Kapitel 32

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Hinata war so unglaublich wütend, dass er es nicht einmal mehr in Worte fassen konnte. Hätte man ihn vor ein paar Monaten, ach was, vor ein paar Wochen gefragt, ob ein Mensch solch eine unbändige Wut empfinden konnte, dann hätte er völlig überzeugt mit ‚Nein' geantwortet. Doch jetzt war sein Gefühlsleben komplett auf den Kopf gestellt. Er konnte kaum noch geradeaus denken.

Rasend vor Wut stapfte er auf dem Gelände herum, bis er zwei ihm vertraute Stimmen wahrnahm, die offenbar von der Rückseite der Halle kamen. Langsam schlich er an der Wand entlang und spähte um die Ecke. Eigentlich hatte er gedacht, dass sein Herz bereits vollständig in Abermillion kleinster Teile zersprungen war, doch der Anblick, dem er sich gerade ausgesetzt sah, belehrte ihn eines Besseren.

Kageyama stand mit dem Rücken an die Wand gelehnt, die Arme hinter sich verschränkt. Dicht an ihn gedrängt stand Hoshiumi, der seine Hände um Kageyamas Gesicht gelegt hatte und ihn leidenschaftlich küsste. Wieder starb etwas in Hinata. Wenn das so weiterginge, wäre bald nichts mehr von seiner Seele übrig. Tränen schossen ihm in die Augen und sein Körper, nein, sein ganzes Sein schrie nach Flucht. Also drehte er sich um und rannte. Er rannte so schnell ihn seine Füße tragen konnten. Immer weiter weg von Kageyama. Hoffte, dass je mehr Raum er zwischen ihnen schaffte, der stechende Schmerz abklingen würde. Er sah den dunklen Wald vor sich aufragen und steuerte direkt auf ihn zu. Er hörte Daichis Worte in seinem Kopf widerhallen, die er am Tag der Ankunft an seine Kameraden richtete. ‚Gebt bitte gut acht, wenn ihr in den Wald geht, dass ihr auch wieder herausfindet. Er ist unheimlich groß und nur ein kleiner Teil der Wege ist ausgeschildert. Eine Suchaktion könnte Tage in Anspruch nehmen, wenn ihr euch verlauft. Also seit vorsichtig und verlasst unter keinen Umständen die markierten Pfade.' Ein Wald, der Menschen verschluckte. Genau das brauchte Hinata jetzt. Er wollte einfach verschwinden, zusammen mit der Dunkelheit in seinem Herzen. Also lief er hinein, immer weiter und weiter. So weit ihn seine Füße tragen wollten.

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Kageyama war zutiefst getroffen, als Hinata ihm diese verletzenden und für ihn völlig unerklärlichen Worte entgegenspie. Je öfter er darüber nachdachte, warum das gerade passiert war, umso unverständlicher kam ihm alles vor. Er fand einfach keine plausible Erklärung. Das Training war für ihn noch ziemlich anstrengend und obwohl er seinen Frust gerne durch Herumlaufen abbauen wollte, musste er sich eingestehen, dass er dies kräftemäßig nicht schaffen würde. Also ging er hinter die Halle. Auch hier, so hoffte er, würde er einen Moment Ruhe finden. Er lehnte sich an die kühle Wand, legte seinen Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Sein Gedankenkarussell drehte sich immer schneller, er spürte, wie erneut Schwindel in ihm hochkam. Scheiße.

Dann hörte er plötzlich ein leises ‚Hey, Kageyama'. Die Stimme war etwas undeutlich und er erkannte sie nicht auf Anhieb. Wünscht sich jedoch, dass er beim Öffnen seiner Augen Hinata vor sich finden würde, der ihm erklärte, dass alles nur ein riesiges Missverständnis gewesen wäre. Er ihn immer noch liebte und mit ihm zusammen sein wollte. Mit Hoffnung im Herzen senkte er seinen Kopf und öffnete seine Augen.

Korai.

Wut stieg in ihm auf. Was zum Teufel wollte dieser kleine Bastard hier.

„Was willst du", fragte er kühl. Die Erinnerung an den Abend im Geräteschuppen blitzte auf. Zwar immer noch verschwommen, aber er wusste ganz genau, was dieser kleine Dreckskerl gemacht hatte.

„Ich wollte schauen, wie es dir geht", sagte sein Gegenüber und kam ein paar Schritte näher.

„Aus einem bestimmten Grund?", wollte er von ihm wissen.

„Ich habe gehört, dass du gestern nicht beim Training warst, und da habe ich mir Sorgen gemacht."

„Wieso?"

Er soll Mein seinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt