Teil 52 - Mexican Standoff

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Es kam weder das berühmt berüchtigte Licht am Ende des Tunnels noch rauschte ihr gelebtes Leben im Schnelldurchlauf an ihr vorbei. Sie fühlte sich wie unter Wasser, schwerelos und abgeschottet von ihrer unmittelbaren Umgebung. Kein Geräusch drang an zu ihr durch und sie war sich nicht einmal sicher, ob sie träumte.

Passierte das gerade wirklich? War sie gerade wirklich im Begriff zu sterben? Bereit war sie dafür nicht, das war man in den seltensten Fällen und auch wenn sie sich noch so viel im Leben vorgenommen hatte, verspürte sie keine Wut oder Angst. Bedauern war der Ausdruck, der am besten beschrieb, wie sie fühlte.

Hätte sie mehr Zeit gehabt, was hätte sie dann getan? Welche Ziele und Träume hätte sie verfolgen können? Sie hätte die Zeit mit dem Mann an ihrer Seite verbracht und sie war sich sicher, dass es eine gute Zeit gewesen wäre - hätte man sie nur gelassen, hätte sie irgendwas in Kaito bewegen können. Doch sie konnte nichts mehr ändern, es war zu spät und so nahm sie es gelassen hin, was auch immer dieses Ende bedeuten mochte.

Ein lauter Schrei holte sie in die Gegenwart zurück.

Sie öffnete ihre Augen, nur um sie sofort wieder zu schließen, denn sie hatte sich in Windeseile an die Schwärze gewöhnt. Langsam drehte sie den Kopf zur Seite und neben sich registrierte sie eine Person.

Kaito kniete noch halb auf ihr, doch sein Oberkörper war von ihr abgewendet. Mit geballten Fäusten drückte er seine Stirn gegen den harten, kalten Boden; das Messer mit einer Hand fest umklammert schrie er sich die Seele aus dem Leib.

YNs Puls beschleunigte sich, als sie festgestellt hatte, dass sie in diesem Moment nicht sterben musste. Irgendetwas oder irgendwer hatte Kaito aufgehalten. Ihre Atmung passte sich an ihren Herzschlag an, wurde immer hektischer und ein Dröhnen hämmerte gegen ihre Schädeldecke. Unwillkürlich umfasste sie ihren Kopf und kniff die Augen zusammen. Sie musste sich zwingen zu atmen, denn vor lauter Anstrengung fiel es ihr schwer, diese automatisch ablaufende Körperfunktion aufrecht zu erhalten.

Mit angestrengter Miene versuchte sie, sich zu erheben, doch ihr Widersacher kauerte noch immer auf ihr, was es ihr unmöglich machte, sich zu bewegen. YN sah, wie Kaitos Mund aufgerissen war, als würde er den Boden anschreien. Seine groteske Haltung wirkte befremdlich und als ihr einfiel, dass er nach wie vor das Messer in der Hand hielt, rief das die gerade besänftigte Panik wieder hervor.

Anders als ihre Vernunft es ihr befahl, streckte sie ihre Hand aus. Was wollte sie eigentlich? Sie wollte Kaito daran erinnern, dass er den ersten Schritt in die richtige Richtung getan hatte. Er hatte sich selbst noch nicht aufgegeben, jetzt würde sich alles zum Guten wenden. Doch bevor ihre Fingerspitze seine Schulter berühren konnte, löste der schwebende Zustand sich auf und ohne Vorwarnung ging der stechende Schmerz in ein heftig lauter werdendes, hohes Fiepen über.

Sie konnte wieder alles hören: der ferne Kampf zwischen Hisoka und Ryu, sowie Kaitos entsetzlich lautes und schmerzerfülltes Schreien. Sie verspürte den Drang, sich mehr als nur die Handflächen auf die Ohren zu pressen, nur um diesen Lärm nicht mehr ertragen zu müssen, aber mit jeder Millisekunde wurde der Widerhall in ihrem Kopf quälender.

Seine Stimme verzerrte sich zu einem unerträglichen Echo und je länger er schrie, desto stärker wurde der Kopfschmerz und das eingeengte Gefühl in ihr.

In weiter Ferne vernahm sie eine kalte Stimme. "Du hast mich unterschätzt, mein Freund. So wie alle mich unterschätzt haben", Ryu krempelte sich die Ärmel seines Hemdes hoch, "aber es wird euch leid tun, dass ihr mich nicht ernst genommen habt. Ich werde es euch allen zeigen und dir besonders, Vater." Seine Zähne blitzten im künstlichen Licht, was ihn wie eine Bestie wirken ließ. Er war so aufgedreht, dass die kondensierte Luft aus seiner Lunge stoßweise austrat.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Apr 02, 2021 ⏰

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