(POV. KARMA)
»Ich hab dich lieb.«
»Aha...«
Ich weiß selbst nicht was hier abgeht. Wieso liege ich mit einem Typen im Bett, in einem fremden Bett, in einem fremden Haus? Und im ernst, welcher Typ hat blaue Zöpfe? Ich verstehe gar nichts.
»Karma«, wiederholt er. »Ich hab dich lieb.«
»Hast du doch schon gesagt«, brumme ich und schmiege mich in seine Oberschenkel.
Sie sind ein angenehmes Kopfkissen. Genau so angenehm wie seine Hand, die meinen Kopf tätschelt. Er kichert und schnipst mir eine Haarsträhne von der Stirn.
»Ich will, dass du es auch sagst. Oder liebst du mich nicht?«
»Doch.«
Er wartet lächelnd ab, aber da kann er lange warten. Ich sage es, wenn ich es will.
Auf einmal stehe ich auf - keine Ahnung wieso, was ist hier eigentlich los? - und setze mich ohne Sinn vor irgendso ein Wassergefäß, in dem eine Katze badet.
Ich wiederhole: eine Katze badet.
Vorsichtig berühre ich ihren Kopf und mich überrascht, wie trocken ihr Fell ist. Das Wasser wirft bei jedem Streicheln orangene Blubberblasen ins Zimmer, die aussehen wie tausend kleine Sonnenuntergänge. Das ist der kuscheligste Ort, an dem ich je gewesen bin.
»Ist das hier dein Haus?«, frage ich.
Der Junge schnaubt und reibt seinen dünnen Nacken. »Sehr lustig. Ich hab dir doch genug gesagt, wie schön ich dein Zimmer finde, Karma.«
Da ist es wieder.
Karma.
In meinem Bauch kribbelt ein fremdes Gefühl. Irgendwie mag ich, wie er meinen Namen ausspricht.Aber...
»Wie heißt du?«
»Huh?« Plötzlich lächelt er nicht mehr. »Erinnerst du dich wirklich nicht?«
Mist. Ich wollte den Moment nicht kaputt machen, es war so schön bis jetzt. Bevor ich lachen und verneinen kann, geht die Tür auf und mein Vater kommt herein.
Alle Farben, die bis gerade im Raum waren, weichen zurück und lassen ein düsteres Schwarz-Weiß zurück. Ein beklemmtes Gefühl packt mich. Das ist falsch. Mein Vater gehört hier nicht hin.
Warme Hände legen sich um meine Schultern und ich bemerke, dass ich wieder auf dem Bett sitze, mit dem Jungen an meiner Seite. Mein Vater beäugt uns stirnrunzelnd. Oder angeekelt?
»Was macht ihr da?«
Wir sehen ihn fragend an.
»Ihr macht hier nichts ... ist das klar?«
Ich weiß, was er sagen will. Abartiges, schwules. Eine Antwort kann ich nicht riskieren.
Er braucht sie gar nicht. Er nickt nur, als hätte jemand anderes gesprochen und er stimmt nur zu. Er schließt die Tür und die Farben fliegen zurück ins Zimmer.
»Karma«, flüstert der Junge in mein Ohr. »Hör nicht auf ihn. Hör auf mich.«
Seine Hand legt sich an meine Schläfe. Sie ist warm. Seine Lippen sind weich.
Ich schließe die Augen, als ich in ihrem sanften Geschmack versinke. Er zieht mich näher zu sich. Seine Finger zupfen an meinem Kragen.
»Ich hab dich lieb.«
BIEEP! BIEEP! BIEEP! BIEEP! BIEEP!