11|𝘿𝙀𝘽𝘽𝙄𝙀

83 21 16
                                    

„𝐖𝐢𝐞 𝐦𝐚𝐧 𝐞𝐬 𝐯𝐨𝐧 𝐦𝐢𝐫 𝐞𝐫𝐰𝐚𝐫𝐭𝐞𝐭 𝐡𝐚̈𝐭𝐭𝐞.“

.~•♕︎•~.

Mit dem Ärmel meines Oberteils wische ich über den Handspiegel.
Unter der dünnen Staubschicht kommt mein Spiegelbild zum Vorschein.

Ich komme mir vor wie eine Fremde, eine Fremde mit einem Verband am Fuß und einer unechten Freundin, die ihr mal wieder eine Nachricht geschickt hat.

Welche Farbe mein Kleid hat, will Mary wissen.

Ich habe noch nicht geantwortet; weil ich mich noch nicht entschieden habe, und, weil mir diese Frage im Moment nahezu lächerlich banal vorkommt.

Bin ich die einzigen echten Freunde, die ich hatte, für ein hübsches Kleid losgeworden?
Ein Tausch, der so übel ist, dass ich selbst mein Spiegelbild die Nase rümpfen sehe.

Ich war so besessen von meiner fixen Idee, dass es mich womöglich Alles kosten wird.

Ich kann es Liz nicht übel nehmen, dass ich wegen ihr einen Verband am Fuß habe.
Sie hat mir vertraut, auf meine Freundschaft gezählt und hätte wohl Alles für mich getan.

Und wie habe ich es ihr zurückgezahlt?

So, wie man es von mir erwartet hätte.
So, wie es alle außer ihr, Louis und selbst Aaron erwartet hätten.

Ich – oder wenigstens mein Benehmen - bin zum Kotzen, und das weiß ich.
Doch ich will auf diesen Ball, um dort vor Marys und Marks Augen die Krone einzusacken, ohne sie mit jemandem zu teilen, der es nicht verdient hat.

Einfach, weil ich es kann.

Weil ich es kann, obwohl ich nicht mehr beliebt bin, obwohl ich zu den Losern gehöre, zu denen ich dann samt Krone zurückkehren werde.

Wenn sie mich dann überhaupt noch haben wollen.

Aarons Standpunkt diesbezüglich ist mir klar, ohne, dass ich mit ihm gesprochen hätte.
Vermutlich möchte er nie wieder etwas mit mir zu tun haben, und würde am liebsten eine Petition starten, um zu bewirken, dass ich mich nicht mehr in seine Nähe begeben darf.

Louis, der mich sogar noch besucht hat, ist der wohl verständnisvollste Mensch, den ich kenne.
Dennoch wirkte er… anders.

Und zu Liz kann ich überhaupt nichts sagen. Hasst sie mich?

Ich kann es mir nicht vorstellen, allerdings hat sie sich nicht mehr bei mir gemeldet, und ich habe auch nicht mitbekommen, dass sie sich nach meinem Zustand erkundigt hat.

Das hätte Mary mir schließlich direkt per SMS mitgeteilt.

Ich sehe mir selbst verächtlich in die sich spiegelnden Augen, die mir, umrahmt von hellblauem Lidschatten, scheinbar unschuldig entgegenschauen.
Lügnerin.

Damit nehme ich mir mein Handy, und schlage Mary vor, noch einmal shoppen zu gehen, um nach einem Kleid zu suchen.

Irgendeinen Nutzen müssen die dämlichen Krücken ja haben.

𝐋𝐨𝐬𝐞𝐫𝐤𝐫𝐨𝐧𝐞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt