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Manche Ballerinas tanzen für den Ruhm und nehmen es deshalb in einigen durchgeknallten Fällen auch hin, für ihren Traum einen Fuß zu verlieren. Ich zog es da vor, meine Füße zu behalten, in der Hoffnung, eines Tages doch wieder tanzen zu können. Zwar hatte der Arzt mir gesagt, ich könne das tanzen vergessen, aber die Hoffnung stirbt zu letzt.

Jedenfalls musste ich durch den zu frühen Abbruch meiner Tanzkarriere von meiner Ballettakademie wieder zurück an eine normale Schule mit einer hässlichen Schiene am Knöchel.

,,Und du bist sicher, dass ich nicht mit rein kommen soll?", fragte Mum mich natürlich noch ein drittes Mal, als wir vor der Schule hielten.

Die Stonewell High.

,,Ja Mum, ich hab nur einen kaputten Fuß", schnaufte ich zum dritten Mal, ,,Außerdem hat Louis doch versprochen, mich persönlich in Empfang zu nehmen, wenn ich im Sekretariat durch bin."

,,Das beruhigt mich nicht sonderlich."

Ich lachte, dann stieß ich die Autotür auf, schulterte meine Schultasche mit den tonnenschweren Büchern und musste mich selbst immer noch daran erinnern, mit dem linken Fuß zuerst auszusteigen. Noch einmal an den Stulpen rum zuppeln, dann ging ich rüber zum relativ modern aussehenden Schulgebäude und schlüpfte an ein paar anderen Schülern vorbei, die einander gerade die Tür aufhielten.

Zu meinem Glück war das Sekretariat ausgeschildert und der Weg dahin wäre aber auch so nicht sonderlich schwer zu finden gewesen.

Ich klopfte aus Gewohnheit erstmal an die Tür und wartete, bis eine Stimme sagte: ,,Hereinspaziert."

Ich öffnete also die Tür und betrat den großzügig eingerichteten Raum.

Auf dem Schreibtisch in der Mitte des Raumes standen ein großer Computer, ein wie es aussah selbst bemalter Becher, aus dem einige Stifte raus lugten, eine pinke Kaffeetasse und ein Ablagesystem, in dem sich einiges an Papier ansammelte. 

Links vom Schreibtisch auf der Fensterbank standen einige strahlend grüne Pflänzchen und über der Kommode an der Wand gegenüber der Tür hing ein großes Whiteboard, auf dem irgendwas geschrieben stand, von dem ich keine Ahnung hatte, was es bedeuten sollte. Ich hatte kein Latein oder was auch immer das für eine Sprache war.

,,Ella, du bist die erste Schülerin, die hier geklopft hat", begrüßte mich die Rektorin, deren Namensschild sie als Nora D. auswies. Wo war der Rest von ihrem Nachnamen? Und sie sprach mich nicht mit Miss Rose an, wie locker war die bitte drauf?

,,Ja, kleine Angewohnheit meinerseits", sagte ich dazu nur und deutete auf einen der beiden Stühle vor ihrem Schreibtisch, ,,Darf ich mich setzen Madame?"

,,Natürlich und bitte, nenn mich doch einfach Nora, so wie der Rest der Schülerschaft", antwortete Nora, was mich noch mehr irritierte. Wenn man an der Akademie unsere Rektorin mal versehentlich mit ihrem Namen ansprach, musste man eine Strafarbeit anfertigen. ,,Welchen ersten Eindruck hast du so von unserer Schule?", fragte Nora mich mit einem freundlichen Lächeln. ,,Hier scheint definitiv alles entspannter zu sein, als an der Akademie, von der ich gerade komme", antwortete ich mit dem ersten, was mir durch den Kopf schoss. ,,Kann ich mir vorstellen", lachte Nora, ,,Also, ich hab mir schon mal ein paar Notizen gemacht, für eventuelle Fragen. Mittagessen gibt es in der Kantine in der Mittagspause, die geht von viertel vor eins bis halb zwei. Pausen gibt es nach jeder Doppelstunde, dass heißt, die erste ist um halb zehn, die zweite um elf. Der Nachmittagsunterricht geht bis viertel vor vier, dass heißt, um halb drei gibt es nochmal eine Pause. Sie können nach dem Unterricht noch an einer zusätzlichen künstlerischen oder sportlichen Aktivität teilnehmen. Da gibt es die Angebote Schauspiel, das Erlernen eines Musikinstruments, Ballett und Hockey. Was die anderen Mädels hier gerne machen, ist den Jungs beim Fußball zuzusehen."

the philosophy of flyingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt