Kapitel 21 •Einbildung?•

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Meine Augen öffneten sich schlagartig und ich stand sofort auf. Ich keuchte und packte mir am Hals - es tat höllisch weh. Als ich mir an meine Lippen fasste, merkte ich, dass sie total ausgetrocknet waren. Danach sah ich hin und her und stellte fest, dass ich in einem Zimmer lag. Das ist das Zimmer, in dem Adrian gekommen war. Habe ich mir das nun eingebildet, oder war da was? Ich zitterte, da mir irgendwie kalt war. Die Decke packte ich mit zittrigen Händen an und deckte mich langsam zu. Der Wirbelsturm, in meinem Kopf, hatte sich nun stillgelegt. Die einzige große Frage war nun, was das mit Adrian war. Was will er mir mit seinen Worten sagen? Was sollte die Aussage 'Lass es zu' heißen? Wieso soll ich das zulassen? Ich bin eine verlobte Frau und das werde ich bis zu meinem letzten Atemzug bleiben. [...] Während ich mit meinen Fingern spielte, öffnete sich die quietschende Tür. Zuerst erschrak ich, doch beruhigte mich sofort, als ich Lorent sah. Er kam mit einem Glas und einer Wasserflasche, als hätte er gewusst, dass ich hier fast am Austrocknen war. Ich lächelte ihn erschöpft an und flüsterte ihm ein leises 'Danke' zu. Daraufhin musste ich sofort husten, weswegen Lorent mir sofort das Glas mit Wasser gab. Ich trank einen Schluck, was mir definitiv half. Irgendwann war sogar die halbe Flasche leer. „Ich habe ihn gesehen.", gab ich, nach einer angenehm langen Stille, von mir. „Was meinst du? Wen? Den Anrufer? Kujtim?", fragte er durcheinander. „Nein und nein. Kujtim kann das doch nicht mal wissen. Und die richtige Antwort lautet: Adrian.", antwortete ich ihm. „Adrian?", lachte er nervös. Ich nickte lächelnd. Wieso ist er denn so nervös? „Einbildung, oder?", fragte er und sah mich gar nicht an. Ich sah ihn verwirrt an und zog ihn mit all meiner Kraft zu mir. „Wieso schaust du mich nicht an?", fragte ich wütend. „Verheimlichst du mir etwas? Und das erneut.", fuhr ich entsetzt fort. „Es geht hier immer noch um deinen toten Verlobten. Es ist nicht so, dass er jetzt aus dieser Tür reinspaziert und uns freundlich die Hand reicht. Lora verdammt. Er ist weg. Tot. Du wirst ihn nie wieder sehen. Du stellst dir sowas vor. Pure Einbildung.", schrie er nun aufgebracht und wedelte mit seinen Händen. Ich zuckte mehrmals auf und die Tränen strömten aus meinen Augen. Einbildung? Ich schüttelte lachend meinen Kopf, während ich die Tränen abwischte. „Einbildung?", hackte ich nach. Er war ruhig. Wahrscheinlich bereute er einiges. „A po del? Hajt. Dil ma mir. (Gehst du jetzt? Los. Geh lieber.)", sagte ich bloß und zeigte auf die Tür. Er zögerte nicht und ging. Meine Beine zog ich an meiner Brust und wippte hin und her. Ich versuchte so leise wie möglich zu schluchzen, was natürlich oft nicht klappte. „Wo sind die verdammten Tücher man!", zischte ich aufgebracht und tastete das Bett ab. Als ich sie endlich unterm Kopfkissen fand, putzte ich meine Nase. Nun erschien wieder diese Leere in mir. Die Worte meines Bruders hatten mich zutiefst verletzt, auch wenn er es bestimmt nicht so meinte. Aufgebracht war er sicherlich. Das Krähen, von einem schwarzen Raben, ließ mich aufzucken. Ich sah automatisch, ohne nachzudenken, aus dem Fenster. Aus irgendeinem unerklärlichen Grund fürchtete ich mich vor dieser Art von Vogel. Auch wenn sie nichts tun und sich um sich selber kümmern, scheinen sie doch etwas gruselig und mysteriös. Nennt mich verrückt, doch je länger ich sie beobachte, desto mehr will ich über sie wissen. Ich starrte einfach nach draußen und lauschte dem Raben. Ich stand mit zittrigen Beinen vom Bett auf und lief rüber zum großem Fenster. Da hier recht viele und große Bäume sind, gibt es auch viele Raben. Am Fenster angekommen lehnte ich mich am Fensterbrett an. Plötzlich sah der Rabe zu mir, weswegen ich kurz aufsprang. Aus dem nichts hatte ich das Gefühl, dass ich beobachtet werde. Ein lauter Schrei entwich meiner etwas trockenen Kehle, als ich mich umdrehte...
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Sekreti jonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt