6. Die drei häufigsten Lügen

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Eins musste Draco Blaise lassen. Er hatte sich das Dating vollkommen anders vorgestellt. Aber das mochte auch an Diana liegen. Diana war... perfekt in jeder Beziehung. Von wegen Hausfrau! Sie war gebildet, kannte sich in jedem Bereich der Magie beinahe blind aus und Draco hatte sogar Mühe ihr zu folgen, wenn sie über neueste Erkenntnisse von alten Runen in Verbindung mit Arithmantik sprach. Beteiligte er sich für wenige Minuten nicht an dem Gespräch, sondern begnügte sich damit, ihr zu lauschen, wurde sie plötzlich nervös. Es brachte ihn zum Schmunzeln. Sie schien jedes Mal erleichtert, wenn er anschließend etwas sagte und sie bemerkte, dass er ihren Ausführungen doch hatte folgen können.

Mit funkelnden Augen berichtete sie ihm von Projekten, mit denen sie die Welt zu einem besseren Ort machen wollte. Das erste Mal, als er ihr einen Vorschlag machte, wie sie ein Ziel, das sie bereits aufgegeben zu haben schien, doch noch erreichen konnte, hielt sie inne. Sie sah ihn mit großen Augen an, als wäre es etwas vollkommen Neues, dass jemand ihr solche Vorschläge machte. Dann fing ihr Gesicht an sich aufzuhellen. „Du bist wirklich unglaublich", strahlte sie ihn an.

Draco errötete. Nicht er war unglaublich, sie war es! Aber wie konnte er ihr das sagen?

„Bist du auch in Hogwarts zur Schule gegangen?", fragte sie plötzlich, „du bist mir nie aufgefallen." Das Letztere war mit Sicherheit eine Fehlannahme, von der er keinerlei Interesse hatte sie richtig zu stellen.

„Ja, ich war in Hogwarts", brachte er dennoch hervor.

„Welches Haus? Ich war eine Gryffindor." Draco erstarrte. Gryffindor. Alle aus dem Haus Gryffindor hassten ihn aus Leidenschaft und sie hatten, wie er gestehen musste, auch allen Grund dazu. Eigentlich hätte er das Gespräch an dieser Stelle abbrechen sollen, wenn er kein so verdammtes Weichei gewesen wäre.

„Ravenclaw", war seine knappe Antwort. Sie grinste ihn an. „Wusste ich es doch!"

„Welcher Jahrgang warst du?", fragte nun er sie. Wenn sie in seinem Alter oder jünger war, würde das was er inzwischen wusste ausreichen, um herauszufinden wer sie wirklich war. Und... sie würde ihn mit noch mehr Nachdruck hassen.

Sie zögerte kurz. „Ich bin von der Schule abgegangen, bevor die Carrows kamen." Er atmete auf. Ein Glück, sie war älter. Mit den älteren Gryffindors hatte er nicht so viel zu schaffen gehabt.

Trotzdem schien der Umstand, dass sie in der schlimmsten Zeit nicht da  gewesen war, ihr etwas Unbehagen zu bereiten. Elendiger Gryffindorstolz. Er griff nach ihrer Hand. „Du hast niemanden im Stich gelassen. Es war eine grauenhafte Zeit und... ich bin froh, dass du sie nicht miterleben musstest." Sie antwortete ihm damit, dass sie ebenfalls nach seiner Hand griff. „Du warst damals in Hogwarts nicht wahr? Du machst dir Vorwürfe darüber, was in dieser Zeit passiert ist, was du getan hast... aber... ihr wurdet dazu gezwungen. Das darfst du nie vergessen."

Sie wusste nicht, mit wem sie redete – wusste nicht, was er getan hatte. Drei Dates, das war alles auf was er hoffen konnte. Aber Diana... er würde es genießen. Jede einzelne Sekunde.

„Ich frage mich... mit welchen Leuten hast du dich in Hogwarts umgeben?", das war eine Frage, die er sicherlich nicht beantworten wollte. Sie schien seine Ablehnung diesbezüglich zu spüren.

„Versteh mich nicht falsch, ich möchte nur wissen, was du für einen Charakter hattest. Hmm..."

Wenn sie seinen Charakter kennen würde, würde sie aufstehen und den Tisch ohne ein weiteres Wort verlassen.

„Was ist dein Typ von Mädchen? Warst du jemals verliebt?", bohrte sie weiter. Draco überlegte kurz, wie sicher das Terrain war, auf das er sich mit einer Antwort auf diese Frage begeben würde. Er hatte es nie jemandem erzählt und er kannte sie nicht. Dennoch mochte es ihm auf lange Sicht ein paar Pluspunkte verschaffen. Er holte tief Luft, bevor er antwortete. „Granger. Während meiner Schulzeit stand ich auf Hermione Granger."

Sie erstarrte. Dann machte sich ein bitterer Zug auf ihrem Gesicht breit. Hatte es da eine alte Rivalität gegeben? Verdammt und er hatte geglaubt, dass es sicheres Terrain wäre, seine Schulschwärmerei für eine Gryffindor zu gestehen.

„Ja, nachdem sie als Kriegsheldin zurückgekommen ist, waren alle ganz begeistert von ihr", kam es verbittert von Diana.

Rette was zu retten ist, sagte sich Draco innerlich. „Nein", widersprach er, „das hatte nichts mit Kriegsheldin oder sonstwas zu tun. Ich mochte sie, bevor der Krieg ausgebrochen ist. Sie war... es war als ob sie sich Sorgen um jeden machen würde." Er erinnerte sich daran wie besorgt sie gewesen war, als er von diesem verdammten Hyppogreif angegriffen worden war. Dabei hatte sie als Gryffindor keinen Grund gehabt, sich um das Wohlbefinden eines Slytherins zu scheren, dachte er zynisch. „Danach...", er suchte nach Worten, „danach ist sie viel zu weit abgehoben." Wie sollte er das in Worte fassen?

Diana starrte ihn durchdringend an. „Du hast ihr nie ein Wort gesagt oder?", fragte sie beinahe schüchtern. Die Stimmungsschwankungen dieser Frau, was ihre Hauskollegen betraf, waren ein Minenfeld. „Nein", gestand er zögerlich, „ich hätte mich auch vor dem Krieg bereits lächerlich gemacht. Und Potter und Weasley haben sie wie ihren Augapfel gehütet."

Sie lachte. „Das stimmt." Sicheres Terrain. Sicheres Terrain! „Aber du hättest es ihr dennoch sagen sollen. Ich denke, dass sie dich überrascht hätte." Diana hatte eine hundertachzig Grad Wendung gemacht, was Granger betraf. Dennoch traute Draco dem Braten nicht so ganz. Wenn hier tatsächlich später eine Rivalität ausgebrochen war... „Aber du stellst Granger jederzeit in den Schatten."

Sie lachte erneut hell auf. „Du kennst mich doch kaum." Die Vorstellung schien sie zu amüsieren, was Draco noch mehr verwirrte. Er nahm ihre Hand, zog sie zu sich und küsste scheu ihre Fingerknöchel. „Du hast mir erzählt, wie du die Zaubererwelt verbessern willst, ich finde die Ideen wunderbar. Und du hörst zu, wenn man dir Vorschläge unterbreitet. Granger mag eine Perfektionistin in der Ausführung sein, aber sie hat verlernt, anderen zuzuhören."

Er sah Diana an. Sie war knallrot geworden. „Vielleicht...", brachte sie schließlich hervor, „solltest du mal probieren mit Granger zu reden. Ich bin mir sicher, dass sie begeistert wäre, wenn du ihr Verbesserungsvorschläge machst."

Draco schnaubte. Allein die Vorstellung...

„Was war dein Lieblingsfach?", fragte Draco schließlich, um vom Thema abzulenken. „Arithmantik", verkündete Diana freudestrahlend. Sie hatte angebissen. Danach driftete ihr Gespräch wieder ab, zu den einzelnen Unterrichtsfächern und den Lehrer, die sie gehabt hatten.




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