Kapitel 9

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„Manatsu-Grundschule", wisperte die Zuspielerin und ich bejahte. „Komm mit." Ich ging um die Ecke, wo ein kleiner Hügel war und von dort aus sah man unsere Grundschule besser. Auf dem Hügel lag eine orangene Decke, worauf wir uns setzten. „Eine Box?" Kohana schien die Kiste genau zu beäugen und ich kicherte. Langsam öffnete sie den Deckel und fand ein Stapel Bilder vor, woraufhin sie eins in die Hand nahm. „Unser Einschulungsbild!" Zusammen schauten wir darauf und verfielen zurück in die Zeit.

„Lächeln!" Ko-chan griff nach meiner Hand und zusammen blickten wir in die Kamera der Fotografin. Ab heute gehen wir in die Grundschule! „Wir sind in einer Klasse!" Sie rannte auf ihren Vater zu und ich wurde von meine Eltern in den Arm genommen. „Das ist schön zu hören. Zuhause feiern wir noch bisschen, aber dann geht ihr beide ins Bett. Morgen beginnt euer offiziell erster Schultag", sagte mein Vater und wir beide nickten fröhlich. Jetzt gehe ich mit Ko-chan in eine Klasse! Ich freue mich so sehr!

„Schau mal! Das war das Sportfest. Wir waren voller Schmutz nach dem Fußballspiel", lachte Kohana und ich stimmte zu. Damals stellten wir fest, dass das nichts für uns war. „Unsere Ausdauer war auch echt grottig." „Trotzdem hat es Spaß gemacht. Wow, das hab ich schon fast vergessen", Tominaga griff nach einem Bild. Lagerfeuer auf der Klassenfahrt im zweiten Jahr.

„Kohana, geh vom Feuer weg!", rief ich ihr zu, doch der Braunschopf fackelte weiterhin ihren Marshmallow ab. Idiotin! Wütend griff ich nach ihrem Kragen und zog sie davon weg. „Ich hab dir dein Leben gerettet, sonst wärst du abgefackelt!", sagte ich stolz und sie schaute mich genervt an. „Ich bin nicht aus Zucker, aber mein Marshmallow ist nun tot!" Ich schaute perplex auf den schwarzen Haufen, der auf dem Boden lag. „Das Ding war aus Zucker und ist verbrannt. Du hättest genauso enden können. Willst du von meinem etwas haben?", fragte ich sie und sofort kam ihr Lachen zurück, woraufhin sie sich wieder neben mich auf die Holzbank setzte. Ich hielt ihr den Spieß hin und sie biss glücklich davon ab. Ich war so fokussiert darauf den Marshmallow nicht in ihr Gesicht zu drücken, dass ich nicht bemerkte wie Sensei uns fotografierte, erst als der Blitz kam.

„Und bis heute kann ich keine Marshmallows grillen", meinte Kohana belustigt und ich kramte das nächste Bild aus der Box. „Uh, das war auch auf der Klassenfahrt! Wir waren ja damals am See und du hattest Angst zu schwimmen. Ich hab einfach nach deiner Hand gegriffen und dann sind wir schreiend den Steg runtergesprungen. Na ja, schwimmen konntest du jetzt auch nicht so gut, aber..." Ich ließ sie nicht ausreden, da ich den Satz beenden wollte: „...es war witzig. Du hast mir beigebracht meinen Ängsten zu stellen und ich lernte schwimmen. Aber der See stank nach Scheiße und war sonst auch ziemlich widerlich." „Du hast Recht." Grinsend nahm sie sich das nächste Foto zur Hand.

„Wie süß! Das war an deinem achten Geburtstag." Röte kam in mein Gesicht als ich das Bild sah.
„Ich finde es doof, dass du älter bist", murrte ich und sah Ko-chan an, die ziemlich stolz schien. „Das ist doch egal. Komm puste die Kerzen aus, Koshi. Ah, warte!" Sie bückte sich und hob mein dreijährigen Bruder Katsu hoch. „Will auch!", murmelte der grauhaarige, doch Kohana stupste einfach seine Nase an, damit er wieder lachte. Ich mag es, dass sie alle zum Lachen bringt! Ich atmete viel Luft ein, weil ich alle acht Kerzen gleichzeitig auspusten will! Unsere Familien begannen ein Geburtstagslied zu singen. Augenblicklich pustete ich alles aus und jeder klatschte. „Alles Gute zum Geburtstag Koshi!" Kohana bückte sich zu mir und sie gab mir ein Kuss auf die Wange. Oh Gott, ich werde rot! Ich kniff meine Augen zusammen als ein greller Fotoblitz entfacht wurde.

Sie lächelte mich an und ich wurde verlegen. Was sollte ich jetzt tun? Sie küssen? Nein, noch nicht. „Es gibt von so vielen Momenten in unserem Leben Bilder. Hallo junger Mann könnten sie ein Bild bitte machen?" Kohana stand auf und ging mit einer gelben Polaroid-Kamera auf einen Passanten zu. Ich hörte nicht über was sie redeten, doch nach wenigen Sekunden kamen sie wieder. Ko-chan half mir hoch und wir stellten uns so hin, dass die Schule im Hintergrund noch erkennbar blieb. Plötzlich drehte sie ihren Kopf und küsste mich wieder auf die Wange. „Das ist ein sehr schönes Bild! Wollt ihr noch eins?", fragte der Mann und wir stimmten zu. Ich schlang meine Arme von hinten um ihren Körper und legte lächelnd mein Kopf auf ihrer Schulter ab. „Wunderschöne Bilder. Hier!" Er reichte uns die zwei Bilder und die Kamera, die Kohana wieder in ihrer Tasche verstaute.

„Vielen Dank!" Ich bedankte mich höflich bei ihm, doch dieser winkte fröhlich ab. „Man hilft doch gerne junger Liebe. Du musst nichts sagen, Junge, denn du hast großes Glück, verlier sie nur nicht. Tschüss!" Der Mann ging wieder seinen Weg und wir beide schienen ziemlich verlegen. Wir waren nicht zusammen. Ich bereue es, nicht damals schon gesagt zu haben. Seufzend ließen wir uns wieder nieder und betrachteten die beiden Fotos. „Jetzt gibt es neue Erinnerungen. Eins für dich und eins für mich!" Sie reichte mir das Bild, auf dem sie mich auf die Wange küsste und steckte selbst das andere ein. Ich war so froh darüber, dass Daichi alles aufgebaut hatte und wieder eingeräumt hat, dadurch konnte ich mich ganz allein auf sie konzentrieren.

„Ich liebe jede einzelne dieser Erinnerungen aus vollem Herzen und ich will noch tausend neue Momente mit dir erleben. Wollen wir weiter?" Sie nickte und zusammen liefen wir zur dritten Station. Ich wollte tausend neue Erinnerungen, bekam aber nur ein Bruchteil geschenkt. Jedoch muss ich mich über das freuen, was geblieben ist.

Die kleine, zerbrechliche BlumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt