Die Anders Schwestern

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Was Sascha da sagte, ich glaubte ihn jedes einzelne Wort und doch hatte ich angst er würde dieses Versprechen nicht halten können. Es war so viel passiert und das er nun mit mir nach Rostock fuhr war unglaublich. Damit hätte ich niemals gerechnet und doch saß ich nun in seinem Auto und wir fuhren weiter zur Ostsee. Meine Mama würde mich sicherlich dafür umbringen, aber es war das richtige. Ich musste für meine Schwester da sein!
“So wo lang jetzt?”, holte mich Sascha aus meine Gedanken.
“Einfach grade aus ich sag dir dann wenn wir abbiegen müssen.”, genau wie die Abfahrten hießen wusste ich nicht, aber wer Schilder lesen kann ist klar im Vorteil und so schaffte ich es uns zu mir zu lotsen.
“Also wenn du willst suche ich mir jetzt ein Hotel.”, meinte Sascha als wir vor meiner Haustür standen.
“Spinnst du?! Du kommst gefälligst mit hoch!”, damit stieg ich aus und wartete auf den Herren. Dieser kam auch gleich darauf aus seinem Auto und holte eine Tasche vom Rücksitz.
“Auf deine Verantwortung.”, meinte er und so gingen wir zu meinem Zuhause. Dort stiegen wir stumm die Treppen hoch. Ich hatte keine Ahnung ob meine Mum Zuhause ist, aber gleich würde ich es erfahren.
“So da wären wir.”, murmelte ich vor der Tür und versuchte diese aufzuschließen. Dieses war mir nicht möglich, da anscheinend von innen ein Schlüssel steckte. Kurz darauf hörte ich wie jemand den Schlüssel drinnen umdreht und meine Mum schaute mich überrascht an.
“Was machst du denn hier?”, sie nahm mich in den Arm und sofort war ich mir sicher hier gehörte ich her.
“Denkst du ich lasse euch alleine? Sascha war so nett und hat mich hergefahren.”
“Guten Abend Frau Anders.”, begrüßte Sascha meine Mum und reichte ihr die Hand. Sie schüttelte diese und lächelte ihn an.
“Danke das Sie Nicole hergebracht haben.”
“Bitte sagen Sie Sascha.”, meinte er und meine Mum nickte zustimmend.
“Marion.”, damit ließ sie uns endlich rein und ich konnte mich auf die Couch im Wohnzimmer setzen. Sascha nahm neben mir Platz und schien sich etwas verloren vorzukommen. Nun ja eigentlich war die Situation wirklich etwas komisch. Er war nun mal mein Ex und nun hier bei meiner Mama zu sitzen war sicherlich komisch.
“Deine Schwester ist ziemlich fertig. Es wird sie freuen das du da bist.”
“Ich bin auch fertig. Hatte grade Probe mit Rea als ich davon erfahren habe.”
“Jetzt bist du ja hier.”, mischte sich Sascha ein und schenkte mir sein Lächeln was ich so sehr liebte. Selbst jetzt war es noch genauso schön wie damals für mich.
“Morgen kann ich ja zu ihr fahren und denn zu Leon. Nimmt sich Schatz frei?”, fragte ich meine Mum und Sascha schaute mich verwirrt an.
Ich fing an zu lachen. Ups. Das war so eine dämliche Angewohnheit von mir Dennis Schatz zu nennen. Bevor ich seinen Namen überhaupt wirklich wusste hat meine Schwester immer Schatz gesagt und da hatte ich mir das angewöhnt.
“Ich meine den Freund meiner Schwester.”, klärte ich ihn also auf und er lachte.
“Du nennst den Freund deiner Schwester Schatz?”
“Ja das ist ne Angewohnheit von mir.”, sagte ich lachend.
Sascha schüttelte belustigt den Kopf und ich konnte ihn nur angrinsen.
“Nein er hat nicht frei.”, meinte Mama nun und ich schaute sie wieder an.
“Dann kann ich euch hinfahren.”, meinte Sascha nun und ich nickte ihm dankbar zu. Meine Mum stand nun auf und holte uns etwas zu trinken.
“Ein Kaffe oder was trinkst du?”, fragte sie Sascha. Dieser überlegte einen Moment.
“Haben wir noch Bier da?”, kam ich ihn zuvor.
“Ach quatsch ich trink auch einen Kaffee so ist es nicht.”
“Brauchst du nicht wir haben Bier da.”, meinte meine Mum und so saßen wir alle einen Moment noch da.
“Dann muss ich ja noch die Couch ausklappen.”
“Na ich glaube Sascha und ich geben uns auch mit meiner Couch zufrieden. Keine Umstände Mama.”, kam es einfach aus mir raus und ich war selbst über meine Worte verwundert. Hatte ich grade wirklich gesagt das Sascha und ich uns ein Bett teilen würden? Meine Couch wo Felix und ich… Nein daran würde ich jetzt nicht denken! Schnell verdrängte ich die Bilder an Felix und mir wie wir zusammen dort auf der Couch…
“Ok, wenn du das sagst. Sag mal wie ist das mit arbeiten Morgen?”
“Ich melde mich krank. Glaub mir ich war vorhin nicht zu gebrauchen und wäre ich jetzt nicht hier, dann würde ich sicherlich grade heulend in meiner Wohnung sitzen.”
“Du wärst aber nicht alleine.”
“Nein du wärst da das stimmt.”, wieder schenkte ich ihm ein Lächeln und er schaute mit seinen warmen braunen Augen zurück. Warum musste mich dieser wundervolle Mann damals auch so verletzten? Der Schmerz saß so tief und ich hatte einfach das Gefühl das er niemals verfliegen würde. Selbst das halbe Jahr hatte nicht alle wunden geheilt und nun saß ich hier neben ihn und wir beide konnten wieder zusammen lächeln. Was für ein Aufwand es doch war alles zu verdrängen von damals das sah er nicht. Ich ließ es einfach wie die restlichen 6 Monate ganz weit hinten eingesperrt, doch um so dichter ich Sascha kam um so mehr bröckelte meine Wand. Die alten wunden rissen wieder auf und doch wollte ich nicht wieder Abstand nehmen. Dafür war mir Sascha als Mensch immer noch viel zu wichtig und auch die anderen Jungs. Es schien wohl langsam der Moment zu kommen wo ich mich mit der Vergangenheit auseinander setzen musste. Ich würde jede einzelne Minute wo meine Mauern noch standen ausnutzen.
So unterhielten wir uns noch eine weile bis wir uns irgendwann fertig machten zum schlafen. Ich würde morgen früh noch im Betrieb anrufen und darauf hatte ich noch weniger Lust. Am liebsten würde ich länger hier bleiben, aber morgen musste reichen.
Meine Mum hatte zum Glück die Bettwäsche gewechselt und so brauchte Sascha nicht in der von Felix schlafen.
“Ich glaube das ist das erste mal das ich so richtig erlebe das du Fan bist. Johnny Depp an der Wand und überall Bilder verteilt?”, neckte er mich und ich wurde etwas rot. Mein Zimmer war noch genauso wie ich es verlassen hatte und auch schon Felix hatte sich oft genug darüber lustig gemacht.
“Du bist doch nur neidisch das keine BossHoss Plakate hier hängen.”, konterte ich und Sascha fing an zu lachen.
“Brauchst du auch nicht. Das original steht vor dir.”, er klopfte sich auf die Brust und grinste mich frech an.
“Du bist ein Spinner weißt du das eigentlich? Manchmal frag ich mich echt wie alt du bist.”
“Hey verliere niemals das Kind in dir, sonst wäre das Leben nur noch trostlos.”, sagte er weise und ich zog die Augenbrauen hoch.
“Was bei dir los? Saschanova wird plötzlich zu Sokrates?”
“Zu wen?”, fragte er mich nun und mein Unterkiefer fiel hinunter. Doch sofort sah ich das aufblitzen in seinen Augen. “Arsch.”, kam es lachend von mir und er legte sich endlich zu mir. Ich saß jedoch noch und musste noch einmal aufstehen um das Licht aus zu machen. Bei Sascha seiner Schlauheit war ich mir sicher das er es hinkriegen würde sonst noch irgendwo gegen zu laufen. Also schaltete ich das Licht aus und legte mich auf meine Seite. Doch schlafen konnte ich nun nicht. Zu viel beschäftigte mich in diesem Moment. Es war schön morgen für meine Schwester da sein zu können, aber was ist wenn es dem Lütten schlechter ging? Sie würde mich sicherlich nicht nur diesen einen Tag brauchen. Wenigstens konnte ich diesen einen Tag für sie da sein und das zählte doch im Moment. Trotzdem hatte ich noch immer ein schlechtes Gewissen. Ich war Sascha einfach nur dankbar und trotzdem hatte ich angst davor was das zwischen ihm und mir war. Immerhin stand noch so vieles in Raum.
“Wie soll ich schlafen wenn ich deine Zahnräder nur so rattern höre?”, fragte Sascha nun. Ich starrte an die Decke.
“Tut mir leid Großer. Irgendwie ist es grad etwas viel für mich.”, meinte ich ehrlich und kurz darauf zog mich Sascha schon in seine Arme und mein Kopf lag auf seiner Brust. Ich war ihm so dankbar das er das T-Shirt angelassen hatte.
“Was ist denn?”
“Ich bin ja froh hier zu sein, aber was ist wenn es dem Lütten schlechter geht wenn ich wieder weg bin? Dann kann ich nicht für meine Schwester da sein. Warum kann ich nicht einfach mal an das hier und jetzt denken? Verdammt ich bin doch einfach nur gestört.”, murrte ich und schloss die Augen.
Sascha Hand strich mir über den Arm und ich konnte mich in diesem Moment einfach fallen lassen.
“Ich hab dazu noch das Gefühl es wird alles zu viel. Die Arbeit, die Tour mit Rea, das mit dir und dann noch Leon. Ich weiß einfach nicht wo mir grade der Kopf steht.”, redete ich weiter und Sascha hörte mir einfach nur zu.
“Weißt du ich fühle mich grade einfach nur fertig. Das ich so weit weg bin von meiner Familie tut mir einfach weh. Ich vermisse alle einfach ungemein und ich verpasse einfach so vieles.”
“Nici du machst dir einfach zu viele Gedanken. Das du so weit weg wohnst ist ja nichts schlimmes. Du kannst doch öfters mal hin fahren und dann siehst du deine Familie oft. Wenn du willst spiele ich auch gerne Fahrer wenn ich Zeit habe. Dazu wollen alle sicherlich nicht das du deine Lehre versaust nur weil du sie vermisst. Die kommen hier schon ganz gut ohne dich klar. Glaub mir du machst dir da zu viele Gedanken. Manchmal heißt es über Sachen einfach nicht nach denken. Das ist so wie bei der Musik. Lasse sie geschehen und denk nicht drüber nach. Singe aus dem Herzen und man kauft sie dir ab.”
“So wie du. Wenn du singst glaubt man dir jeden Ton. Man merkt einfach das du es mit voller Hingabe machst. Du bist Musiker durch und durch.”, ich lächelte kurz. Sascha hatte ja irgendwie recht. Ich machte mir einfach zu viele Sorgen und Gedanken. Manchmal redete ich mir die Probleme einfach schon selbst ein ohne das da irgendwelche waren.
“Singst du für mich?”, fragt ich nun und schloss die Augen.
“Wenn du das willst.”, erwiderte er und einen Moment herrschte stille, doch dann fing er an zu singen und ich konnte mich fallen lassen und an nichts denken.

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