Kapitel 12

177 11 2
                                    

„Guten Morgen." Kohana trat übermüdet aus ihrem Haus. Sie sah so aus als hätte sie in den letzten Tagen kaum geschlafen. „Geht es dir gut?", wollte ich besorgt wissen. Sie war eigentlich der Mensch der mehr als neun Stunden Schlaf brauchte, um gutgelaunt zu sein. „Ja, alles gut. Hab diese Woche nur mit Training übertrieben", gestand sie energielos. Es war schon ein Fortschnitt, dass sie es einsah. Das Jahr zuvor hatte sie auch morgens trainiert, damit sie besser wird. Sie steckte so viel Zeit in Volleyball, da verstand ich einfach nicht wieso sie es nicht professionell machen wollte. Und ich dachte, dass eine Verletzung eine schlechte Ausrede sei.

„Heute ist ja Freitag, also trainiert ihr wieder?" Das dunkelhaarige Mädchen strich sich eine Strähne aus dem Gesicht und erst jetzt bemerkte ich die Haarspange. Sie trug es wirklich! „Nö, heute nicht. Ich hatte alle ab Montag gefoltert, wegen Chizuru. Aber es läuft alles super, weshalb ich die heute entlasse. Kann ich euch beim Training besuchen?"

„Klar, aber stell dich auf ein Chaos ein." Ich wusste, dass es anstrengend werden würde. Alle wussten nun von der Interhigh Bescheid und jeder versuchte sein bestes, jedoch übertrieben die Ersten, wodurch sie den anderen in die Quere kamen. „Wir waren alle mal so als Erstklässler. Meine sind abnormal faul. Ich hab keine Ahnung, wie die ohne uns Drittklässler vorankommen sollen. Es fühlt sich seltsam an, die Schule in paar Monaten zu verlassen." Wir verließen bald die Oberschule, obwohl ich mich erst jetzt so richtig eingelebt hatte. Meine zwölf Jahre Schule waren in geraumer Zeit abgelaufen. „Weg mit der Traurigkeit! Wir sollten lieber die verbleibende Zeit zur besten Zeit machen! Ab zum Japanisch Unterricht!" Kohana zerrte mich schnell zu den Schließfächern, damit wir unsere Schuhe anziehen konnten.

„Seit wann so viel Energie in der ersten Stunde, Ko?" Daichi tauchte neben uns auf. Er sah auch ziemlich fertig aus. Beide waren Kapitäne und hatten viele Aufgaben zu erledigen. Ich versuchte ja, wie Mei, dem Kapitän zu helfen, aber ich fühlte mich nicht wie ein nützlicher Vize. „Hey, nicht negativ denken! Ich kann deine Gedanken hören und es klang nach 'Ich bin keine große Hilfe'. Du bist ein guter Vize.", Daichi schaute mich aufmunternd an und Kohana sprach ihren Gedanken aus, „Ich habe gehört wie eure Erstklässler dich 'Sugamama' genannt haben und die hatten Recht, du bist echt fürsorglich und pflichtbewusst." Mein Gesicht färbte sich rot als ich diesen Spitznamen hörte. Was sollte das?!

Ich konnte nichts mehr darauf erwidern, da wir uns zu unserem Unterrichtsraum begaben. Kohana und ich saßen eigentlich nebeneinander, aber in Japanisch hatten wir eine neue Sitzordnung, weswegen ich mit Daichi recht weit hinten saßen, hingegen Kohana sich in der zweiten Reihe Tod langweilte. Sie saß in meiner Blickrichtung, wodurch ich sie durchgehend ansah. Ich sah, wenn sie mit ihren Sitzpartnern redete oder wenn sie vor Verzweiflung ihren Kopf gegen den Tisch schlug. Na ja, aber das passierte in Japanisch nicht oft. Kohana war begabt darin offen zu reden und schnell Leute in ihren Bann zu ziehen. Ihre Sprachkenntnisse waren gut, außer in Englisch. „Sugawara-san lesen sie bitte den dritten Abschnitt auf Seite 185 vor!"

„Hinata, Kageyama macht eine Pause!", rief ich zu den Idioten, die seit Ewigkeiten den Schnellangriff übten. „Gut Leute, wir haben nur noch die nächste Woche zum Trainieren, weil dann das zweitägige Oberschulturnier stattfindet. Wir haben zwei Spiele am ersten Tag, also trainiert fleißig!", sagte Takeda und Kiyoko verteilte unsere Getränke. „Ich schlag euch zu Brei, wenn ihr nicht weit kommt!", brüllte eine mir allzu bekannte Stimme. „Tomi-senpai bisschen mehr Respekt, auch wenn das deine Freunde sind", meinte eine ruhiges aber dennoch genervtes Mädchen.

„Yuki-cha-..." „Nein, nicht Yuki-chan! Ich schlag dich gleich zu Brei. Lässt einfach das Training für heute absagen, damit sich alle ausruhen. Du wolltest die Erstklässler mehr spielen lassen, da kann man es nicht einfach absagen! Nur weil du ein gutes Gefühl hast!" Okay, vor der hatte ich echt Angst. „Guten Tag! Mein Name ist Yuki Haira aus der 1-1 und die behinderte kennt ihr ja."

„Haira!" Hinata sprang freudig auf und klatschte bei der Blonden ein. Der war echt mit jedem gut. „Kiyoko, sag der bitte, dass man den Kapitän nicht anbrüllen soll!" Unsere Managerin seufzte nur und bat die beiden sich zu uns zu setzten. „Ich dachte du kommst allein", sagte ich zu Kohana. „Hab die abgefangen, damit sie sieht, wie Kiyoko sich als Managerin anstellt." Verständlich nickte ich nur.

„Dein Team kam doch immer recht weit bei der Interhigh und ihr wart doch auch bei den Nationalen, wie war es?", wollte Yamaguchi wissen und Kohana wurde Feuer und Flamme. „Die Interhigh ist genial, weil man dort an wenigen Tagen so viele Teams kennenlernt und Kontakte knüpft. Egal wer euer Gegner ist, nimmt ihn ernst, denn die Interhigh ist immer für Überraschungen offen. Wir kamen das letzte Mal bis in die Top 7. Aber ich will dieses Jahr, dass mehr Erstklässler da spielen, weil die Jahre davor nur die Dritt- und Zweitklässler auf dem Feld standen. Dasselbe beim Frühlingsturnier. Es ist am Anfang ungewohnt, weil die Halle riesig ist und man muss sich auf die örtlichen Begebenheiten anpassen. Viele werden interviewt und dort ist auch ein Hotspot für Talentsucher. Mein erstes Mal da war großartig, doch wir flogen nach drei Spielen raus. Letztes Jahr war recht stressig für mich, da ich kaum Zeit zwischen den Spielen hatte. Es ist schwer aufzufallen, doch wenn man wahrgenommen wird, laufen viele einem hinterher und stellen Fragen. Ich hoffe das ihr dieses Jahr mit nach Tokio kommt."

Kohana war jedes Jahr bei den Nationalen und dort lernte sie viele kennen, wie ich herausfand. Klar, hatte ich ihre Interviews verfolgt und die Spiele gesehen, aber wirklich dabei zu sein, wäre was komplett anderes gewesen. „Na ja, ihr solltet nun weiter trainieren! Yuki, du trainierst deine Analysen. Du kennst unser Team ganz gut, doch du musst diese Krähen fliegen sehen und du wirst verstehen, wieso wir Volleyball lieben!"

Die kleine, zerbrechliche BlumeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt