Sorgenkind

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„Leute? Ich mach mich auf den Heimweg. Alles klar so weit.“

Felicity antwortet mit einem süffisanten Sarkasmus.

„Alles klar wir warten hier. Hast du diesmal ans Tanken gedacht?“

„Sehr witzig. Aber ja habe ich.“

Mit diesen Worten ziehe ich die Kapuze ab und setze den Helm auf. Wieder ist es Felicity, die mich auf dem Weg durch die nächtliche, aber noch lange nicht schlafende Stadt geschickt an sämtlichen Polizeistreifen vorbeilotst. Wieder im Keller übergebe ich ihr den Stick und das Smartphone mit den Fotos sowie das Pflaster. Wie erwartet ekelt sie sich tierisch, dennoch setzt sie die DNA Analyse in Gang. Nachdem sie die Fotos von meinem Handy heruntergeladen hat, beginnt sie sofort sich mit den Unterlagen auf dem PC zu befassen. Währenddessen wechsele ich zum x-ten Mal an diesem Tag meine Kleidung. Raus aus den grünen Ledersachen und rein in die Trainingsklamotten. Während ich mit dem ersten Set Liegestützen beginne sieht Dig mich strafend an.

„Haben wir nicht neulich erst darüber gesprochen, dass du mehr auf dich achten wolltest?“

Ich wechsele in den Handstand, so dass ich meinen Freund jetzt kopfüber sehe. Während ich auch in dieser Position weitere Liegestütze absolviere, blicke ich ihn mit gerunzelter Stirn an.

„Jaaa... Wir sprachen darüber. Und? Wo ist der Punkt?“

„Mhm. Du hast, so wie ich dich kenne, kein Abendbrot gegessen, hast schon Gott weiß wie lange trainiert bevor Felicity und ich hier angekommen sind. Dann hast du den Russen einen Besuch abgestattet und neben her wer weiß was für sie erledigt, anschließend bist du zu dieser Fabrik gefahren und jetzt trainierst du schon wieder. Das ist nicht unbedingt das, was ich unter „auf sich achten“ verstehe. Hast du wenigstens Mittag gegessen?“

Ich halte mit durchgestreckten Armen inne und überlege ernsthaft, ob und was ich heute so gegessen habe. Als mir auffällt, dass ich mich seit dem Frühstück tatsächlich nur von abgestandenem Mineralwasser ernährt habe, versuche ich noch eine plausible Erklärung zusammen zu schustern, aber Dig kennt mich gut genug um mir anzusehen, dass er ins Schwarze getroffen hat. Resigniert schüttelt er den Kopf.

„Du bist echt unverbesserlich, oder?“

Ich rolle mich ab um wieder in die Senkrechte zu kommen, dann zucke ich mit den Schultern.

„Kann sein. Ich habe ja nur selten Hunger und sonst denke ich einfach nicht dran. Ich fürchte mal du wirst mich jetzt zwingen was zu essen?“

„Wenn ich dich zu irgendwas zwingen könnte, würde ich es tun, aber so wie ich dich kenne habe ich kaum eine Chance irgendeine Form von Druck auf dich aus zu üben. Und wenn ich es versuche ende ich vermutlich mit einem Pfeil in der Brust.“

Ich zucke innerlich kurz zusammen, als Dig meine relativ geringe Toleranz, was Meinungen anderer zu mir und meinem Verhalten angeht, anspricht. Entscheide dann aber, dass er heute tatsächlich mal Recht hat. Andererseits habe ich absolut keine Lust mein Training zu unterbrechen.

„Wenn du was holst, esse ich was, aber ich bin ehrlich gesagt nicht motiviert mich jetzt schon wieder umzuziehen. Und bitte keine Burger! Ich meine ich mag Big Belly echt gerne, aber in letzter Zeit waren wir so oft da, dass ich es ein bisschen über habe.“

„Also lieber Kaviar und Hummersuppe?“

„Sehr witzig Dig, sehr witzig. Besorg einfach ein paar Fertigsandwiches oder so. Ich bin in Sachen Essen einiges gewohnt.“

In diesem Moment schaltet sich Felicity in die Diskussion ein.

„In der Calvarry-Road hat ein neuer Laden aufgemacht. Die bieten frisches Obst in essfertigem Zustand, Wraps, Quark, Sandwiches und so was an. Ziemlich lecker eigentlich… Bringst du mir eine Portion Mangos mit?“

Ich hasse RegenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt