"Vergiss Mich Nicht"

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Es ist erschreckend wie schnell man einen geliebten Menschen verlieren kann. Bei den Auftritten zuvor war er so fröhlich. Doch der Schein trügte, das wusste auch ich, nur wahrhaben wollte ich es auch nicht.
Ob es was geändert hätte, wenn ich noch mehr für ihn dagewesen wäre? Ich hatte selbst schon so viel Kraft in ihn gesteckt. Hätte ich überhaupt noch mehr aufbringen können?

Egal, nun war es auch zu spät...
Alle Viere von mir gestreckt lag ich auf meinem Bett. Niemand durfte in den Raum. Ich wollte niemanden sehen. Gegessen hatte ich schon lange nichts mehr. Licht sah ich nur zwischen den kleinen Spalten der Vorhänge. Um mich herum lagen Bilder, Zettel und Taschentücher.

Was für ein ekelhaftes Gefühl mich umgab. Am liebsten würde ich es ändern aber ich schaffe es nicht. Seufzend wollte ich nach mein Handy greifen, doch auch da waren nur Trauerbekundungen und Nachrichten über seinen Tod. Davon hatte ich einfach genug. Die Jungs riefen Täglich an, kamen auch oft vorbei, doch sie kamen nur bis zur Schlafzimmertür.

Ich rollte mich auf die Seite und schloss die Augen. Ich war so müde. Seitdem ich es erfahren hatte, habe ich nicht mehr geschlafen und auch jetzt, 4 Tage später, konnte ich es immer noch nicht wirklich. Ich badete förmlich in Trauer und auch Selbstmitleid.
Immer wieder dieselben Gedanken schwirren mir durch den Kopf:

Hätte ich mehr Helfen können?
Wie geht es jetzt weiter mit mir und der Band?
Warum bin ich so feige und verkrieche mich unter meiner Decke?

Die meisten Gedanken machte ich mir um mich selbst. War das Egoistisch? Ich kann doch einfach nicht ohne ihn Leben, wie als wäre er nicht da gewesen. Er war der größte Halt für mich. Und nun ist er weg und damit auch der Halt. Ich falle in ein endloses Loch.

Mein Blick fiel auf eins der Fotos. Natürlich war es eins von mir und Chester. Dort waren wir im Urlaub. Chester und ich, die Arme gegenseitig über die Schultern gelegt, standen vor dem Opernhaus in Sydney. Es war nach einer Tour, zusammen mit unseren Frauen, waren wir in Australien. Kurz danach verließ mich Anna. Sie hatte es herausgefunden aber Vorwürfe machte sie mir nicht. Sie behielt es sogar für sich.

Tränen liefen wieder aus meinen Augen. Dass ich überhaupt noch weinen konnte, so viel wie ich die letzten Tage geweint hatte.
Schluchzend rollte ich mich zusammen.

"Oh jetzt komm schon Mike!" Hörte ich die mir nur zu vertraute Stimme sagen.
Kerzengerade saß ich nun im Bett. Am anderen Ende des großen Schlafzimmers saß ER. Gemütlich in einen der Sessel zurückgelehnt sah er mich an. Aber wie? Wie ist das möglich?

"Es bringt nichts hier zu liegen." Er sah mich an mit diesen warmen Augen. Ich spürte wie mir warm wurde. Anscheinend werde ich verrückt.

"Nein, das wirst du nicht." Antwortet er ruhig, wie als konnte er meine Gedanken lesen. Immer noch starrte ich ihn an und traute mich nicht, mich auch nur ein Stück zu bewegen.

Er seufzte. "Ach Mikey..." Im Gegensatz zu mir bewegte er sich. Er stand auf und ließ sich neben mir nieder, streckte seine Füße von sich und lehnte sich an das Kopfende.

Stille. Ich starrte immer noch auf den Sessel, spürte aber die Wärme neben mir. Sein Blick ruhte auf mir.

"Du siehst ganz schön beschissen aus." Witzelte er aber es war die Wahrheit. Eine Dusche hatte ich schon länger nicht mehr gesehen und die Klamotten hatte ich auch noch nicht gewechselt. Meine Augen waren wohl rot und verquollen vom Weinen.

"Mikey, komm schon, sieh mich an." Er sprach so sanft, dass ich auch nicht anders konnte. Langsam drehte ich mein Kopf nach rechts.
Sofort traten mir wieder Tränen in die Augen.
"Hey, ist okay." Er legte seine Hand auf meinem Arm. Ich spürte seine Berührung, da kann es doch kein Traum oder Einbildung sein... Oder?

I'm with you - Bennoda (Linkin Park) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt