Kapitel 8

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Auf Kilometer drei wurde den Jungs bewusst, was Ukai mit der Aussage meinte, dass auch der Weg einige Herausforderungen für sie bereithält. Der Weg vor ihnen wurde von einem großen, umgekippten Baum versperrt. Tsukishima verdrehte genervt die Augen, verstand nicht, was daran so problematisch war, man konnte ja schließlich drum herum herumlaufen.

„Tsukishima, es tut mir leid, aber ein drum Herumgehen ist nicht erlaubt", erinnerte Shimizu ihn an die Regeln.

„Vielleicht sollte jemand auf den Baum springen und dann den anderen von oben helfen?", warf Yamaguchi vorsichtig ein.

„Gute Idee, Yamaguchi", pflichtete ihm Daichi mit einem Nicken bei. „Nun, wenn ich mich an unsere letzte Messung erinnere, dann war es Kageyama, der am höchsten springen konnte."

„Hai." Kageyamas Begeisterung hielt sich stark in Grenzen. Er stimmte dem Vorschlag jedoch zu und nahm Anlauf. Shit, das war ein verdammt dicker Baumstamm, ging es ihm noch durch den Kopf, als er darauf zu lief. Mit einem kräftigen Satz landete er jedoch oberhalb des Stammes und erntete tosenden Applaus.

„Okay, kann los gehen", gab der er das Zeichen und nach und nach half er allen über die andere Seite. Nun reichte ihm Hinata seine Hand und ein warmes Gefühl breitete sich in ihm aus. Verdutzt sah er auf seine Hand herunter, welche immer noch kribbelte, und bedachte Hinata mit einem merkwürdigen Blick. Dieser nahm davon jedoch nichts war, war selbst zu sehr mit seinen Glücksgefühlen beschäftigt, die Kageyamas Berührung in ihm ausgelöst hatte.

Auch die Stationen drei bis sieben konnten von dem Team gut bewältigt werden und es herrschte eine ausgelassene Stimmung. Es wurde viel gelacht und darüber spekuliert, welche Aufgaben als letztes auf sie warten würden. Yachi und Shimizu wechselten sich an der Kamera ab und nahmen das bunte Treiben mit einem Lächeln auf den Lippen auf.

Plötzlich lichtete sich der Wald vor ihnen und ein Fluss trennte sie von der gegenüberliegenden Seite und ihren letzten zwei Aufgaben. Suga warf einen skeptischen Blick auf die Karte und stellte fest, dass sie diesen Fluss wohl überqueren mussten, um ihren Weg fortsetzen zu können.

„Das wird leicht, schaut mal!", wies Noya auf die Steine, die aus dem Wasser lugten und einen Weg hinüber an das andere Ufer bildeten. „Wir müssen nur von einem Stein zum anderen springen", lächelte er zufrieden.

„Ja, so werden wir es wohl machen müssen", hörte man Asahi sagen.

„Tja, dann fang ich mal an", rief Tanaka und sprang gekonnt von einem Stein zum anderen. Drüben angekommen, drehte er sich um und erklärte, dass es ganz einfach sei. Kurze Blicke wurden ausgetauscht und nacheinander überquerten sie den Fluss. Kageyama war an der Reihe und erreichte sicher die andere Seite. Er blickte zurück und sah Hinata, wie er auf ihn zukam. Nur noch ein Stein, dann hatte auch er es geschafft. Er schaute nach oben, direkt in Kageyamas blaue Augen und war über die Intensität, die in ihnen lag, so aus dem Konzept gebracht, dass er sich bei seinem nächsten Sprung nicht richtig konzentrierte. Er erreichte zwar den Stein, rutschte jedoch aus und sah sich schon im Wasser landen.

Kageyama reagierte schnell und packte seinen Freund an den Armen und zog ihn dicht an sich heran. Er war froh, dass er Hinata noch erwischt hatte, doch die Flut an Gefühlen, die plötzlich über ihn hereinbrach, als er Hinata so nah an sich drückte, erschraken ihn so dermaßen und vollumfänglich, dass er den keinen Mittelblocker von einer Sekunde auf die nächste völlig geschockt wieder losließ, als hätte er sich an ihm verbrannt.

„Huuuuäh" hörte man Hinata schreien und ein lautes Platschen verkündete, dass er rücklinks im Wasser gelandet war.

Doch Kageyama hörte das nicht. Er war in seinem Körper und seinem Kopf gefangen. Er war zu einer Säule erstarrt. WAS ZUM TEUFEL WAR DAS? Diese Hitze, das starke Ziehen in seiner Leistengegend, das unerwartete Glücksgefühl, als stünde sein ganzer Körper unter Strom, der Wunsch, ihn nicht mehr loszulassen.

„Bakageyama, bist du bescheuert? Was sollte das? Warum hast du mich wieder losgelassen?!", schrie der völlig durchnässte Mittelblocker ihm entgegen und riss ihn endlich aus seiner Schockstarre. Doch er war unfähig zu antworten, konnte sich nicht rühren, war immer noch wie festgewachsen.

„Boah, jetzt hilf mir wenigstens hoch!", wurde er aufgefordert und Hinata streckte ihm seine Hand entgegen. Völlig verstört schaute er auf die zarten Finger seines Freundes. Auch Hinata schien nun langsam zu merken, dass irgendetwas mit dem ihm nicht stimmte. Stattdessen ergriff nun Daichi Hinatas Hand und zog ihn aus dem Wasser. Der Kleine zischte laut auf und sank erneut zu Boden. Er hatte sich den Knöchel verdreht.

Wie in Trance beobachtete Kageyama das seltsame Geschehen, wie sich alle um Hinata scharrten und ihn mit Fragen und besorgten Blicken bombardierten. Er kann nicht sagen, wie lange sie da alle hockten, doch irgendwann half Suga Hinata wieder auf die Beine. Plötzlich legten sich alle Augen auf ihn. Er hatte immer noch kein Wort gesagt, doch langsam kehrte er wieder in die Gegenwart zurück und blickte seinem Freund in die Augen. Dieser bewegte gerade die Lippen und schien etwas zu sagen, doch das kam bei ihm nicht an.

„Was?", fragte er mit unsicherer Stimme.

„Ob du mich Huckepack nehmen kannst, wollte ich wissen? Mein Fuß tut weh, ich kann nicht mehr laufen. Und da das deine Schuld ist, solltest du das wieder gutmachen." Hinata beobachtete Kageyama ganz genau. Irgendetwas war vorhin passiert, in dem Moment, wo Kageyama reflexartig nach ihm gegriffen und nah an sich gezogen hatte, damit er nicht ins Wasser fiel.

„Meine Schuld?", schien er sich nun des Gesagten gewahr zu werden, „wer hat denn hier herumgeträumt und ist daneben gesprungen, hm?"

„Pah, das war ja wohl auch deine Schuld! Hättest du mich nicht so komisch angeguckt, wäre ich auch nicht aus dem Gleichgewicht geraten!"

„Komisch angeguckt? Ich habe dich doch nicht --"

„Okay, ihr zwei, langsam ist wieder gut. Passiert ist passiert. Also, Kageyama, kannst du Hinata nun tragen?", unterbrach sie Daichi.

Immer noch dezent verwirrt von der ganzen Situation, stammelte er nur ein ‚Ähm, ja, na klar' zusammen. Er drehte sich um und ging mit einem Bein in die Knie, damit Hinata leichter auf seinen Rücken klettern konnte. Er spürte Hinatas leichten Körper. Er war nass und dennoch nahm er die Hitze wahr, die er ausstrahlte. Kageyama schluckte schwer. Er vernahm ein Prickeln am ganzen Leib, das gar nicht mehr enden wollte. Er hatte ein flatterhaftes Gefühl im Magen und Hitzewellen ließen die Röte in seine Wangen schießen. Sein Atem ging nur noch stoßweise. So eine Scheiße. Was passierte hier mit ihm?

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Die letzten zwei Stationen hatten sie auch noch erledigt, Hinata hatte darauf bestanden. Zurück im Camp wurde er zunächst in das Sanitätsgebäude gebracht, wo eine Schwester seinen Fuß abtastete. Sie konnte ihn beruhigen, er hatte ihn sich nur leicht verdreht. Sie verordnete für den Rest des Tages Bettruhe. So fand sich Hinata nun im Gemeinschaftsraum wieder und hatte alsbald ein Tablett mit einem gut gefüllten Teller auf seinem Schoß. Er war unglaublich hungrig und schlang alles schnell herunter.

Es dauerte nicht lange, da scheuchte Daichi ihn insBett. Und obwohl er zunächst protestiert hatte, dass er überhaupt nicht müdewar, war er kurze Zeit, nachdem er sich hingelegt hatte, bereits eingeschlafen.

Er soll Mein seinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt