht nur Unterricht und Hausaufgaben. Ich hatte daran gedacht, dass man den Kindern, die daran Interesse haben, zum Beispiel Kochen beibringen könnte oder man macht Spieleabende oder ein kleines Fußballturnier, hauptsache man verbringt etwas Zeit mit den Kindern und lässt sie nicht die Mehrheit des Tages allein", erklärte ich, was mir in den letzten Tagen durch den Kopf gegangen war, während meine beiden Freunde mir lauschten. ,,Ich verstehe was du meinst. Als ich ein Kind war, habe ich zumindest an den Wochenenden etwas mit meinen Eltern unternommen und wenn es mit ihrer Arbeit gepasst hat, auch in der Woche. Ich kann mir vorstellen, dass das den Kindern hier fehlt, selbst wenn einige von ihnen ihre Familien regelmäßig sehen. Den größten Teil ihrer Zeit verbringen sie schließlich im Internat und dort sollen sie sich heimisch fühlen", stimmte Liam mir zu und schließlich sahen wir beide zu Niall, der das als langjähriger Bewohner im Internat wohl am besten beurteilen konnte.

Stranger To Love - Larry StylinsonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt